Vorwort
Mit großem Entsetzen musste ich feststellen, dass Ostern (und somit die Frühlingsferien) dieses Jahr sehr, sehr zeitig waren. Da unser Wohnmobil nur eine Saisonzulassung ab April hat, konnten wir die erste Woche schon einmal nicht nutzen. Aber selbst wenn, dass Wetter war alles andere als geeignet. Schneefall, Frost, Sturm und starker Wind gaben sich die Klinke in die Hand. So blieben wir zu Hause und beschlossen Ostern in Erfurt zu verbringen.
Allerdings wurden die Wetterprognosen zusehends besser und so habe ich spontan am 01.04.2018 unser Wohnmobil aus dem Winterschlaf geholt. Leider reichte die Restladung der Fahrzeugbatterie nicht aus, um aus eigener Kraft zu starten. Aber der Garagen-Vermieter war so nett und hat sein Ladegerät geholt. Damit ging es und ich konnte problemlos nach Arnstadt ins Eisenbahnmuseum fahren, wo die restliche Familie und die Großeltern schon warteten.
02.04.2018 Jena
Trotz der guten Vorbereitung wurde es heute morgen doch wieder hektisch. Wir mussten an gefühlt tausend Dinge denken und noch erledigen. Aber irgendwie haben wir es wieder geschafft und sind nach dem Mittagessen gegen 01:00 Uhr in Richtung Jena gestartet.
Unser erstes Ziel war der (slow) Campingplatz in Jena. Zwar wirkt er auf den ersten Blick bei der Einfahrt nicht sonderlich einladend, aber bereits auf den zweiten Blick waren wir hier goldrichtig. Großzügige Stellplätze, zwei Spielplätze und jede Menge zu entdecken. Die Rezeption ist in einer alten Straßenbahn untergebracht, es gibt eine kleine Leihbücherei mit sehenswerte Schätzen (Rick Master, Krimicomic aus den 70/80ern) und etliche Airstream Wohnanhänger. Die Kinder hatten am meisten Spaß im Baumhaus mit zwei gigantischen Seilschaukeln. So konnten wir in Ruhe das Wohnmobil auf- und einräumen, den Wassertank reinigen und Wasser fassen, die Akkus laden und alles auf ihre Funktion überprüfen. Zum Glück war unser Wohnmobil gut durch den Winter gekommen und wir konnten keine weiteren Probleme entdecken. Im Gegenteil, scheinbar ist sogar unser Wasserhahn wieder dicht!
So verging der erste Tag wie im Flug. Zum Abendbrot gab es Thüringer Bratwurst mit Kartoffelbrei.
Start 37694 km
Kilometerstand: 37750 km
Tagesetappe: 56 km
03.04.2018 Jenzig, Leipzig
Es hat die ganze Nacht geregnet und es war kalt. Trotzdem haben wir alle sehr gut und vor allem lang geschlafen. Marlon war als erstes munter und konnte nach etwas murren Mama überreden, gemeinsam die bestellten Brötchen an der Straßenbahn abzuholen. So stand einem gemütlichen Frühstück nichts mehr im Weg und auch der Rest der Familie stand endlich auf.
Heute Vormittag wollten wir auf den Jenzig wandern, einem der höchsten Berge in der Nähe von Jena, und die Aussicht genießen. Allerdings hatten wir nur eine grobe Wegbeschreibung und uns prompt erst einmal für den falschen Weg entschieden. Aber im zweiten Anlauf hat es geklappt und wir waren auf dem richtigen Weg. Der Aufstieg gestaltete sich durchaus steil und schwierig und Marlon hat beizeiten die Flügel gestrichen. Aber mit vereinten Kräften, jeder Menge Pausen und den kräftigen Schultern von Mama und Papa hatten wir es dann doch geschafft und wurden von einer fantastischen Aussicht über ganz Jena belohnt.
In der Mittagspause ging es mit einer weiteren Folge von TKKG in Richtung Leipzig. Genauer gesagt in den Pösna Park. Wir wollten unsere Vorräte auffüllen und stellten dabei fest, dass es sogar Kinderbetreuung gab. Das kannten wir so noch nicht. Und so vergnügten sich beide Kinder im Bällebad und beim Basteln, während wir einkauften und alles im Wohnmobil verstauten. Eine sehr elegante Lösung für alle Beteiligten.
Weiter ging es zu unserem eigentlichen Ziel in Leipzig. Wir wollten die Gelegenheit nutzen und unsere Leipziger Freunde besuchen. Angefangen vom Kaffeetrinken, über das Abendessen und das gemütlichen Zusammensitzen an der Feuerschale verging die Zeit wie im Fluge und wir haben uns prima amüsiert. So gut, dass wir beschlossen haben, hier zu übernachten und auch noch morgen in Leipzig zu bleiben.
Kilometerstand: 37846 km
Tagesetappe: 96 km
04.04.2018 Geburtstag Marlon, Leipziger Zoo
Heute hatte Marlon seinen dritten Geburtstag. Um das entsprechend zu feiern, haben wir gestern Abend noch das Wohnmobil geschmückt, dir Geschenke drapiert und die Großeltern nach Leipzig in den Zoo eingeladen.
Kaum war der junge Mann erwacht, gab es Dank der Geschenke, Luftballons und Gummibärchen ein großes Helau und alle waren wach. So konnten wir gerade noch unsere Gastgeber in den anstehenden Arbeitstag verabschieden und uns auf das Frühstück vorbereiten.
Manu war so nett und hat uns ihr Auto geliehen. So mussten wir nicht mit dem Wohnmobil oder den Öffentlichen in die Innenstadt fahren. Allerdings wäre letzteres vermutlich clever gewesen. Obwohl wir bereits in vielen Großstädten mit dem Wohnmobil unterwegs waren, hat uns die Aggressivität einiger Leipziger Autofahrer doch erstaunt. Jedenfalls war ich heilfroh, als wir endlich im Parkhaus das Auto abstellen konnten und die Großeltern vorm Zoo getroffen hatten.
Das wir heute nicht alleine im Zoo sein werden war uns durchaus bewusst, aber dieser Andrang war dann doch überraschend. Bereits um 10 Uhr gab es keinen Bollerwagen mehr und es bildeten sich riesige Schlangen vor den Kassen. Auch die Hoffnung, dass es sich später in dem großen Areal verläuft, hat sich relativ schnell zerschlagen. Gerade an den Hotspots herrschte immer ein großes Gedränge und nicht alle waren so vernünfig gerade die kleinen Kinder auch etwas sehen zu lassen. Auch finanziell muss man bereit sein Abstriche zu machen. Neben den 50€ für eine Familienkarte muss man für Mittagessen, Bootsfahrt, Eis usw. mindestens noch einmal so viel einplanen. Aber wenn man von diesen beiden Punkten absieht, war es ein sehr großes Erlebnis. Der Zoo ist sehr gepflegt, den Tieren geht es gut und er bietet ein unglaubliches Spektrum an seltenen und exotischen Tieren. Ich kann mich nicht erinnern, jemals auf diesem Niveau etwas ähnliches gesehen zu haben. Aber auch abseits der Tiere gab es für die Kinder viel Unterhaltung. Spielplätze, Eisenbahn, Hängebrücken. Es gab viel zu entdecken und es wurde nie langweilig. Mir persönlich hat der Rundweg im alten Bärenzwinger am besten gefallen. Die per Tonband eingespielten Geschichten eines alten Pflegers, der von 1962 bis zur Schließung 2012 (50 Jahre im gleichen Beruf!) seinen Dienst tat, vermittelten sehr lebendig und plastisch die Arbeit mit den Bären.
So verging der Tag wie im Fluge und schon war es kurz vor 18 Uhr. Nachdem die Großeltern verabschiedet waren, haben wir noch alles für ein Grillfest eingekauft und fuhren zu unseren Gastgebern zurück. Leider machte uns ein aufziehendes Unwetter einen Strich durch die Rechnung, aber es wurde trotzdem ein sehr vergnüglicher Abend und wir haben uns alle bestens amüsiert.
Kilometerstand: 37846 km
Tagesetappe: 0 km
05.04.2018 Halle
Wir haben die sehr großzügige Gastfreundschaft unserer Freunde genossen, aber getreu dem Motto "Auch ein Gast macht sich schuldig", wurde es heute Zeit weiterzufahren.
Da sich für heute Nachmittag Regen angesagt hat, war unser Ziel das Eisenbahnmuseum in Halle. Es war gar nicht so einfach zu finden, aber ein freundlicher DB Mitarbeiter hat uns sogar noch hingeführt. Leider zeigte sich, dass mir Google einen Streich gespielt hat. Das Museum hat nur samstags geöffnet und heute war Donnerstag.
Also ging es weiter zum ersten Stellplatz in Halle. Auch dieser war wieder schwierig zu erreichen. Halle hat eine Verkehrsführung und Überflieger, dass selbst amerikanische Großstädte neidisch werden. Aber im zweiten Versuch hat es geklappt und es zeigte sich, dass der Platz zwar sehr zentrumsnah ist, darüber hinaus aber wirklich gar nichts zu bieten hat. Dafür war er von mehreren stark befahrenen Straßen und einer Straßenbahnlinie umgeben.
Nach wenigen Minuten haben wir die Innenstadt erreicht und als erstes die Tourist Information aufgesucht. Es ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, wie die einfache Frage nach "Unternehmungen für eine Familie mit zwei Kindern" große Ratlosigkeit auslöst. Aber immerhin konnte man uns das Händelhaus empfehlen. Vorher ging es aber zum Italiener am Marktplatz. Wir wollten Kaffee trinken und die Kinder hatten starkes Interesse an Eis angemeldet. Wir nahmen gerade in der ersten Etage an einem schönen Fenstertisch platz, da öffnete der Himmel auch schon seine Schleusen. Es schüttete wie aus Eimern und die Fußgänger rannten hektisch Schutz suchend umher. Zum Glück hielt der Spuk nicht lange an und kaum waren wir fertig mit unserem Eis und Kaffee, hörte der Regen auch auf. Perfektes Timing.
Nach kurzem Fußmarsch erreichten wir das Händelhaus zu Ehren von Georg Friedrich Händel. Es zeigte sich schnell, dass wir die einzigen Besucher waren. Da es uns empfohlen wurde und es hieß, dass wir auch einige Instrumente ausprobieren könnten, haben wir die 10 € Eintritt bezahlt. Es wurde sehr anschaulich vermittelt, wie unterschiedliche Töne oder Stimmen entstehen und es gab eine unglaubliche Sammlung von alten und sehr sehenswerten Instrumenten. Allerdings gab es nicht wirklich viel zum Ausprobieren. Highlight war sicherlich ein Tucher Klavier und eine Art Cembalo. Allerdings blieb man weit unter den Möglichkeiten. Gern hätte ich auch eine Geige probiert (es gab nur eine halbe Geige die faktisch keinen Ton erzeugte) oder dem Klang der berühmten Hammond Orgel gelauscht. Auch ein modernes Keyboard mit all seinen Möglichkeiten wäre sicherlich sehr unterhaltsam gewesen. Aber unterm Strich haben wir es nicht bereut und das Museum ist empfehlenswert.
Zurück am Wohnmobil wurde es höchste Zeit, einen geeigneten Stellplatz für die Nacht zu finden. In der Tourist Information haben wir eine Karte mit eingezeichnetem Stellplatz im Norden von Halle bekommen. Wir waren das vierte Mobil und haben somit den letzten offiziellen Stellplatz (5€/24h) (inkl. Stromanschluss 1€/8h) bekommen. Die schöne Abendsonne haben wir noch für einen Spaziergang um die Giebichersteiner Burg genutzt.
Kilometerstand: 37926 km
Tagesetappe: 80 km
06.04.2018 Schokoladenmuseum Halle, Arche Nebra, Erfurt
Heute wollten wir uns einen süßen Vormittag machen und sind ins Schokoladenmuseum. Der großzügige Parkplatz hat mir gleich gut gefallen - im Museum selbst wurde es noch viel besser. Die Ausstellung war überaus interessant, gut gemacht, und es gab immer wieder Naschproben. Weiterhin konnten wir durch Glasscheiben einen Blick in die Produktion werfen. Auch im Verkaufsbereich hätten wir uns am Naschwerk noch unendlich bedienen können, aber unser aller Schokohunger war inzwischen gestillt.
In der Mittagspause ging es auf zur Arche Nebra. Kurz vor unserem Etappenziel stutzten wir, denn wir sollten eine Brücke überqueren, für die wir zu schwer waren. Eine Bewohnerin des Ortes gab mir dennoch den Weg frei, da hier alle Wohnmobile drüber fahren. Nagut, wir hielten ein bisschen die Luft an, und waren auch schon drüber. Vor Ort holten wir erstmal unser Mittagessen nach und gingen dann zum Museum. Der Bau ist schon sehr modern, die Ausstellung ist gut. Auch die Geschichte rund um den Fund der Himmelsscheibe, der Krimi rund um den "Verscherbelungsversuch", das war hoch interessant. Es gab auch einige Mitmachbereiche, jedoch muss ich anmerken, dass die Ausstellung vom Aufbau bzw. Ablauf nicht ganz so übersichtlich war. Dennoch waren wir froh, endlich hier gewesen zu sein.
Nach dem Besuch überlegten wir, wie wir weiter verfahren. Nach Erfurt war es nur noch gut eine Stunde, und weil zuhause auch genügend Dinge auf uns warteten, beschlossen wir den Heimweg anzutreten. Es war ein kurzer, aber überaus schöner Wohnmobileinstand für dieses Jahr.