Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung

Ein privat versicherten Arbeitnehmer wird während seiner Elternzeit nicht beitragsfrei gestellt. Erschwerend kommt hinzu, dass während dieser Zeit auch der Arbeitgeberanteil entfällt. Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer in dieser Zeit die kompletten Kosten für seine Krankenversicherung alleine tragen muss. Eine nicht zu unterschätzende finanzielle Belastung von einigen Hundert Euro im Monat.

Weiterhin hat der Gesetzgeber in der letzten Dekade keine Gelegenheit ausgelassen, um die immer mehr ausufernden Kosten des Gesundheitssystems auf die private Krankenversicherung abzuwälzen. So verwundert es nicht, dass in den letzten Jahren die Beiträge zur Krankenversicherung kontinuierlich und teilweise rasant angestiegen sind. Eine Entwicklung, die gerade mit Blick auf das Alter nachdenklich stimmt. Erst recht vor dem Hintergrund, dass meine Private Krankenversicherung sich nicht in der Lage sah, mir auch nur eine Schätzung der Beitragshöhe für das Alter zu geben. Aber das wäre alles nicht so schlimm und im äußersten Notfall könnte ich ja noch in den Basistarif wechseln. Ein kurze Recherche ergab, dass dieser von den Leistungen knapp unterhalb der gesetzlichen Krankenkasse angesiedelt ist, dafür aber den maximal Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung kostet (2015 ca. 600€). 

Aus diesen Gründen habe ich beschlossen, der privaten Krankenversicherung den Rücken zu kehren und zur Gesetzlichen zurückzukehren. Aber wie stellt man das am besten an? Im Internet fand ich viele Hinweise und Informationen, die sich aber teilweise widersprachen. Die GKV und erst recht die PKV haben sich recht bedeckt gehalten. Auch wollte ich nicht einen der zahlreichen Coaches zum Austritt aus der PKV engagieren.
Um anderen den Schritt zu erleichtern, möchte ich hier meine Vorgehensweise beschreiben. Weiterhin würde ich mich freuen, wenn Wechselwillige Ihre Geschichte mittels der Kommentarfunktion ebenfalls auf dieser Seite posten.
Zuerst aber einige wichtige Fakten und Randbedingungen.

  • Ist das 55. Lebensjahr vollendet, dann ist der Zug abgefahren. Faktisch existiert damit keine Möglichkeit mehr in die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln.
  • Liegt das Jahresarbeitsentgelt unterhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze, dann ist der Arbeitgeber verpflichtet den Arbeitnehmer bei der GKV anzumelden. Unabhängig davon, ob bereits eine private Versicherung besteht oder nicht. Auf Antrag und Nachweis einer privaten Versicherung kann der Arbeitnehmer sich von der Pflichtversicherung befreien lassen.
  • Der Arbeitgeber muss die Versicherungspflicht seiner Arbeitnehmer nicht nur zu Beginn einer Beschäftigung prüfen, sondern auch bei jeder Änderung des Arbeitsentgelts und zum Jahreswechsel.
  • Das Jahresarbeitsentgelt setzt sich aus allen regelmäßig geleisteten Zahlungen zusammen. Neben dem Lohn also auch Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie pauschale Überstundenentlohnung.
  • Die Jahresarbeitsentgeldgrenze wird jedes Jahr neu festgelegt. Für 2015 liegt sie bei 54900€. Falls Sie bereits vor dem 01.01.2003 privat versichert waren, dann liegt sie für 2015 bei 49500€.
  • Es muss eine versicherungspflichtige Tätigkeit mit mindestens 15 Wochenstunden Umfang ausgeübt werden.
  • Entgegen vielen Informationen im Internet gibt es keinerlei Mindestfristen. Häufig war die Rede von 12 Monaten usw.
    Wichtig ist aber, dass die versicherungspflichtige Tätigkeit auf Dauer angelegt ist.
  • Solange man nicht selber den Nachweis über eine anderweilige Krankenversicherung beibringt, bleibt man definitiv pflichtversichert. Auch wenn sich die Tätigkeit wieder ändert und das Einkommen die JAEG übersteigt. Das Stichwort lautet "obligatorische Anschlussversicherung". Google liefert dazu reichlich Informationen.

Es stand bereits sehr frühzeitig fest, dass ich zur Geburt unseres zweiten Kindes eine Auszeit nehmen würde. Zum einen um die Zeit intensiver zusammen genießen zu können, zum anderen aber auch um meine Frau gerade in den ersten Monaten entlasten zu können. Ursprünglich wollte ich dafür komplett die Elternzeit nutzen, sah dann aber die Gelegenheit  in die gesetzliche Krankenkasse zurückzuwechseln.
Ich sprach mit meinem Arbeitgeber und unterschrieb einen neuen Arbeitsvertrag über 16 Wochenarbeitsstunden. Damit sank mein zu erwartendes Jahresarbeitsentgeld unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze und ich wurde pflichtversichert. Nach einigen Telefonaten mit den sehr freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeitern der Techniker Krankenkasse, hielt ich nach knapp drei Wochen die Gesundheitskarten für mich und meine beiden Kindern in den Händen.
Mit der Bestätigung über die Pflichtversicherung konnte ich dann formlos die Private Krankenversicherung kündigen.

Rückblickend stellte sich der Wechsel in die GKV als vollkommen problemlos dar und ich bin darüber sehr froh. Zwei Monate später bin ich dann in Elternzeit gegangen. Da sich die Höhe des Elterngeldes auf die letzten 12 Monate bezieht und auf 1800€ pro Monat gedeckelt ist, konnte ich ohne Abzüge und horrende Ausgaben für die private Krankenversicherung für mich und meine zwei Kinder die Elternzeit genießen. 

Mailverkehr mit Rückfragen

Scheinbar hatte ich mich in dem obigen Artikel nicht deutlich genug ausgedrückt oder aber zu kurz gefasst.
Ein Wechselwilliger hatte jedenfalls noch Fragen. Anbei der Mailverkehr:

Von: Christian
An:
holger
Betreff:
 Rückfrage zu Rückkehr in die gesetzliche Krankenversicherung


Hallo Holger,

mit sehr großem Interesse habe ich Deine komplette Website hoch und runtergelesen!
Auch wir planen im nächsten Jahr einige Monate mit dem Wohnmobil unterwegs zu sein.
Sohnemann Nr.2 wird hoffentlich im Juli 2017 geliefert, wie geplant.

Ich habe auch vor einigen Jahren eine Private Krankenversicherung abgeschlossen. Jugendlicher Leichtsinn, Gutgläubigkeit, usw.

Wenn ich Dich richtig verstehe, würde es ausreichen wenn ich ab Januar 2018 einen neuen Arbeitsvertrag hätte (60% und somit deutlich unter der JAEG für das Gesamtjahr!).
Ich muss dann nicht das ganze Jahr abwarten, sondern kann unmittelbar im Januar oder nach der ersten Gehaltsabrechnung zur Techniker oder SBK laufen und mich dort versichern.
Anschließend kann ich bei der PKV einfach kündigen, richtig?

Was würde passieren, wenn ich beispielsweise im März wieder auf 100% aufstocke? Würde das meine alte (gekündigte) PKV überhaupt mitkriegen? Was sollte die neue GKV dagegen haben?
Oder muss ich das komplette Jahr bei 60% bleiben?

Ich hoffe, ich habe das alles richtig verstanden. Es würde mich freuen, wenn Du mir meine Annahmen bestätigen könntest.
Die Informationen im Netz sind mitunter sehr verwirrend und dort ist immer die Rede von 12 Monaten für das JAEG.

Danke vielmals und liebe Grüße aus München

Christian

 

Und hier meine Antwort:

Hallo Christian,

vielen Dank für deine Mail.
Das Prozedere gestaltet sich eigentlich ganz einfach und ist inzwischen mehrfach erprobt. Mehrere meiner Arbeitskollegen haben die Gelegenheit genutzt und es mir gleichgetan.

Du fängst eine neue Arbeitsstelle an. Das kann auch durchaus die gleiche sein. Wichtig ist nur, dass du einen neuen Abreitsvertrag bekommst und der Vertrag auf Dauer angelegt ist. Mit der Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag ist der Arbeitgeber verpflichtet zu prüfen, ob dein Entgeld inkl. regelmäßiger Sonderzahlungen hochgerechnet auf ein ganzes Kalenderjahr unterhalb der JAEG liegt. Falls das der Fall ist, dann ist er verpflichtet dich bei der gesetzlichen Krankenkasse anzumelden.
Im Anschluß könntest du den Nachweis erbringen, dass du bereits beider PKV versichert bist und somit die Pflichtversicherung entfällt. Falls du das aber nicht machst, bist du automatisch wieder in der GKV. Dieser Status kann dir gegen deinen Willen auch nicht mehr entzogen werden, selbst wenn du kurz darauf wieder eine neue Stelle (kann auch die gleiche sein, Hauptsache mit einem neuen Arbeitsvertrag) antritts und wieder oberhalb der JAEG liegen solltest.
Zirka zwei Wochen später bekommst du den Nachweis, dass du in der GKV versichert bist und kannst damit die PKV (auch für deine Kinder) kündigen.
Die PKV wird versuchen, dich mit Hinweis auf deine Rücklagen zum Bleiben oder zum Abschluß von Zusatzversicherungen zu übereden. Kann man machen, kann man aber auch gut sein lassen.

Inwischen haben mehrere Kollegen das Prozedere in einen Monat komplett über die Bühne gebracht.
Ich hoffe damit ist es noch klarer geworden und ich wünsche viel Erfolg.

Holger