Juni 2015 - Nordeuropa
01.06.2015 Die Reise beginnt
Heute sollte unsere große Reise beginnen. Allerdings zeigte sich das Wetter nicht von seiner besten Seite. Jede Menge Wolken und auch Regen drückten gar mächtig auf die Stimmung. Aber vorerst hatten wir noch viel Stress mit Packen, Tragen und Verstauen. Außerdem sind uns permanent irgendwelche Gedanken der Art "Hast du das Ladekabel XY eingepackt?...Wo ist dies?...Und wo ist das nun schon wieder?". Aber gegen 13:30 Uhr war es erstmal geschafft und wir konnten zu unserer großen Reise aufbrechen.
Gestern hatten wir den Tipp erhalten, dass Deponien über eine Waage verfügen und gegen kleinen Obolus auch Wohnmobile wiegen. Unser Weg führte uns also zuerst nach Weimar zum Schrottplatz von Albert Fernkorn. Im strömenden Regen angekommen wurden wir auch gleich freundlich gegrüßt und auf eine abenteuerliche Rampe geschickt. Und dann der Schock. 3740kg. Auch mehrfache Nachfragen änderten nichts an der Zahl und so mussten wir uns damit abfinden, dass wir 240kg Übergewicht hatten. Und das ohne Fahrräder, Fahrradhalter, Abwasser und vielen weiteren Dingen. Das es knapp werden würde hatte ich vermutet. Aber dass wir so weit drüber liegen sollten war dann doch eine faustdicke Überraschung. Allerdings habe ich noch die Hoffnung, dass die Waage schon lange niemand vom Eichamt gesehen hat und würde gern noch eine zweite Meinung einholen. Weiterhin zeigte ein kurzer Blick in den Bußgeldkatalog, dass es zumindest in Deutschland noch sehr günstig ist. Über 5% aber unter 10% Überladung kostet "nur" 10€.
Als nächstes suchten wir den Stellplatz in Weimars Mitte und schauten dem immer stärker werdenden Regen zu. Der Stellplatz ist zwar an einer dicht befahrenen Straße gelegen, trotzdem hält sich der Lärm in Grenzen. Zumindest wenn man möglichst weit weg parkt und andere Wohnmobile als Lärmschutzwände benutzt.
Als es endlich etwas trockener wurde, zogen wir unsere wetterfesten Jacken an, suchten die Schirme, packten Marlon in den Kinderwagen und spazierten durch einen kleinen Park ins nahe gelegene Atrium, einem Einkaufzentrum mitten im Herzen Weimars. Die Geschichte und Architektur des als "Gauforum Weimar" geplanten Gebäudekomplexes ist durchaus beeindruckend. Allerdings konnte das Atrium selber nicht überzeugen. Nach einer kurzen Stärkung im Food Court wurde nur das Notwendigste eingekauft und wir sind wieder zum Wohnmobil geschlendert. Zum Glück hatte inzwischen der Regen aufgehört und es wurde noch ein gemütlicher Abend.
Kilometerstand
Morgens: 7213 km
Abends: 7240 km
Tagesetappe: 27 km
02.06.2015 Ronneburg
Eigentlich begann der Tag sehr erfreulich. Wir hatten ausgesprochen lange und gut geschlafen. Und auch das Frühstück war lecker. Aber warum wird es nicht warm? Ich hatte die Webasto Dieselheizung doch eingeschaltet. In diesem Moment sah ich auch die Rote Signallampe am Kontrollpanel. Die Aufbaubatterie war schwach. Zwar standen wir die ganze Nacht ohne Landstrom, aber wir hatten doch nichts weiter an. Nicht einmal Fernsehen. Also wo war der Strom hin? Vorerst konnten wir das Problem nicht näher ergründen, beschlossen aber uns einen Stellplatz mit Stromanschluss zu suchen. Da wir uns die "Neue Landschaft Ronneburg" ansehen wollten, kam uns der Stellplatz in Ronneburg gerade recht.
Angekommen auf dem Stellplatz haben wir erst einmal Wasser gebunkert und Landstrom angeschlossen. Während Ulrike Marlon stillte, nutze ich die Gelegenheit den Beifahrersitz auszubauen und die Batterie zu betrachten. Erstaunt stellte ich fest, dass die Batterie definitiv älter als das Wohnmobil ist, nicht richtig eingebaut war und es sich um einen AGM Typ mit 95Ah handelt. Also eigentlich eine recht brauchbare Batterie. Allerdings erinnerte ich mich daran, dass AGM Batterien zwingend spezielle Ladegeräte benötigten. Eine kurze Internetrecherche und ein Blick in die Bedienungsanleitung des verbauten Ladegerätes bestätigten meinen Verdacht. Diese Batterie konnte in dieser Konstellation nie vollgeladen werden. Als Sofortmaßnahme habe ich das Ladegerät immerhin von PB auf Gel Kennlinie umgestellt. Zwar auch nicht optimal, aber viel besser. Allerdings gehe ich fest davon aus, dass der Akku bereits nachhaltig geschädigt wurde und ersetzt werden muss.
Danach starteten wir zu einem Rundgang durch Ronneburg. Offensichtlich hatte der Ort durch die Buga 2007 einen enormen Aufwind erhalten, der allerdings nicht nachhaltig war. Das Schloss war zwar renoviert worden, allerdings fehlt scheinbar ein nachhaltiges Nutzungskonzept und so verfällt es wieder. Eigentlich kaum zu glauben, da es die perfekte Kulisse für Hochzeiten und andere Festlichkeiten darstellt. Wir haben einen Einheimischen darauf angesprochen und ich zitiere "...ja, da gibt es schon Feiern. So ein, zweimal im Jahr...".
Nach einer kurzen Wanderung erreichten wir die "Neue Landschaft Ronneburg". Ein renaturiertes, sehr weitläufiges Gelände der ehemaligen Wismut. Wir erinnern uns nur zu gut an die schon von weiten sichtbaren künstlichen Berge. Das Gelände war sehr beeindruckend und wir hatten viel Spaß zusammen. Nach einem ausgiebigen Besuch sind wir über Europas größte Hängebrücke (Stand 2009), der Drachenschwanzbrücke, zum Wohnmobil zurück. Dabei merkten wir deutlich, wie der starke Wind die Brücke zum Schaukeln brachte.
Der krönende Abschluss war das Abendbrot im Freien, da unser Stellplatz sogar eine Picknickbank hatte.
Marla und ich haben das Kartenspiel "Kleine Fische" heute Abend zum ersten Mal gespielt. Liebe Steph, das Spiel ist wirklich gut und macht Laune!!! Danke!
Kilometerstand: 7318 km
Tagesetappe: 78 km
03.06.2015 Greiz
Inzwischen sind wir ein eingespieltes Team und alle ziehen an einem Strang. So waren die Spuren eines opulenten Frühstücks in Handumdrehen beseitigt und wir waren startklar. Heute sollte es nach Greiz gehen. Die Fahrt verlief über idyllische Landstraßen durch zahlreiche kleine Orte. So langsam verliert die Größe des Wohnmobiles seinen Schrecken und die Fahrten verlaufen immer entspannter.
In Greiz angekommen parkten wir auf einem kleinen Platz in der Innenstadt. Ich holte ein Parkticket und sah neben uns ein Fahrzeug vom Paritätischen. Ulrike darauf angesprochen, schaute aus dem Fenster und stellte fest, dass ihr Mentor und Kollege neben uns parkte. Die Welt ist ein Dorf.
Wir wagten den steilen Aufstieg zum Oberschloss und wurden belohnt: Das Museum darin ist sehr empfehlenswert und hat auch das ein oder andere zum Anfassen für Kinder zu bieten. Wir schlenderten schließlich noch etwas durch die Stadt und den Greizer Park.
Kilometerstand: 7361 km
Tagesetappe: 43 km
04.06.2015 Göltzschtalbrücke, Chemnitz
Die Nacht verbrachten wir auf dem Stellplatz in Greiz direkt neben dem Freibad. Sehr idyllisch gelegen und mit 15€ pro Nacht inkl. Strom, Wasser und eigenem Sanitärtrakt recht günstig. Allerdings wurde es früh morgens unangenehm laut.
Heute stand die Reise nach Chemnitz auf dem Programm. Am Samstag heiraten zwei langjährige, gute Freunde von uns. Das können wir natürlich nicht verpassen.
Auf dem Weg dahin lag die Göltzschtalbrücke. Die größte Ziegelsteinbrücke der Welt. Ein sehr beeindruckendes Bauwerk, erbaut in 5 Jahren und aus 26 Millionen Ziegel.
Kilometerstand: 7432 km
Tagesetappe: 71 km
05.06.2015 Basteleien am Wohnmobil
Heute standen diverse Reparaturarbeiten und Verbesserungen am Wohnmobil auf dem Programm. Die von unterwegs bestellte neue Batterie war bereits geliefert wurden und wartete auf ihren Einbau. Zwar schien die Sonne bereits unglaublich intensiv. Aber das kann ja nicht lange dauern. Dachte ich zumindest. Aber wie so oft liegt der Teufel im Detail. Entweder habe ich es prinzipiell verkehrt angefangen oder die Batterie war einfach zu groß. Jedenfalls konnte ich die Drehkonsole nicht komplett abbauen, da eine Schraube scheinbar mit dem Unterbau verschweißt wurde. So konnte man die Konsole nur zur Seite schwenken. Damit reichte aber der Platz nicht aus um die Batterie herauszuheben. Die unzähligen Versuche waren so schon unglaublich kräftezehrend. Die pralle Sonne gab mir dann aber noch den Rest. Erst nachdem wir auch die säurefeste Wanne demontiert hatten und konnten wir die fehlenden Millimeter gewinnen und die Batterie rausheben. Aber auch der Einbau der neuen gestaltete sich alles andere als einfach. Aber nach über zwei Stunden war es dann endlich geschafft.
Weitere Kleinigkeiten, wie zum Beispiel während der Fahrt herausfallende Schubkästen, konnten mit Ersatzteilen des nahegelegenen Baumarktes rasch und nachhaltig gelöst werden. Zum Schluss wollte ich mir noch eine Europakarte auf das Wohnmobil kleben. Das ist zwar etwas kitschig aber zu Hause haben wir auch eine Weltkarte und markieren mit kleinen Fähnchen besuchte Städte und zum anderen gefällt es mir.
09.06.2015 Dresden
Nachdem wir das rauschende Fest zur Hochzeit von Anja und Silvio gut überstanden hatten, wurde es heute Zeit aufzubrechen und unsere Reise fortzusetzen. Dank Dieter waren alle kleinen und auch größeren Probleme gelöst und wir konnten wieder starten.
Heute sollte es nach Dresden gehen. Leider war es uns nicht gelungen, in Chemnitz unser Abwasser loszuwerden. Daher steuerten wir als erstes einen Wohnmobilstellplatz hinter dem Deutschen Hygiene Museum an. Irgendwie war der aber eine große Enttäuschung. Die Wohnmobile standen kreuz und quer, unser Abwasser sind wir nicht losgeworden und von drei Befragten nannte jeder einen anderen Preis. 3€, 7€ oder sogar 14€ pro Nacht. Ohne jegliche Zusatzleistungen versteht sich. Wir haben uns dann gegen die Wohnmobilstellplätze entschieden und uns zu anderen an den Straßenrand gestellt, für 3€/24h.
Dafür war der Besuch des Hygiene Museums eine wirkliche Bereicherung und ist sehr zu empfehlen. Bereits das Gebäude beeindruckt durch seine Monumentalität. An der Kasse erlebt man eine echte Überraschung. Zwei Erwachsene mit Kindern zahlen weniger Eintritt als ohne Kinder. Die Ausstellung und Exponate sind sehr gepflegt und größtenteils auch kindgerecht. Selbst das anwesende Wachpersonal war permanent bemüht und stand bei Fragen hilfreich zur Seite. So verging die Zeit wie im Fluge und wir haben alle viel neues gesehen und gelernt.
Nach einem kurzen Einkauf hat uns noch Uta aus Dresden, eine Freundin aus Studientagen, im Wohnmobil mit ihrer Jüngsten besucht.
Trotz des teilweise schlechten Wetters mit partiellem Regen war es ein richtig schöner Tag.
Kilometerstand: 7554 km
Tagesetappe: 88 km
10.06.2015 Stadtrundgang in Dresden
Eigentlich wollten wir heute morgen auf den Stellplatz direkt an der Elbe umsiedeln. Aber wir haben so gut geschlafen und der Parkplatz ist mit 3€ so günstig, dass wir dann doch geblieben sind. Außerdem ist das Hygiene Museum ausgesprochen zentral gelegen und die Innenstadt in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen.
Als erstes statteten wir dem Grünen Gewölbe einen Besuch ab und waren schwer beeindruckt. Zwar hat der Eintritt für die Barocke Schatzkammer 12 € pro Person gekostet, aber das war es auch wirklich wert. Es ist unglaublich, mit welcher filigranen Handwerkskunst vor Hunderten Jahren Kunstwerke geschaffen wurden.
Weiter ging es durch die Stadt bis wir das Terassenufer erreicht haben. Zwar verkehrten noch einige Schaufelraddampfer der Weißen Flotte, aber größere Schiffe waren mangels Wasser in Dresden gestrandet.
Danach ging es per Öffentliche Verkehrsmittel zum "Blauen Wunder", der gar nicht so blauen (eher türkis) über 100 Jahre alten Brücke. Nachdem wir diese zu Fuß überquerten, fuhren wir mit der 120 Jahren alten Standseilbahn zum Stadtteil "Weißer Hirsch" - sicherlich einer der vornehmsten Gegenden von Dresden. Im Ausflugslokal "Luisenhof", bei bestem Wetter und Aussicht, genossen wir unser Eis bzw. Kuchen. Leider mussten wir dabei auch erfahren, dass sich die Tore am 21.06.2015 wohl für immer schließen werden. Der neue Besitzer der Immobilie hat die Pacht dermaßen erhöht, dass der jetzige Betreiber keine andere Lösung als die Schließung des Lokals sieht. Eine eventuell durchaus willkommene Reaktion. Das Objekt soll wohl in Eigentumswohnungen umgebaut werden. Falls das wirklich so kommt, dann sehe ich auch schwarz für die Seilbahn. Warum sollte man für Geld da hochfahren, wenn man weder einkehren noch die Aussicht genießen kann? Der Louisenhof ist die letzte verbliebene Möglichkeit (wenn man von einem winzigen Gang neben den Mülltonnen absieht) für Nicht-Anwohner diesen einmaligen Blick über Dresden zu genießen.
Kilometerstand: 7554 km
Tagesetappe: 0 km
11.06.2015 Saurierpark Kleinwelka
Marla war heute schon 06:30 Uhr munter. Zwar hätte ich noch gut und gerne ein Stündchen weiter schlafen können, aber so hat man wenigstens was vom Tag. Trotz duschen, frühstücken, aufräumen und etwas Stau, standen wir bereits vor 11:00 Uhr auf dem Parkplatz des Saurierparks Kleinwelka. Ein sehr lohnenswerter Freizeitpark für die ganze Familie. Er ist in einem ursprünglichen Wald hineingebaut und deshalb sehr schattig. Es gab sehr viel zu entdecken, zu bestaunen und vor allem aktiv zu werden. Besonders hat uns die neue Attraktion "Vergessene Welt" gefallen. Angelehnt an Jurassic Park gab es viele Überraschungen und Herzklopfen.
Die relativ geringe Besucherzahl und die moderaten Preise taten ihr übriges und es wurde ein wunderschöner Tag.
Danach ging es weiter zu einem Stellplatz bei Bautzen.
Kilometerstand: 7621 km
Tagesetappe: 67 km
12.06.2015 von Bautzen nach Görlitz
Obwohl wir diese Nacht nur einen "illegalen" Stellplatz hatten - es gab nur vier und wir waren Wohnmobil Nummer 6 - haben wir hervorragend geschlafen. Daran hat auch der wolkenbruchartige Niederschlag in den Morgenstunden nichts geändert.
Der Plan war heute direkt, ohne zu frühstücken, zu starten und sich dann was schönes zu suchen. Also ging es direkt nach Bautzen und mit etwas Glück hatten wir auch einen schönen Stellplatz gefunden. Trotzdem hat es dann bis 11:00 Uhr gedauert und so haben wir das Frühstück kurzerhand in einen Brunch verwandelt. Ich hatte "Grützwurst mit Sauerkraut und Kartoffelbrei" aus der "sächsischen Woche" Kollektion. Warum ein Restaurant in Sachsen eine sächsische Woche macht, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben. Die Vorstellung, dass ein Indisches Restaurant in Indien eine "indische Woche" veranstaltet lies mich jedenfalls schmunzeln.
Zu Bautzen muss ich sagen, ich habe die Stadt vollkommen unterschätzt. Aus DDR Zeiten eher negativ vorbelastet, hätte ich dieser Stadt niemals einen Besuch abgestattet. Aber der Dom (der leider wegen Bauarbeiten nicht von innen zu besichtigen war), die Altstadt und die sehr gut erhaltenen mittelalterlichen Bau- und Befestigungsanlagen sind es definitiv wert.
Danach ging es weiter nach Görlitz. Und obwohl unsere Gasflasche noch nicht vollkommen leer war, haben wir die Gelegenheit genutzt und sie gegen eine volle getauscht.
Dank Ullis Scharm konnten wir uns dann auch noch auf dem überfüllten Stellplatz zwischen zwei andere Mobile in erster Reihe quetschen.
Das Wetter und die Picknickbänke gaben es her, den späten Nachmittag und Abend im Freien zu verbringen.
Kilometerstand: 7690 km
Tagesetappe: 69 km
13.06.2015 Stadtbesichtigung Görlitz
Heute haben wir wieder alle sehr gut und vor allem lang geschlafen. Da verwunderte es nicht, dass unsere Brötchentüte die letzte im Regal war - unser Stellplatz bietet Brötchenservice an, die Tüten werden mit Namen versehen und hinterlegt.
Nach einem reichhaltigen Frühstück starteten wir zur Stadtbesichtigung von Görlitz. Mit der Straßenbahn ging es ins Stadtinnere. Görlitz ist wirklich sehenswert. Bei den Temperaturen heute waren wir jedoch sehr froh, vor allem mittags im Park gewesen zu sein. Übrigens, Görlitz hat einige sehr schöne Spielplätze zu bieten - im Gegensatz zu Greiz!
Erfrischender Abschluss der Stadterkundung war der begehbare Springbrunnen am Marienplatz.
Wir haben es heute Abend gerade noch trockenen Fußes vor dem Gewitter und wolkenbruchartigen Regen zum Stellplatz geschafft. Nun erfreuen wir uns angenehmerer Temperaturen um 18 °C.
14.06.2015 Jelenia Gora
Heute war der große Tag, unser erster Grenzübertritt stand auf dem Programm und als Tagesziel wurde Jelenia Gora gesetzt.
Da wir inzwischen ein eingespieltes Team sind, waren wir nach dem Frühstück relativ schnell startklar. Direkt nach der Grenze haben wir an der ersten Tankstelle für 1,13€ Diesel getankt und sind weiter in Richtung Jelenia Gora gefahren. Was mich besonders gefreut hat, dass unser Navi so problemlos arbeitet. Blitzer, Höchstgeschwindigkeiten, Stellplätze. Alles scheint wunderbar zu funktionieren. Hoffen wir das Beste, dass es so bleibt.
Nach 1,5 Stunden sind wir in Jelenia Gora angekommen, haben den Stellplatz ohne Umwege sofort gefunden und waren begeistert. Zwar ist er an einer Fernverkehrsstraße gelegen und demzufolge nicht sonderlich leise, aber mit Strom, Wasser, Abwasser, Dusche, Toiletten, Internet, Schaukel, Trampolin und viel Grün hervorragend ausgestattet. Und das alles für nur 11€.
Am Nachmittag sind wir dann in die sehenswerte Stadt geschlendert. Obwohl mein letzter Besuch fast 25 Jahre zurück liegt, habe ich mich doch an die eine oder andere Ecke und Episode erinnert und in Erinnerung geschwelgt.
Ganz unproblematisch haben wir uns heute mit polnischer Währung eingedeckt. Bemerkenswert war bei der Abhebung am Geldautomaten, dass ich bereits während der Entnahme der Banknoten eine SMS unserer Bank erhielt, die mich über die Geldabhebung informierte, inklusive einer Telefonnummer, falls es sich um Missbrauch handelt. Das fanden wir richtig gut.
Kilometerstand: 7765 km
Tagesetappe: 75 km
15.06.2015 Szklarska Poreba
Heute sind wir bereits seit 14 Tagen unterwegs und bisher funktioniert alles wunderbar. Kleinere technische Probleme konnten noch rechtzeitig ausgeräumt werden, wir sind ein eingespieltes Team und bis auf die Landesaufkleber unserer Europakarte haben wir auch bisher nichts vermisst. Die Erlebnisse und Eindrücke waren bereits sehr mannigfaltig und beeindruckend.
Auf Einladung einer guten Freundin stand heute Szklarska Poreba auf dem Programm. Die Fahrt verlief unspektakulär und das Navi lotste uns exakt zur Talstation des Ortes. Die Eltern begrüßten uns ausgesprochen herzlich und waren von Marlon sofort begeistert. Zum Schluss bekamen wir noch Tickets für den Lift und wir machten uns auf den Weg den Berg zu erobern. Zwar war das Wetter bescheiden, aber wir genossen trotzdem die Fahrt in die Wolken. Das satte Grün und Temperaturen unter 10 °C waren eine willkommene Abwechslung zum Programm der letzten Tage. Rübezahl lief uns nicht übern Weg.
Danach statteten wir dem Ort einen Besuch ab. Da wir zur Zeit keine Saison haben, war alles fast wie ausgestorben. Zumindest war es einfach einen Platz in einem der zahlreichen Cafes zu ergattern.
Der Vater unserer Freundin hat es organisiert, dass wir auf dem Parkplatz mit unserem Wohnmobil stehen bleiben können. So verbringen wir die Nacht praktisch direkt an der Talstation.
Kilometerstand: 7792 km
Tagesetappe: 27 km
16.06.2015 Karpacz, Schneekoppe
Wieder haben wir hervorragend im Wohnmobil geschlafen. Und das obwohl (oder gerade weil) die Temperatur auf einstellige Werte gesunken war. Trotzdem war ich froh, als unsere Webasto Heizung am Morgen den Innenraum auf angenehme Temperatur aufgeheizt hatte. Das einzige was ich vermisse, dass die Heizung programmiert werden könnte, oder zumindest vom Bett aus fernbedient. So muss immer einer das kuschelige Bett verlassen und im kalten Wohnmobil auf den Einschaltknopf drücken.
Nachdem wir gefrühstückt und uns von unseren Gastgebern verabschiedet haben, ging es nach Karpacz. Unser Navi hat auch einen Stellplatz gefunden, nur wir leider nicht. Vielleicht war der Hinweis "möglicherweise in der Nebensaison geschlossen" ernst zu nehmen, oder aber die Koordinaten nicht korrekt. Jedenfalls steckten wir in engen Gassen mit irrwitzigen Gefällen fest. Ich war unglaublich froh, als wir endlich das Wohnmobil da unbeschadet rausbugsiert hatten und wohlbehalten auf einem kostenfreien Parkplatz standen.
Also ging es erstmal zur 1602m hohen Schneekoppe, genauer gesagt zum Lift, der uns in die Nähe der Schneekoppe bringen sollte. Von dort sollten es dann noch ein 30 Minütiger Fußmarsch bis zur Spitze sein. Für regelmäßige Teilnehmer von Iron Man Wettbewerben sollte das auch zu schaffen sein. Für alle anderen, plant das Doppelte ein. Der Aufstieg ist durchaus kräftezehrend und anstrengend. Auch könnte eine Nachbehandlung mit Arnika und Sportgel notwendig werden.
Aber die Aussicht entschädigt für vieles und auch Marla war nach Überreichung ihrer Urkunde und Medaille versöhnt.
Nachdem wir wieder am Wohnmobil waren beschlossen wir, zurück nach Jelenia Gora zum bekannten Stellplatz zu fahren. Vorher haben wir aber noch der kleinen Stabkirche Wang einen Besuch abgestattet.
Kilometerstand: 7848 km
Tagesetappe: 56 km
17.06.2015 Schloss Fürstenstein, Kirche Schweidnitz, Breslau
Heute morgen weckte uns kurz nach neun mehrere Anrufe. Zuerst auf dem Handy von Ulli. Kurz danach auf meinem. Zwar wurde die Nummer übertragen, war uns aber nicht bekannt. Wer konnte das nur gewesen sein?
Nach dem Frühstück haben wir noch entsorgt, Wasser gebunkert und uns auf den Weg nach Fürstenstein gemacht. Dort erwartete uns ein unglaublich großes und gut erhaltenes Schloss mit sehr interessanter Geschichte.
Danach ging es auf explizitem Wunsch von Ulli nach Schweidnitz. Ziel war die Besichtigung einer von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannten Friedenskirche. Und es hat sich wirklich gelohnt. Unter dem Druck der protestantischen Schweden musste der katholische Kaiser nach dem Westfälischen Frieden von 1648 seinen protestantischen Untertanen den Bau von Kirchen gestatten. Um die Hürden dafür aber möglichst hoch zu legen, gab es einige Randbedingungen. Die Gotteshäuser durften nur außerhalb der Stadtmauer, aus Holz, Lehm, Stroh und Sand, ohne Türme und Glocken, innerhalb eines Jahres errichtet werden. Und so war die Kirche dann von außen auch eher schlicht. Man hätte sie durchaus für eine sehr große Scheune halten können. Umso beeindruckender war dann das Innenleben.
Danach ging es weiter in Richtung Breslau auf unseren Stellplatz neben dem Stadion. Die Fahrt war sehr anstrengend und es ist immer wieder faszinierend, wie die Qualität der Straße binnen Sekunden von sehr gut auf Feldwegniveau wechseln kann. Gerne auch mitten in engen Kurven.
Nach dem Abendbrot gab es dann die Auflösung zum unbekannten Anrufer heute Morgen. Enrico wollte gern persönlich wissen, wie es uns geht. Hier die Antwort für alle: Uns geht es richtig gut.
Kilometerstand: 7982 km
Tagesetappe: 134 km
18.06.2015 Stadtbesichtigung Breslau
Heute sind wir gegen 11:00 Uhr aufgebrochen, um mit der Straßenbahn uns Breslau, die viert größte Stadt Polens, anzuschauen. Zwar wurde während des zweiten Weltkrieges ein Großteil der Stadt zerstört, aber zum Glück danach wieder im alten Stil aufgebaut. So begeistert die Stadt mit einer Vielzahl von beeindruckenden Sakral- und gotischer Bauten.
Verwundert war ich über die anwesenden Zwerge. Sie lungern praktisch überall herum, und hin und wieder entdeckt man auch ein Tor in ihre Welt. Wie so oft hilft Wikipedia weiter. Die politische Oppositionsbewegung „Orange Alternative“ hatte in den 1980er Jahren mit spontanen Aktionen (zum Beispiel Demonstrationen im Zwergenkostüm) Kritik am kommunistischen Regime in Polen geübt und einen gusseisernen Zwerg („Papa Zwerg“) in der Wrocławer Altstadt aufgestellt. Seit 2001 werden es immer mehr. Im Moment sollen es um die 250 Zwerge sein.
Lustige Geschichte am Rande. Manchmal hat es auch Vorteile einen weit verbreiteten Nachnamen zu besitzen. So mussten wir uns kein eigenes Schloss zu besorgen :-)
19.06.2015 Schloss bei Rogalin
Eigentlich war heute die Weiterreise nach Lodz und perspektivisch nach Warschau geplant, aber kurzfristig haben wir umgeplant und eine etwas nördlicher verlaufende Route eingeschlagen. Zwar war es dank der zahlreichen Baustellen und Umleitungen gar nicht so einfach Breslau zu verlassen, aber irgendwann gelang es uns und es ging nach Trebnica zur Wallfahrtskirche. Nach einem kurzen Austausch mit österreichischen Wohnmobilisten entschieden wir uns, so weit wie möglich Richtung Posen zu kommen. Wir schafften es bis Rogalin und besichtigten dort von außen ein schönes Schloss und dessen Parkanlage mit herrlichen alten Eichen. Dem größten Bestand an alten Eichen in gesamt Europa. Aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit waren wir die letzten und einzigsten Gäste im sehr sehenswerten Park. Und da wir auch die letzten auf dem Parkplatz waren, beschlossen wir einfach stehen zu bleiben und unsere erste Nacht als "Freisteher" zu verbringen.
Kilometerstand: 8162 km
Tagesetappe: 180 km
20.06.2015 Stadtbesichtigung Posen
Unsere erste Nacht als "Freisteher" verlief ausgesprochen erholsam. Ich hatte 09:52h Schlaf, davon 03:40h Tiefschlaf. Sagt zumindest Misfit, mein Aktivitätstracker auf der Pebble. Schön ist, dass auch Ulli und beide! Kinder mitziehen und nicht vorzeitig Aktivität an den Tag legen. So kam es dann, dass wir von den ersten Schlossbesuchern geweckt wurden und nach einem reichlichen Frühstück nach Posen gefahren sind.
Zuerst wollten wir nur einen kurzen Zwischenstop einlegen. Allerdings fand gerade ein Fest statt und die Tourist Information hatte sehr viele schöne Ideen. Speziell auch für Kinder. Also fuhren wir auf den nächsten Stellplatz und starteten zur Stadtbesichtigung. Posen ist sehr sehenswert. Für Marla statteten wir dem sehr kindgerechten Archäologischen Museum einen Besuch ab - hier gab es viel zum Anfassen und Ausprobieren. Es gab auch ein Kettenhemd zum anprobieren. Ich muss sagen, ich habe es hoffnungslos unterschätzt. Geschätzte 30-40 Kilo hoch zu heben ist schon nicht einfach. Aber anziehen? Mit massiver Hilfe von Ulli und Marla hatte ich es dann das Kettenhemd irgendwann mal an und es war einfach nur schwer. Wie konnten die nur damit kämpfen, wenn noch Rüstung und Waffen dazu kommen?
Sehr schön fand ich auch einen kleinen Trödelmarkt. Besonders hat es mir eine Löwenskulptur aus Messing angetan. Aber ich befürchte, damit hätten wir unser Gewichtslimit endgültig gerissen. Sehr beeindruckend waren auch die zahlreichen Kirchen und Trauungen.
Marla verkündete heute stolz, dass ihr erster Zahn wackelt. Da wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis die erste Zahnlücke sichtbar ist.
Kilometerstand: 8192 km
Tagesetappe: 30 km
21.06.2015 Ethnographischer Park, Gnesen, Strzelno
In Posen hatten wir uns einen 4-Sterne Zeltplatz gegönnt und wurden nicht enttäuscht. Daher habe ich heute morgen erst einmal ausgiebig, sehr heiß und mit reichlich Wasser geduscht. Nachdem wir dann noch entsorgt, frisches Wasser gebunkert und sogar unser Wohnmobil etwas waschen konnten, ging es auf nach Dziekanowice in den Ethnographischen Park. Aus ganz Polen und teilweise darüber hinaus wurden alte Bauernhäuser, drei Windmühlen und allerlei Gegenstände zusammengetragen, um ein möglichst vollständiges Bild längst vergangener Zeiten zu zeichnen. Während das Leben als Junker durchaus angenehm war, konnte man froh sein, kein armer Bauer oder gar Knecht zu sein.
Danach wollten wir eigentlich auf einen Stellplatz in Gnesen. Aber 55 Zloty für nichts ausser einer direkten Lage an einer viel befahrenen Bundesstraße waren dann doch ganz schön üppig. Also schauten wir uns nur die Kathedrale und etwas die Innenstadt an. Danach ging es weiter auf der Suche nach einem Stellplatz. Zum Schluss sind wir in Strzelno auf einem LKW Parkplatz gelandet. Aber immerhin konnten wir für 4,59 Zloty/l recht günstig tanken und stellten fest, dass unser Wohnmobil nur 9,9l/100km verbraucht hat. Und dass obwohl wir auch mit Diesel heizen!
Kilometerstand: 8305 km
Tagesetappe: 113 km
22.06.2015 Stadtbesichtigung Thorn
Leider verlief die Nacht nicht sonderlich gut. Der Lärm ankommender und abfahrender LKWs hat mich gegen 08:00 Uhr geweckt. Aber so hatte ich die Gelegenheit die anstehende Route zu plotten, den Frühstückstisch zu decken und das Wohnmobil auf die Abreise vorzubereiten.
Nachdem auch der Rest der Familie aufgestanden war und wir gefrühstückt hatten, konnten wir in Richtung Thorn starten. Erfreulicherweise war immer noch keiner aufgetaucht um die Parkgebühren zu kassieren und wir standen die letzte Nacht kostenfrei. Allerdings hoffe ich, dass wir jetzt nicht auf irgendwelchen Fahndungslisten stehen.
Im zweiten Anlauf haben wir auch den sehr schönen Stellplatz gefunden und konnten zur Stadtbesichtigung aufbrechen. Eigentlich lag zwischen uns und der Innenstadt nur der Fluss Weichsel. Allerdings ist die Brücke mit geschätzten 800m Länge die größte die ich je zu Fuß überschritten hatte. In der Altstadt angekommen waren wir umzingelt von Schulklassen, Trödel- und anderen Ständen und zahlreichen Bauten in Backsteingotik. Die Stadt ist ausgesprochen fahrradfahrerfreundlich. Es gibt zahlreiche breite Fahrradwege und stationäre Do-it-yourself Reparaturstationen. Da hat Erfurt noch großen Nachholbedarf.
Marla und ich haben dann noch eine Vorstellung im hiesigen Planetarium besucht. Eine sehr beeindruckende Vorstellung zum Makrokosmos, die einem die Bedeutungslosigkeit der eigenen Existenz vor Augen führte. Gerade noch rechtzeitig vor dem großen Regenguss erreichten wir wieder das Wohnmobil.
Kilometerstand: 8368 km
Tagesetappe: 63 km
23.06.2015 Ostroda
Geweckt wurde ich von Regentropfen die auf den Alkoven prasselten. Nach einer kurzen Diskussion haben wir den Entschluss gefasst, heute einen Fahrtag einzulegen und möglichst weit in Richtung Masuren zu fahren. Nach 2,5 Stunden Fahrt auf guten, aber vollkommen überlasteten polnischen Straßen haben wir es bis Ostroda geschafft. Der anvisierte kostenfreie Stellplatz musste scheinbar einer noblen Hotelanlage weichen. Aber Ulli fragte an der Rezeption des vier Sterne Hotels, ob wir auf dem Parkplatz stehen konnten. Das wurde erstaunlicherweise bejaht. Also haben wir uns ein schönes Plätzchen direkt in der ersten Reihe zum See gesichert und sind in die Stadt aufgebrochen. Diese hatte allerdings außer dem Spielplatz mit Outdoor-Trainingsgeräten sowie dem See nicht viel zu bieten.
Erwähnenswert ist noch, dass wir am Straßenrand Erdbeeren erworben haben, die noch nach traditioneller Art mit einer Waage mit Gewichten in 500g Schritten abgewogen wurden. Diese haben wir uns dann zum Abendbrot schmecken lassen und ich muss sagen, so leckere Erdberren hatte ich schon lange nicht mehr.
Kilometerstand: 8510 km
Tagesetappe: 142 km
24.06.2015 Olsztyn, Campingplatz Barczewo Tumiany
Trotz starken Böen und zeitweise Regen haben wir die Nacht wieder fantastisch geschlafen. Nach dem Frühstück sind Marla und ich zu einem gemütlichen Spaziergang auf der Suche nach einem Spielplatz aufgebrochen. Leider scheint es nur den einen zu geben und wir sind bei dem gleichen von gestern gelandet.
Danach ging es weiter nach Olsztyn. Ob es am Wetter oder an den zahlreichen Baustellen lag, die Stadt wirkte im Reiseführer interessanter als im wahren Leben. Immerhin haben wir von der Touristik Information eine Karte mit Campingplätzen erhalten. So ging es nach einer Stunde weiter und wir landeten auf einem sehr einsamen, aber idylischen Campingplatz an einem See in der Nähe von Barczewo Tumiany. Der Platz war so idyllisch, dass wir faktisch die einzigsten Gäste waren :-) Aber Marla genoss ihre erste Kanufahrt. Zumindest die ersten fünf Minuten, bis sie mich fragte wann es wieder zurück geht. Weiterhin haben wir die Gelegenheit genutzt und unsere Wäsche gewaschen.
Kilometerstand: 8585 km
Tagesetappe: 75 km
25.06.2015 Reszel (Rössel), Swieta Lipka (Heiliglinde), Wilczy Szaniecl (Wolfsschanze)
Leider hat über Nacht der Wind gefehlt und so mussten wir die Wäsche noch etwas feucht abnehmen. Zum Frühstück haben wir heute Brotscheiben und Brötchen in unserem Backofen getoastet. Das Ergebnis war mehr als zufriedenstellend und ich bin froh, dass wir einen Backofen haben. Nach dem Frühstück ging es nach Reszel. Zwar folgten wir den Schildern zu einem kostenpflichtigen Parkplatz, der war aber so eng, dass wir uns lieber kostenfrei an den Straßenrand gestellt haben. Anschließend ging es zur gotischen Peter-und-Paul-Kirche. Neben den beeindruckenden Netzgewölben und Altar, haben wir uns an die Besteigung des Turms gewagt. Eine Herausforderung für jeden mit Höhenangst und ich bin mir sicher, dass der Aufstieg niemals den Segen des deutschen TÜVs erhalten hätte. Aber die Aussicht entschädigte für vieles. Danach gönnten wir uns noch eine Führung durch die nahe mittelalterliche Bischofsburg. Unser jugendlicher Guide gabe sich reglich Mühe mit seinem Englisch und versuchte uns die interessanten Fakten zu vermitteln.
Danach ging es weiter zum Wallfahrtsort Swieta Lipka (Heiliglinde). Der Legende nach machte eine geschnitzte Marienfigur einen Blinden wieder sehend. Heute steht hier eine sehr prunkvolle Barockkirche, die in den letzten Jahren mit viel Geld komplett restauriert wurde. Besonders beeindruckt hat mich die wiederhergestellte Orgel mit beweglichen Figuren. Wir hatten das Glück, einer Orgelführung für eine Reisegruppe beizuwohnen zu können.
Weiter ging die Fahrt zur Wolfsschanze - Hitlers größtes Kriegsquartier und Schauplatz des fehlgeschlagenen Attentats durch Oberst Graf von Stauffenberg. Zwar wurden die Bunkeranlagen auf Geheiß Hitlers vor den anrückenden Russen gesprengt, aber trotz Einsatz von gigantischen Mengen an Sprengstoff konnte man die Bunkeranlage nur unzureichend zerstören. Auch heute noch beeindrucken die gigantischen Bauten aus Stahlbeton. Die Pflanzen haben viele der Bauten teilerobert. Da das Parkticket 24h gültig ist und es auf dem Zelt-/Campingplatz sogar Strom gibt, beschlossen wir die Nacht hier zu verbringen.
Kilometerstand: 8672 km
Tagesetappe: 87 km
26.06.2015 Gizycko (Lötzen), Elk (Lyck)
Um frische Brötchen zu holen, steuerten wir heute morgen einen TESCO Supermarkt an und frühstückten ausgiebig auf dem Parkplatz. Danach starteten wir in Richtung Gizycko (Lötzen). Dort angekommen, gestaltete sich die Suche nach der Innenstadt eher schwierig und wir entschieden uns, gleich weiterzufahren. Lustige Geschichte am Rande: Heute scheint es Zeugnisse in Polen gegeben zu haben. Überall liefen junge, glückliche Menschen, ganz schick angezogen, mit wichtigen Dokumenten in Klarsichthüllen rum. Allerdings saß auch der eine oder andere eher betrübt auf den zahlreichen Bänken.
Weiter ging es nach Elk (Lyck) direkt auf den Stellplatz für diese Nacht. Mit etwas Glück hatten wir den letzten offiziellen Stellplatz ergattert. Anschließend sind wir zu einer Stadtbesichtigung aufgebrochen. Beeindruckend ist die große Anzahl sehr gut ausgestatteter Spielplätze. Im lokalen Kulturzentrum erlebten wir ein internationales Folklore Fest. Marla hatte die Chance genutzt und sich schminken lassen. Die jungen Damen am Schminkstand übten mit ihr und uns ein wenig Deutsch. Weiterhin sahen wir in der Stadt eine schöne Kirche, besuchten den hochmodernisierten Bahnhof mit dem Gleisbereich für eine Schmalspurbahn und Ulli ergatterte endlich in einem tradionellen Obst- und Gemüsegeschäft ihre geliebten Kirschen. Für Marla und mich gab es herrliche Himbeeren. Es war ein wunderschöner Nachmittag in Elk. Am zeitigen Abend haben wir unsere letzten Zloty für Lebensmittel ausgegeben - der Restbestand in unseren Geldbörsen beträgt 2,33 Zloty in Münzen. Ab morgen werden wir wieder Euros gebrauchen, denn es geht nach Litauen. Polen werden wir in den nächsten Jahren sicherlich wieder besuchen.
Kilometerstand: 8770 km
Tagesetappe: 98 km
27.06.2015 Druskininkai
Heute sind wir 11:30 Uhr mit Komplettprogramm (Frühstück, Staubsaugen, Entsorgung Toilette und Grauwasser) gestartet. Die relative große Etappe fuhr sich gut. Der blaue Himmel, die Schäfchenwolken und unzähligen Störche waren toll. Doch kurz vor der Grenze mussten wir einer Umleitung folgen. Der Straßenzustand war dann so schlecht, dass wir mit maximal 30 km/h fahren konnten und wollten. Gegen 13:30 fuhren wir vorbei an den stillgelegten Grenzkontrollgebäuden. Die ersten Ortschaften in Litauen wirkten durch viele verlassene Häuser erst einmal trostlos. Doch dann haben wir einen überaus guten ersten Eindruck vom Land gewonnen. Wir pausierten an einem Aussichtsturm (EU-Mitteln sei Dank) und genossen den Blick ins Land. Die Wasserqualität des Sees war so gut, dass man problemlos auf den Grund sehen konnte. Auch sind überall Übernachtungsmöglichkeiten für Zelte und Wohnmobile ausgeschildert. Dann diskutieren Ulli und ich über unsere Ankunftszeit am Campingplatz, bis sich herausstellte, dass wir eine Stunde Zeitverschiebung in Litauen haben. So eine wichtige Information entgeht einem, wenn sich die Uhren (Pebble und Navi) automatisch umstellen.
In Druskininkai steuerten wir einen Campingplatz für die erste Nacht an. Der gegenüberliegende Park bot uns am späten Nachmittag noch einiges. Marla konnte sich auf dem Spielplatz austoben und wir alle nutzen wieder die Outdoor-Fitnessgeräte. Interessant war ein elektronisches Mannschaftsspiel. Die Mannschaft, die in der vorgegebenen Zeit die meisten blinkenden LED Buttons austritt, hat gewonnen. Der gesamte Park war überaus beeindruckend.
Ganz witzig sind die Preise, auf die wir in Litauen stoßen. Seit 01.01.2015 gibt es hier den Euro. Die Preise werden sehr exakt umgerechnet. So haben wir heute für den Campingplatz eine Gebühr von 22,28 €, Ullis Esssen kostete 3,21 € und ein Glas Saft 0,72 €.
Kilometerstand: 8934 km
Tagesetappe: 164 km
28.06.2015 Grütas "Stalin Park", Vilnius
Da heute Sonntag war, und wir eh nichts im Wohnmobil hatten, sind wir dekadent Frühstücken gegangen. Eigentlich wollten wir uns die Innenstadt von Druskininkai anschauen. Da wir aber weder einen Parkplatz gefunden, noch interessante Sehenswürdigkeiten gesehen haben, ging es weiter nach Grütas. Ein einheimischer "Pilzmillionär" hat eine illustre Mischung aus Vergnügungspark, Zoo, Museum und Erinnerungsstätte an die Sowjetzeit geschaffen. Dazu hat er unter anderem alte Statuen von Lenin und anderen Sowjetgrößen zusammengetragen. Das ganze sollte auch irgendwie an die Erfahrungen seines Vaters und dessen Aufenthalt in einem Gulac erinnern. Inklusive Transport im Viehtransporter der Eisenbahn. Alles sehr, sehr skurril. Aber auch interessant und mit einem gewissen Erinnerungswert belegt.
Danach wollten wir uns eigentlich einen schönen Stellplatz an einem See suchen, allerdings fanden wir einfach nichts Passendes und sind dann schon in Vilnius gelandet, auf einem Mixed Parkplatz direkt in der Innenstadt. Damit haben wir einen idealen Ausgangspunkt für morgen.
Kilometerstand: 9077 km
Tagesetappe: 143 km
29.06.2015 Stadtbesichtigung Vilnius, Trakai
Dank unseres sehr zentral gelegenen Parkplatzes konnten wie direkt zu Fuß zur Stadtbesichtigung aufbrechen und waren nach wenigen Minuten mitten im Trubel. Was uns schon mehrfach aufgefallen war, die Parks und Grünflächen sind sehr gepflegt, die Wege sauber und irgendwie wirkte alles freundlich.
Vilnius selber präsentiert sich als moderne Metropole mit Glas-Stahl Palästen und Hochhäusern, hat aber auch eine sehr idyllische Altstadt mit vielen Sehenswürdigkeiten und Kirchen. Dabei kann man durchaus Überraschungen erleben. Beispielsweise fanden wir einen beeindruckenden griechischen Tempel, der sich von innen als Kirche entpuppt. Nach dem obligatorischen Pflichtprogramm sind wir in einen Park auf der Suche nach einem Spielplatz gegangen. Wie bereits auch in Polen zeigte sich, dass die Spielplätze hervorragend ausgestattet und von hoher Qualität sind.
Marlon hat die Stadtbesichtigung im Kinderwagen verschlafen. Zum Stillen nutzen wir häufig eine gemütliche Bank bei den Spielplätzen oder die Cafés, in denen wir uns eine Kleinigkeit gönnen. Bei unserer Weiterfahrt nach Trakai wurde Marlon unruhig. Als ich dann seine Füßchen ausgepackt hatte, war er die restliche Fahrt quietschvergnügt.
Da es noch recht zeitig war, beschlossen wir noch nach Trakai zu fahren. Der dortige Campingplatz verlangte aber 22,50€ die Nacht. Daher sind wir ein/zwei Buchten weiter gefahren und standen dann die Nacht an einer sehr idyllischen Badebucht frei. Apropos Badebucht: Nach dem Fuß-Temperatur-Test war Marla heute in einem unglaublich sauberen See baden.
Kilometerstand: 9111 km
Tagesetappe: 34 km
30.06.2015 Besichtigung Burg in Trakai, Kaunas
Kleiner Nachtrag zu gestern Abend: Unsere Kinder waren Ortszeit 20:30 Uhr (in Deutschland 19:30) im Bett. Haben wir uns gefreut. Freude währte nur kurz: Irgendwie hat es bei keinem an diesem Abend mit Einschlafen gut geklappt. ;-)
Wir haben sehr gut geschlafen. Ich nutzte heute morgen wieder unsere Borddusche und bin so froh, dass wir eine richtige Dusche im Mobil haben. Wir starteten mit einem Stopp beim Supermarkt und frühstückten nach dem Einkauf gemütlich direkt auf dem Parkplatz. Dann wollten wir endlich die Burg Trakai sehen. Bereits der Zugang zur Burg über die Brücke ist beeindruckend. Auch das Burginnere ist sehr sehenswert, auch wenn sie nahezu komplett aus Ruinen rekonstruiert wurde.
Nach der Besichtigung kehrten wir ein und gönnten uns einen Mittagssnack. Besonders lecker waren die gebratenen Brotstückchen in Käsesoße. Die gemütliche Restaurantterrasse nutzten wir auch für Marlons Mahlzeit.
Schließlich stiegen wir noch einmal für eine 45-minütige Fahrt ins Womo. Wir haben uns einen verkehrsgünstig gelegenen Stellplatz ausgesucht. Marla eroberte gleich das Trampolin und stieg später mit Ulli in den Swimmingpool. Marlon und mir war selbst der Poolbesuch mit den Füßen zu kalt.
Kilometerstand: 9203 km
Tagesetappe: 92 km
01.07.2015 Kanaus, Klaipeda
Leider begann der Tag nicht sehr gut. Die Nacht war kurz, da der Stellplatz direkt neben der Autobahn lag. Zum Duschen war kein warmes Wasser mehr da und das Befüllen unseres Wassertanks dauerte eine halbe Ewigkeit. So ging es weiter. Der aufgesuchte Supermarkt war nicht nur sehr teuer, sondern auch extrem unkonventionell sortiert. Nach einer halben Stunde hatten wir gerade mal Windeln, Rasierwasser und drei Tiefkühlpizzas im Einkaufskorb. Danach ging es weiter in die Innenstadt von Kaunas, die wir aber treffsicher verpasst haben. Aber ab diesen Moment ging es aufwärts. Die Innenstadt entpuppte sich dann doch noch als sehenswert und endlich gab es auch etwas zu essen! Abschluss der Stadtbesichtigung bildete wieder einmal ein Spielplatzbesuch.
Leider stand am Nachmittag noch ein 250km! Ritt nach Klaipeda auf dem Programm. Zwar war die Straße durchaus Autobahn ähnlich und in einem guten Zustand, aber die Fahrt war trotzdem extrem anstrengend. Marlon war nahezu durchweg munter und vergnügt. Marla schrieb ! alles auf, was wir unterwegs sahen. Allerdings entschädigte der Stellplatz hinter den Dünen und die Füße in der 17° warmen Ostsee für vieles.
Kilometerstand: 9441 km
Tagesetappe: 238 km
02.07.2015 Kurische Nehrung
Nach einer sehr guten Nacht sind wir beizeiten aufgebrochen um einen Supermarkt zu finden, unsere Vorräte aufzufüllen und zu frühstücken. Anschließend ging es zum Hafen und wider Erwarten haben wir die Fähre gefunden und die Überfahrt zur Kurischen Nehrung sehr gut gemeistert. Zwar sind für die 7-minütige Überfahrt 30 € fällig, aber immerhin ist die Rückfahrt inkludiert. Nach einigen Kilometern wurden dann noch 20 € für den Eintritt in den Nationalpark fällig.
Im ersten Ort Juodkrante haben wir eine Pause eingelegt und auf einer ausgiebigen Waldspaziergang zahlreiche Holzstatuen aus der Märchen- und Sagenwelt in Augenschein genommen. Kurz darauf trafen wir die Schwiegereltern, die ebenso auf der Nehrung ein paar Tage ihrer Baltikumreise verbringen wollten. Leider gab es in der Nähe ihrer Pension keine Parkmöglichkeit und auf dem Campingplatz für 35 € die Nacht wollten wir nicht. Aber nach einem kurzen Gespräch mit einem anderen Wohnmobilfahrer fanden wir dann einen fantastischen Stellplatz auf einem Parkplatz direkt am Meer inkl. Sonnenuntergang.
Kilometerstand: 9507 km
Tagesetappe: 66 km
03.07.2015 Nida
Heute waren wir für halb elf mit den Schwiegereltern zu einer Stadtrundführung durch Nida verabredet. Bei unserem aktuellen Lebensrhytmus eine echte Herausforderung. Aber mit etwas Glück haben wir sogar einen Parkplatz nahe des Stadtzentrums gefunden und waren halbwegs pünktlich. Allerdings musste das Frühstück sehr kurz und knapp ausfallen. Die Führerin sprach sehr gut Deutsch und überzeugte mit detailiertem Hintergrundwissen. So erklärte sie uns die Bedeutung der einzelnen Elemente der Bootsflaggen. Natürlich durfte auch der Besuch des Bernsteinmuseums und des Thomas Mann Hauses nicht fehlen. Nach einem ausgezeichneten Lunch haben wir noch die Parnidzio-Düne besucht. Neben der Natur hat mich besonders die Größe und Detailiertheit der Sonnenuhr beeindruckt.
Beim abschließenden Eisessen hat dann Marla ihren ersten Zahn verloren. Zum Glück ohne irgendwelche Schmerzen oder Komplikationen. Da die Uhrzeit bereits sehr fortgeschritten und der letzte Stellplatz ausgezeichnet war, beschlossen wir wieder auf diesen zurückzufahren. Marlon hat heute nahezu den ganzen Tag geschlafen, entweder im Kinderwagen beim Stadtrundgang oder im Tragegestell bei der Dünenwanderung.
Kilometerstand: 9537 km
Tagesetappe: 30 km
04.07.2015 Preila, tote Dünen, Delphinarium
Heute wurde Marlon 3 Monate alt und er wächst und gedeiht prächtig. Unser Teamevent verfehlt seine Wirkung nicht. Das Zusammenspiel von Marla und Marlon klappt wunderbar und unsere Reise ist einfach nur traumhaft.
Nachdem es heute sogar wieder Frühstück gab, ging es an den Strand. Mit Marla habe ich eine schöne Kleckerburg gebaut und gegen die Fluten verteidigt. Nach fast 2 Stunden wurde es uns zu heiß uns wir sind aufgebrochen, langsam aber sicher in Richtung Norden, zur Fähre zu fahren. Zuerst statteten wir dem Örtchen Preila noch einen Besuch ab. Allerdings gab es mit Ausnahme des Spielplatzes nichts Nennenwertes zu sehen. Nachdem Marla sich ausgetobt hat und Marlon satt war, ging es weiter in Richtung "tote Dünen". Zwar konnten wir auf dem Erkundungspfad die Schönheit der Natur bewundern, allerdings war die Wanderung aufgrund der Temperaturen und Sonne kein Zuckerschlecken. Als dann auch noch der Holzpfad endete und wir barfuss durch den heißen Sand stapften, war es wirklich eine Tortur. Aber der Ausblick zum Schluss auf beide Seiten der Nehrung entschädigte für vieles. Zum Glück hatte ich den Schirm der Sparkasse Erfurt mit (Danke Ines!) und konnte so Marlon und mir Schatten spenden.
Danach haben wir noch einmal in Juodkrante für eine Eis angehalten und es uns im Park auf der Picknickdecke gemütlich gemacht. Nach kurzer Rücksprache mit der Tourist-Information beschlossen wir, dem Delphinarium im Norden der Insel einen Besuch abzustatten. Die Vorstellung war sehr beeindruckend und hat uns allen sehr gefallen. Schlafen haben wir dann auf dem Parkplatz des Delphinariums. Damit werden wir vier Tage in Folge ohne Probleme freigestanden haben. Die Batterie reicht allemal aus, Wasser haben wir noch reichlich und selbst die Toilette ist noch nicht voll. Allerdings wollen wir morgen auf einen Zeltplatz mit Waschmaschine fahren, unsere Schmutzwäschetüte passt nicht mehr in den Schrank.
Kilometerstand: 9583 km
Tagesetappe: 46 km
05.07.2015 Campingplatz nördlich von Klaipeda
Leider war die Nacht auf dem Parkplatz des Delphinariums sehr unruhig. Auf dem nahen Hafengelände wurde die ganze Nacht lautstark irgendwas verladen. Trotzdem haben wir es geschafft, von den heranströmenden Touristen gegen 10:00Uhr geweckt zu werden. Nach einem nahrhaften Müsli zum Frühstück ging es los in Richtung Fähre. Wir waren kam angekommen, sollten wir auch schon aufs Schiff fahren und noch ehe die Handbremse angezogen war, legte es auch schon ab. Die hatten es wirklich eilig.
Zurück in Klaipeda suchten wir einen Supermarkt, um unsere Vorräte aufzufüllen und weiter ging es auf der Suche nach einem Campingplatz. Nach vier Tagen freistehen wollten die Akkus geladen werden, Wasser gebunkert und vor allem mussten wir wieder einmal Wäsche waschen. Der erste Campingplatz auf unserem Weg war nicht nur teuer und sehr voll, sondern bot Wlan nur im Hauptgebäude an. Aber wenige Kilometer weiter hatten wir mehr Glück. Zwar war auch dieser sehr voll (langes Wochenende wegen Nationalfeiertag), bot aber immerhin Wlan. Außerdem wollten wir nicht mehr lange weiterfahren. Hier hatten wir dann auch das erste Mal die Gelegenheit, unsere Markisse auszufahren und unsere Stühle auszupacken. Zur Begrüßung lief dann noch ein Storch ca. 5 m von uns entfernt entlang.
Leider bemerkte ich irgendwann, dass unser Markisentuch einen ca. 1cm langen Riss am Rand hat. Keine Ahnung wo der her kommt. ich habe ihn erst einmal mit dem Universal-Textilklebeband von beiden Seiten beklebt. Da die silberne Farbe sehr ähnlich dem des Tuchs ist, fällt es nicht einmal auf. Hoffen wir das es hält und nicht weiter einreißt. Zur Kontrolle habe ich jedenfalls eine farbliche Markierung hinterlassen.
Nachdem die erste Ladung Wäsche auf der Leine trocknete und die zweite sich lustig in der Maschine drehte, gingen wir an den Strand. Leider handelte es sich um eine Steilküste und der Abstieg war nicht einfach. Das Wasser war zwar relativ warm, aber die vielen Algen und der leichte Ölteppich trübten das Vergnügen empfindlich.
Zum Abendbrot haben wir uns Schaschlick mit Reis und einer pikanten Soße gekocht. Es war einfach nur ein Gedicht.
Kilometerstand: 9607 km
Tagesetappe: 24 km
06.07.2015 Palanga, Plateliai-Nationalpark
Zwar hatten wir ins Auge gefasst, zwei Tage auf dem Zeltplatz zu bleiben, aber der Wetterumschwung mit drohendem Dauerregen machten die Entscheidung leicht. So haben wir nur noch Wasser gebunkert und sind in Richtung Palanga aufgebrochen. Bei der Ankunft kam uns eine nicht endende Blechlawine entgegen, dass man den Eindruck gewinnen konnten die Stadt wird evakuiert. Verstärkt wurde der Eindruck durch Polizisten auf den Kreuzungen, die den Verkehr regelten, natürlich ohne dass die Ampeln deaktiviert wurden. Zur Erklärung, Palanga ist faktisch das Malle des Ostens und ein Großteil des Partyvolkes muss morgen wieder arbeiten. Wir sind dann im Regen etwas über die Partymeile gepilgert, haben eine Kirche besucht und sind dann aber nach knapp 2h weiter gefahren.
Die Nacht wollten wir auf einem Parkplatz im Plateliai-Nationalpark verbringen. Direkt nach unserer Ankunft hat uns eine Litauer (der aber bereits seit 20 Jahren in Deutschland lebt) angesprochen und auf ein Schachlick eingeladen. Nachdem wir den hiesigen Yachthafen bewundert hatten, sind wir der Einladung auch gern nachgekommen und haben uns trotz Sprachbarrieren gut amüsiert. Außerdem sind wir so noch zu einem Brätel gekommen und mussten nicht selber kochen. Schließlich haben wir heute Abend sogar noch Sonne und blauen Himmel. Das verschönert den Blick auf den See ungemein.
Kilometerstand: 9694 km
Tagesetappe: 87 km
07.07.2015 Zverincius Tierpark, Berg der Kreuze, Pilsrundale (Lettland)
Heute morgen haben wir bei kühlen 15° das erste Mal nach langer Zeit wieder die Webasto Heizung anwerfen müssen. Spätestens beim Aufbacken der Brötchen war es dann wieder kuschelig warm im Wohnmobil und wir konnten in Ruhe frühstücken. Danach ging es Richtung Osten und nach etwa 50 Kilometern haben wir die erste Pause beim Zverincius Tierpark gemacht. Der Park wurde von einem ehemaligen Wolfsjäger aufgebaut und beherbergt Wölfe, Luchse aber auch gestrandete Zirkustiere. Für den dortigen Wunschbaum haben wir noch ein Band gebastelt mit 2 Plastikschleifen für jedes Familienmitglied. Leider wissen wir nicht, was sich Marlon gewünscht hat.
Danach ging es weiter in Richtung Berg der Kreuze. Nach weiteren 70 Kilometern waren wir am Ziel und wollten eigentlich auf dem Parkplatz auch übernachten. Allerdings hat sich die Schranke nicht geöffnet. Also haben wir erstmal auf dem Randstreifen geparkt und haben uns den "Berg" angeschaut. Obwohl es Hügel besser getroffen hätte muss man sagen, dass es sehr beeindruckend war. Es müssen hundertausende Kreuze sein, die im Laufe der Zeit hier aufgehäuft wurden. Auch ein Blick in die Geschichte ist sehr interessant. Zu Sowjetzeiten wurde der Berg regelmäßig dem Erdboden gleich gemacht. Aber die Litauer wollten sich ihren Glauben nicht nehmen lassen und so dauerte es jedesmal nicht lange, bis wieder eine beeindruckende Anzahl von Kreuzen beisammen war.
Gegen 17:00Uhr waren wir fertig und es stellte sich die Frage, wie es weitergehen soll. Die Aussicht auf dem nackten zugigen Parkplatz ohne alles die Nacht zu verbringen war nicht sehr verlockend. So beschlossen wir weiterzufahren. Diesmal haben Marla und ich gegen Ulli das Spiel Autobingo gewonnen. Und so landeten nach weiteren kurzweiligen 80 Kilometern ganz in der Nähe von Schloss Pilsrundale, unserer ersten Station in Lettland. Da es bereits reichlich spät war, sind wir essen gegangen (gut und günstig) und dürfen dafür auf dem Restaurant-Parkplatz übernachten.
Kilometerstand: 9899 km
Tagesetappe: 205 km
08.07.2015 Schloss Ruhenthal, Naturpark Tervete
Gleich nachdem wir von Reisebusen geweckt und gefrühstückt haben, starteten wir zu einer sehr sehenswerten Schlossbesichtigung. Besonders beeindruckend war, dass neben den obligatorischen Räumen wie goldener Saal, grünes Zimmer usw. auch die Privatgemächer renoviert und hergerichtet wurden, inkl. möglichst authentischer Möbel und Einrichtungen. Zwar soll auch der Park sehr schön sein (ursprünglich wurden mehr wie 17000 Linden gepflanzt und er folgt streng geometrischen Mustern), aber den kostenpflichtigen Besuch haben wir uns dann doch geschenkt.
Weiter gings nach Tervete über 50 km bugeliger Hoppelpiste, dass man Angst um das Geschirr haben muss. Aber der unglaublich liebevoll gestaltete Naturpark entschädigt für vieles. Besonders für Kinder gibt es sehr viel zu entdecken. Egal ob Zwerge, Hexen, Pilze, Fabeltiere oder einfach nur schöne Spielplätze. Die Stunden vergingen wie im Fluge. Der große Spielsplatz am Ende unserer Tour bot tolle Balancier- und Kletterstrecken. Ulli und ich haben uns persönlich davon überzeugt. Marla war kaum zu überreden den Park zu verlassen.
Marlon genoss auf dem Spielplatz seine spätnachmittägliche Mahlzeit und lag auf unseren Schoß bäuchlings. Seit ca. 3 Tagen sabbert er ungemein und knabbert mit seiner Kauleiste gern auf allen möglichen Dingen rum - da kündigen sich wohl die Zähne so langsam an.
Etwas amüsant ist auch die Stellplatzfrage. Biegt man rechts ab, steht man für 10€ die Nacht inkl. Strom. Kein schlechter Tarif. Biegt man aber auf den Parkplatz links ab, steht man kostenlos inkl. Strom. Ich habe es nicht verstanden, aber da es bereits so im Reiseführer steht wird es schon länger so sein. Na mir soll es recht sein. Zumal sich links noch ein paar Wohnmobile dazugesellt haben.
Kilometerstand: 9949 km
Tagesetappe: 50 km
09.07.2015 Liepaja
Aufgrund des zeitweisen Regens haben wir beschlossen, einen Fahrtag einzulegen und direkt nach Liepaja zu fahren, zumal die Aussicht auf bessere Straßen - eigentlich mussten wir nur die A9 entlangfahren - sehr verlockend war. Wir haben dann aber doch 2,5h für 175 km gebraucht. A9 steht hier nicht für Autobahn sondern für eine mittelmäßig ausgebaute Landstraße.
In Liepaja haben wir uns dann auf die Suche nach Noten begeben. In regelmäßigen Abständen in den Boden eingelassene Noten weisen einem den Weg zur nächsten Sehenswürdigkeit. Zusammen mit einem Stadtplan und Hintergrundinformationen aus der Tourist Information ein sehr pfiffiges System. Besonders gefallen hat uns der Markt und der Strandpark. Apropos Strand: Ulli konnte ihre Sandsammlung erweitern, denn hier gibt es den wohl feinsten und weißesten Ostseesand.
Danach waren wir noch in einem Hypermarket, um unsere Vorräte aufzufüllen.
Kilometerstand: 10124 km
Tagesetappe: 175 km
10.07.2015 Pavilosta
Nahezu die ganze Nacht hatte es geregnet. Wir starteten heute ganz gemütlich in den Tag. Kurz vor unserer Abfahrt gesellte sich noch ein Wohnmobilist zu uns. So etwas ist nicht ungewöhnlich, denn "Gleich und Gleich gesellt sich gern". Und so werden Stellplatz- und Routentipps ausgetauscht. (Dieser Wohnmobilist stand mit uns einen Tag vorher in Tervete.)
Danach ging es nach Karosta, einem Stadtteil von Liepaja und ehemaligen sowjetischen Kriegshafen. Der Gegend war deutlich anzusehen, dass sie zeitweilige als Kaserne benutzt wurde und die besten Tage schon lange hinter ihr lagen. Inmitten dieses Ghettos lag dann ein goldener Hoffnungsschimmer in Form einer russisch-orthodoxen Kuppelbau-Kirche. Diese fasziniert nicht nur durch ihre auf 4 Bögen ruhenden Kuppelbau, sondern auch ihrer ungewöhnlichen Einrichtung. Im Reiseführer fand sich die Erklärung. Die Kirche wurde zeitweilig auch als Ballsaal und Sporthalle genutzt.
Anschließend ging es Richung Pavilosta. Ein neuer Fall von TKKG half uns die Fahrzeit zu überbrücken. Der der Regen immer noch nicht an Intensität verloren hatte, kehrten wir erstmal im lokalen Cafe ein.
Heute stehen wir in der Marina. Wir haben einen tollen Blick auf das tobende Meer. Am späten Nachmittag hatte der Regen dann auch mal aufgehört. Wir machten uns auf den Weg zur Hafenmole. Trotz aller Vorsicht dauerte es nicht lange und Marla, Marlon und ich waren nass. Nur Ulli hatte Glück.
Kilometerstand: 10197 km
Tagesetappe: 73 km
11.07.2015 Kuldiga
Trotz des starken nächtlichen Regens haben wir fantastisch geschlafen. Zum Frühstück gab es Müsli (wir verfügen inzwischen über eine ansehnliche Sammlung verschiedenster Müslis) und sogar die Sonne lies sich blicken. Danach war es an der Zeit, unser Wohnmobil wieder einmal auf Vordermann zu bringen und gründlich zu reinigen.
Gegen Mittag sind wir dann auf das "Fishermen's Day" Fest in Pavilosta gegangen. Neben einigen lokalen Spezialitäten wurde natürlich auch jede Menge Nippes angeboten. Marla hat sich über die Hüpfburgen gefreut. Nicht schlecht für einen kleinen Ort.
Am Nachmittag ging es dann nach Kuldiga. Diese kleine Stadt gilt mit ihren Holzbauten als eine der schönsten Orte Lettlands. Mindestens 4 Hochzeitspaare haben wir heute Nachmittag hier gesehen. Wir schlenderten weiterhin zum breitesten Wasserfall Europas (wir denken allerdings, dass es in Island breitere Wasserfälle gibt, außerdem hat er stellenweise eher die Ausmaße einer Stromschnelle) und über eine schöne Backsteinbrücke zu einem netten Restaurant. Nun stehen wir auf einem öffentlichen Parkplatz und sind gespannt, wie lebhaft der Stellplatz heute Nacht bzw. morgen früh sein wird. Aber scheinbar haben wir wieder zuverlässig den örtlichen Jugendtreff gefunden :-)
Kilometerstand: 10265 km
Tagesetappe: 68 km
12.07.2017 Ventspils
Obwohl wir auf dem Jugendtreffpunkt standen, war es dann irgendwann sehr ruhig und wir haben sehr gut geschlafen. Zum Frühstück ging es wieder zu Maxima auf den Kaufhallenparkplatz und so hatten wir warme Brötchen. Frisch gestärkt ging es über knapp 60 Kilometer nach Ventspils. Die knapp einstündige Fahrt hat uns ein Hörspiel von TKKG verkürzt.
Ventspils hat den Ruf, eine Blumen- und Brunnenstadt zu sein. Und das nicht ohne Grund. Überall sind kleine Parks oder Skulpturen aus Blumen angelegt. Alles wirkt sehr bunt, großzügig und freundlich. Nach einem kurzen Fußmarsch waren wir auf dem Markplatz gelandet, haben das Glockenspiel um 12:00 Uhr genossen und uns für 1,50 € eine Schachtel unglaublich leckere Himbeeren gegönnt. Leider haben wir uns dann von einem Wegweiser ins Boxhorn jagen lassen und sind fast 1 Stunde im Kreis gelaufen. Doch irgendwann waren wir dort, wo wir hin wollten: an der Hafenpromenade. Dort erfreuten wir uns mehrerer kunstvoll gestalteter Kuh-Plastiken. Alles in allem ist die Stadt unglaublich fahrrad- und Kinderfreundlich. Es gibt praktisch überall Fahrradwege und sehr viele Spielplätze. Auf zweien davon haben wir dann den restlichen Nachmittag verbracht und Marla konnte sich richtig austoben.
Danach ging es weiter nördlich zu einem Parkplatz am Strand, auf dem wir die heutige Nacht verbingen werden. Der Strand hier ist wieder sehr schön. Trotz frischer 19° Lufttemperatur gab es einige Badende. Uns reichte ein Fußbad.
Kilometerstand: 10347 km
Tagesetappe: 82 km
13.07.2015 ältester Leuchtturm Lettlands, Naturlehrpfad im Moor, Kolka
Dank Wochenbeginn blieb unser Parkplatz leer und ruhig. Nachdem wir ausgeschlafen hatten, gab es Müsli zum Frühstück und einen ausgedehnten Strandbesuch. Es ist ein erhabenes Gefühl, soweit man blicken kann der einzige am Strand zu sein.
Danach ging es weiter zur Besichtigung des ältesten Leuchtturms in Lettland. Trotz GPS Koordinaten haben wir das Kunststück fertig gebracht und konnten den Leuchtturm einfach nicht finden. Da so ein Turm erfahrungsgemäß nicht gerade klein ist, kann man schon mal an sich zweifeln. Jedenfalls hatten wir nach einer halben Stunde Sucherei zu Fuß die Hoffnung aufgegeben und wollten zurück fahren, als uns ein braunes Schild doch noch den richtigen Weg wies. Der Leuchtturm von 1814 und das angeschlossene Museum waren ein echtes Erlebnis.
Weiter ging es auf einen verschlafenen Parkplatz, der Ausgangspunkt für einen Lehrpfad durch ein Moor. Neben der wunderschönen Landschaft aus Kiefernwälder, Farnwiesen und jede Menge Blumen beeindruckt besonders, dass dies alles auf ehemaligen Sanddünen gewachsen ist. Da es an allen Ecken köstliche Waldblauberren gab, haben Marla und ich die Gelegenheit genutzt und ein paar zum Nachtisch geplückt.
Danach ging es weiter zum Kap Kolka zu einem sehr ruhigen Parkplatz. Dieser ist nicht nur ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen sondern eignet sich auch zur Übernachtung. Hier haben wir noch einen Aussichtsturm erklommen und den herrlichen Strand besucht. Baden ist hier allerdings auf Grund der Strömungen verboten. Zum Abendbrot gab es heute tradionelles lettischens Roggenbrot und die besagten Blaubeeren. Hm lecker.
Kilometerstand: 10444 km
Tagesetappe: 97 km
14.07.2015 Kap Kolka, Naturpark
Heute morgen sind wir auf einem Kiefernlehrpfad in Richtung Kap Kolka aufgebrochen. Da die Schilder ausschließlich in Lettisch waren, haben wir den Pfad bald verlassen und sind muschel- und bernsteinsuchend am Strand entlang gewandert. Am Kap angekommen konnten wir sehr schön die Kreuzsee beobachten und verstehen, warum hier baden streng verboten ist. Oder wie eine alte Frau uns gestern beim Blaubeerpflücken berichtet hat, vor zwei Jahren ist ein Schwede mit seinen beiden Kindern dort schwimmen gewesen...und sie schwimmen immer noch.
Danach ging es motorisiert weiter in Richtung Riga, immer der Küste entlang. Unser erster Stop war an einem Strand, der übersät mit Findlingen war. Hier hatte offensichtlich die letzte Eiszeit Halt gemacht und die Findlinge hinterlassen.
Weiter ging es und nach einem Tankstop (1,12 €/l, Verbrauch 9,8 l/100km ) war unser nächster Halt in einem Naturpark. Hier wurde, neben vielen weiteren Attraktionen, ein 2,6 km langer Barfußpfad angelegt. Und der war ein echtes Erlebnis. Neben den üblichen Hinternissen wie Kies, Sand, Schotter, Tannenzapfen usw. gab es auch viel Ungewöhnliches. Glasscherben, Hinternissparcour mit Baumstämmen, ein Bachlauf und mein Favorit, Glasmurmeln. Es war ein sehr eigenartiges Gefühl auf sich bewegenden Objekten zu laufen. Nach einer Stunde hatte dann Marla etwas Pech, vielleicht hat auch die Konzentration nachgelassen. Jedenfalls ist sie mit einem Fuß in eine Spalte zwischen zwei Brettern gestürzt. Zum Glück ist außer ein paar Abschürfungen nicht viel passiert. Aber der Schreck war groß. Umso beeindruckender war, dass Marla nach ein paar Tränen wieder aufstand, sich den Staub abklopfte, die Krone zurecht rückte und weiter ging. Erstaunlich war auch Marlon. Meistens hat er interessiert geschaut oder geschlafen. Nur bei einigen Kletterpassagen, wenn das Tragegestell zu weit aus dem Lot geriet, hat er sich festgekrallt und einen kritischen Blick geworfen.
Leider konnten wir hier nicht die Nacht verbringen, aber 20 km weiter gab es den nächsten Naturpark mit einem großen Parkplatz.
Kilometerstand: 10584 km
Tagesetappe: 140 km
15.07.2015 Aquapark, Jurmala
Direkt nach dem Aufstehen und Frühstücken, also gegen 11:00 Uhr :-), sind wir nach Jurmala in den Aquapark gefahren. Laut unserem Reiseführer das größte Freizeitbad im Baltikum. Vorher wurde aber noch an der Stadtgrenze 2 € Citymaut fällig. Das war mit, abgesehen von der Innenstadt von London, vollkommen unbekannt.
Im Park angekommen musste ich erst einmal über die Preise staunen. 25 € für einen Erwachsenen, 5 € für Marla und selbst Marlon schlug mit 3 € zu Buche. Macht 58 €. Für einen 4 Stunden Besuch wohlgemerkt. Die sehr selbstbewussten Preise wecken natürlich Erwartungen an ein außergewöhnliches Erlebnis wie im Jahr 2000 im Wild Wadi in Dubai, als man keine schweren, aufgeblasenen Ringe nicht endenwollenden Treppen hochwuchten musste, sondern mittels Wasserdruck hochgespült wurde. Leider folgte die Ernüchterung auf den Fuß. Zwar war es ganz nett gemacht, aber definitiv ohne Alleinstellungsmerkmal. Trotzdem haben wir die Zeit sehr genossen und hatten unseren Spaß. Auch finanziell wurden wir noch entschädigt. Ulli hat beim Management nachgefragt, ob wir auf dem Parkplatz übernachten dürfen. Nach telefonischer Rückfrage beim Chef wurde uns das positiv beschieden. Marlon war im Spaßbad auch kurz baden und in der Sauna, bevor er gemütlich abgeduscht wurde. Darüber hinaus verzückte er die anderen Badbesucher in seiner feschen Badehose.
Nach dem Spaßbad wollten wir uns bei der Hesburger Kette stärken. Zwar sind die Burger ausgesprochen lecker und kreativ gestaltet. Allerdings hat es vom Betreten des Geschäfts bis zum ersten Bissen auch eine knappe halbe Stunde gedauert. Zwar habe ich die Zeit auch gebraucht um einen Tisch zu ergattern und soweit mittels Servietten zu reinigen, dass man sich daran setzen konnte, aber nicht nur Marlon war dann etwas genervt.
Anschließend fuhren wir durch das Villenviertel und haben dem sensationellen Strand noch einen Besuch abgestattet.
Kilometerstand: 10631 km
Tagesetappe: 47 km
16.07.2015 Riga
Heute stand Riga auf dem Plan und nach 20 km waren wir bereits auf dem Riga City Campingplatz. Nach einer dreiviertel Stunde Fußmarsch waren wir in der Altstadt angekommen und standen vor dem Stadtschloss. Von da ging es Schlag auf Schlag. Dom, "Drei Brüder", Schwarzhäupterhaus, Freiheitsstatue und diverse Plätze. Alles liegt sehr dicht beieinader. Selbst der große Markt, ehemalige Zepellinmontagehallen, war noch sehr gut fußläufig zu erreichen. Hier haben wir unseren Hunger und Durst gestillt und aus der profunden Auswahl super leckere Kirschen erstanden. Eigentlich wollten wir noch in den Rigaer Zirkus gehen. Allerdings mussten wir mit großem Bedauern feststellen, dass es erst im September wieder Vorstellungen gibt. Auf einem Folklorefest konnten wir diverse Trachten und Folkloremusik bewundern und baltische Spezialitäten wie Hanfbutter und Knoblauchmandeln probieren. Es blieb beim Probieren.
Amüsante Geschichte am Rande. Als Marlon wieder Hunger hatte und wir in einem Park auf einer Bank saßen, hat uns ein Banker seine halbvolle Chipstüte geschenkt, damit wir die Spatzen, Tauben, eine Möwe und einen Star weiter füttern konnten.
Nach über 9 km Fußmarsch, den Marla ohne Meckern wegsteckte, sind wir mit einem Trolleybus zurück zum Campingplatz gefahren.
Kilometerstand: 10651 km
Tagesetappe: 20 km
17.07.2015 Sigulda, Turaida
Da wir auf einem Zeltplatz genächtigt hatten, stand heute morgen erst einmal die Ver-/Entsorgung auf dem Programm. Also Toilettenkasette leeren, Abwasser entsorgen, Wasser bunkern. Leider bemerkte ich beim Landstrom einholen, dass eine gigantische Gewitterfront im Anzug war. Jetzt musste es schnell gehen. Aber da wir inzwischen ein eingespieltes Team sind, hat alles wie am Schnürchen geklappt und erst beim Verlassen des Riga City Camping haben sich die Schleusen geöffnet.
In exakt drei Wochen hat Marla Geburtstag und sie wünscht sich einen Roller. Also war unser erster Stop, nach einer abenteuerlichen Fahrt durch Riga bei sintflutartigen Regenfällen und Graupel, bei einem gigantischen Einkaufszentrum. Leider zeigte sich, dass zwar jede Menge Roller angeboten wurden, aber alle waren eher von minderer Qualität. Jedenfalls war kein Hodura Big Wheel dabei. Aber wir haben ja bis zum Geburtstag auch noch zwei große Städte, Talin und Helsinki, auf unserer Route. Hoffen wir also das Beste.
Anschließend ging es auf guter Straße und ohne Regen zügig nach Sigulda. Unser erster Stop war die Tourist-Information, danach ging es zur Gutmannshöhle. Die Höhle an sich war eine Enttäuschung, da es sich dabei eher um eine große Nische handelt. Allerdings zeugen zahlreiche Inschriften und Gravuren von "Touristen" aus den letzten 300 Jahren.
Weiter ging es zum Museum-Kulturschutzgebiet Turaida. Auf dem Weg dorthin mussten wir einen steilen Berg bezwingen. Dabei zeigte sich leider, dass unser Wohnmobil irgendwo undicht ist. Jedenfalls bildete sich eine kleine Pfütze. Nicht viel, vielleicht 20-50 ml. Auch ist es das erste Mal aufgetreten. Aber trotzdem nicht schön. Eine erste Analyse zeigte, dass es scheinbar im Bereich der seitlichen Frontfenster, eine Besonderheit von Elnagh, zu Undichtigkeiten kommt. Vielleicht ist es ja wie bei Segelbooten. Die sind auch niemals vollständig trocken. Wir haben beschlossen es erst einmal weiter zu beobachten und abzuwarten.
Neben einer sehr sehenswerten Burg hat mich in Turaida besonders ein Museum mit der Geschichte der Ansiedlung von Menschen vor 5000 Jahren in diesem Gebiet beeindruckt. Kurz gesagt soll es zwei Kulturen gegeben haben, die sich gegenseitig beeinflusst haben. Der eine, die Liven, steht wohl kurz vor der Ausrottung. Es soll noch 180 lebende Liven geben, von denen aber kaum noch 20 die Ursprache der Liven sprechen können.
Zum Abschluss konnten wir dann noch an einem Folklorefest teilnehmen und die Trachten und Musik bewundern. Auf der Abschlussveranstaltung wurde dann symbolträchtig mit einem brennenden Pfeil ein "Holzfass" in Flammen geschossen. Dazu gab es noch einige Reden und viel Folkloremusik.
Unserem Reiseführer folgend, sind wir heute abend essen gegangen. Dabei konnten wir nicht nur die einheimische Küche genießen, sondern haben uns auch den Stellplatz für die Nacht gesichert. Ulli entschied sich für Koca, eingelegte Graupen mit Speck und Zwiebeln. Wirklich lecker. Jeder von uns hatte zudem eine gebackene halbe Knoblauchknolle !!!! auf dem Teller.
Kilometerstand: 10715 km
Tagesetappe: 64 km
18.07.2015 Cesis
Nach einer Stunde Fahrt auf guter Straße und einer Folge TKKG kamen wir heute Mittag sehr entspannt in Cesis an. Aber was hat sich der Produzent nur bei der Änderung der Titelmusik von TKKG gedacht? Irgendwie halb gerappt, unterlegt mit einer Fahrradhupe und Texten wie "...und Gabi hat den Tarzan lieb...".
Wir starteten die Stadtbesichtigung mit dem Spielplatz. Danach schauten wir uns die alte Burg an und bekamen beim Eintritt jeder eine Laterne mit Kerze. Diese konnten wir später für die Besichtigung eines Turmes gut gebrauchen, denn ohne diese Lichtquelle hätten wir nicht mal die Treppen gefunden. In einem weiteren Turm der Anlage ging es nicht nach oben, sondern nach unten. Mit Hilfe einer, nachträglich installierten, Leiter stiegen wir hinab in den Kerker und bekamen dadurch schon ein beklemmendes Gefühl für diese Art von Quartier. Und es gab noch einen Turm: Dort hatten wir die Möglichkeit, mittelalterliche Spiele auszuprobieren, mit einem Federkiel zu schreiben und, so wie es Ulli tat, einige Teile einer Ritterrüstung anzuziehen. Auch sehr schön war der mittelalterliche Burggemüsegarten: Hier verköstigten wir karamelisierte Tannenzapfen, Gurkenwasser, Lauch in Sirup und Schnaps. Lecker! Diese Besichtigung hatte sich wirklich gelohnt und allen viel Spaß gemacht.
Anschließend gab es noch einen Imbiss und wir schlenderten zum Wohnmobil zurück. Nach einem Stop am Supermarkt suchten wir mal wieder einen Campingplatz auf, denn wir wollten unbedingt mal wieder waschen. Oder besser gesagt: wir mussten. Nun bot sich die Möglichkeit, gleich zwei Maschinen anzuwerfen. Das taten wir voller Aktionismus. Aber nach 3 Stunden-Waschmaschinenprogrammen, sowie nachdem Marla und Ulli bestimmt ne halbe Stunde Wäsche aufgehangen haben, war es ziemlich spät geworden. Marlon verlor in der Zwischenzeit die Geduld und gab lautstark zu verstehen, dass er Hunger hatte. Aber irgendwie hatten wir es dann doch geschafft und Waschen, Füttern, Duschen, Abwasch usw. unter einen Hut gebracht.
Kilometerstand: 10772 km
Tagesetappe: 57 km
19.07.2015 Campingplatz Apalkalns
Heute haben wir beschlossen mal etwas ganz anderes zu machen. Einfach mal nichts tun.
Der Campingplatz bietet alles was man sich wünschen kann. Eine Waschmaschine, relativ schnelles Wlan und sogar einen anständigen Spielplatz. Wir waren alle mehrfach auf dem Trampolin, haben Dartpfeile geworfen, den Ölstand vom Womi geprüft, sauber gemacht und einiges neu organisiert. Und das beste, keinerlei Spur von Hektik. Marlon hat sehr gut im Kinderwagen geguckt und geruht.
Dann haben wir mit den Großeltern gesprochen. Sie wollen uns in Helsinki besuchen, um Marlas Geburtstag zu feiern. Das wird eine große Überraschung. Damit alles klappt, habe ich gleich noch die Fähre von Tallinn nach Helsinki gebucht. Wir haben jetzt also einen festen Termin und werden Estland am 05.08.2015, 14:00 Uhr verlassen. Alles in allem soll es 130 € kosten, allerdings habe ich wenige Zentimeter bei der Länge des Womi unterschlagen. Aber fast das Doppelte für 30 cm fand ich dann doch reichlich üppig.
Ansonsten haben wir den Tag ganz in Ruhe ausklingen lassen. Das Wetter hat auch super mitgespielt: 23 °C, Sonne und Wolken, angenehmer Wind. Was will man mehr?
Kilometerstand: 10772 km
Tagesetappe: 0 km
20.07.2015 Valmiera, Stellplatz mit viel Regen irgendwo Südöstlich von Valga (Estland)
Heute morgen hat es wie aus Eimern geschüttet und weder der Wetterbericht noch der Regenradar haben in absehbarer Zeit Besserung versprochen. Trotz ausgiebigen Frühstücks wollte sich einfach keine Änderung einstellen. Aber immerhin, wir hatten nirgendwo Wasserbruch.
Um nicht den ganzen Tag im Wohnmobil zu hocken, sind wir dann in Richtung Valmiera aufgebrochen. Leider hat uns dann die hiesige Tourist-Information mitgeteilt, dass am Montag kein Museum offen hat und es keine anderen Indoor Aktivitäten gibt. Empfohlen wurde uns 20 Kilometer weiter zu fahren, dort könnte man selber Schokolade herstellen. Leider hatte die Veranstalterin aber heute auch andere Pläne.
Also sind wir erst einmal in ein Kaufhaus gegangen, sind etwas im Trockenen umher geschlendert und haben im Food Court gemütlich Mittag gemacht. Und dann wurde es wirklich etwas heller und der Regen hörte auf. Leider gab die Stadt nicht all zu viel her. Selbst die Kirche war geschlossen. Also haben wir beschlossen, weiter in Richtung Estland zu fahren. Kaum waren wir aus der Stadt raus, setzte auch der Regen wieder ein und sollte uns die nächsten Stunden auch permanent begleiten. Nach einer knappen Stunde Fahrt erreichten wir Valga, den ersten Ort nach der Grenze zu Estland. Vielleicht lag es auch am Regen, aber die Stadt machte keinen freundlichen Eindruck. Das beste war noch der Dieselpreis. Der scheint in Estland mit 1,07 € noch einmal 4-5 Cent günstiger zu sein im Vergleich zu Lettland.
Eigentlich wollten wir dann einen Parkplatz mit Tourist-Information und Aussichtsturm in Karula Nationalpark aufsuchen. Aber unvermittelt hörte die Asphaltstraße auf und verwandelte sich in eine schmierige, schlammige Lehm-Schotterpiste. Ein Blick auf das Navi zeigte, noch 12 km bis zum Ziel. Das war mir dann doch zu viel und ich bin auf dem nächsten Wanderparkplatz stehen geblieben, aber immerhin schon im Nationalpark. Zum Abendbrot gab es lecker Baguette und wieder einen schönen Obstteller. Heute Abend wird ein ordentlicher Plan gemacht und dann geht es morgen hoffentlich bei Sonnenschein weiter.
Kilometerstand: 10891 km
Tagesetappe: 119 km
21.07.2015 Otepää
Nach dem gestrigen Regentag wachten wir heute bei besten Sonnenschein auf und konnten uns unseren Stellplatz in Ruhe anschauen. Der obligatorische Storch begrüßte uns auch. Wir waren auf einem RMK Rastplatz gelandet. Dieser war ausgestattet mit zwei! Trockentoiletten, einer Feuerstelle mit schwenkbaren Grill, Feuerholz!, einer Picknikbank, Abfallcontainer und sogar einer Vorrichtung um Holz zu spalten. Das war wirklich sehenswert und ich ich frage mich, warum es so etwas nicht in Deutschland gibt.
Auf dem Weg nach Otepää, der Winterhauptstadt Estlands, haben wir ein wunderschönes Landhaus im Stile von Windsor Castle gefunden. Gebaut wurde es vom Grafen von Berg, dem Estland heute noch dankt für die "Einbürgerung" einer besonders hochwachsenden und robusten Roggengetreidesorte.
Nachdem uns die Tourist-Information in Otepää mit Karten und Prospekten versorgt hatte, sind wir zur Post gegangen und haben die ersten acht Postkarten abgeschickt. Die ersten acht dürfen sich also freuen.
Danach ging es zum Stadium, wo bereits diverse Wintersportnationen (Kasachisches Team, Österreichisches Racingteam und Russisches Skiteam,... ) trainiert haben. Ulli und Marla erprobten eine estnische Riesenschaukel. Anschließend wollten wir einem Trim-dich-Pfad erkunden, wie unsportlich wir sind. Und wir wurden nicht enttäuscht. Es ist schon erschreckend, wie einfachste Übungen uns ins Schwitzen bzw. zum Verzweifeln bringen. Marla hat währenddessen leckere Walderdbeeren in erstaunlicher Menge gepflügt. Diese haben supersüß geschmeckt.
Anschließend haben wir noch die lokale Kirche und ein Steinlabyrinth zum Meditieren besucht, bevor wir uns einen Stellplatz neben dem Schwimmbad für die Nacht gesucht haben.
Kilometerstand: 10951 km
Tagesetappe: 60 km
22.07.2015 Tartu
Heute morgen hat es im Wohnmobil verdächtig gepiept. Allerdings war es so leise, dass wir etwas gebraucht haben um es zu verorten und den Kühlschrank als Quelle auszumachen. Eine kurze Prüfung am Herd ergab, unser Gas ist alle. Erwartet hatte ich es schon lange, da wir sehr viel frei gestanden haben. Umso erstaunter war ich, dass die 11 kg Flasche so lange gehalten hat. Ich habe dann unsere 5 kg Ersatzflasche angeschlossen, und nach einem Restart des Kühlschranks hat alles wieder funktioniert. Jetzt müssen wir also eine Möglichkeit zum Auffüllen unserer leeren Gasflasche suchen.
Heute stand Tartu auf dem Programm. Auf der Hinfahrt wollten wir uns noch eine historische Mühle mit Korn-Museum anschauen. Wir mussten allerdings feststellen, dass beides geschlossen und am verfallen war. Schade drum.
In Tartu sind wir, aufgrund des regnerischen Wetters, direkt ins Wissenschaftsmuseum "Ahhaa" gegangen. Ich habe schon viele dieser Museen besucht, aber dieses ist einmalig. Selten wurden physikalische Gesetze und Effekte so anschaulich und spielerisch dargestellt. Das Spiegellabyrith, welches nur mit Handschuhen zu betreten war, hat besonders Marlas Intersse geweckt. Marlon verbrachte viel Zeit schlafend im Kinderwagen oder schaute sich mit offenem Mund zum Beispiel das Aquarium an. Dann gab es noch eine Sonderausstellung "Top Secret". Hier konnte man sich als Agent ausprobieren, lasergesicherte Barrieren umschleichen, geheime Nachrichten entschlüsseln, Tresore knacken usw. Wir hatten alle unglaublich viel Spaß und die Zeit verging wie im Fluge. Ein klein wenig haben wir uns schon von der Stadt angeschaut, aber auf Grund des Wetters und des intensiven Museumsbesuches machen wir morgen damit weiter.
Kilometerstand: 11019 km
Tagesetappe: 68 km
23.07.2015 Tartu, Zwiebelroute, Alatskivi, Peipus See
Eigentlich war unser Stellplatz super. Allerdings schaute 05:30 Uhr die Jugend vorbei und demonstrierte lautstark die Errungenschaften modernster Audio Elektronik. Zum Glück dauerte der Spuk nur eine halbe Stunde.
Heute morgen haben wir die gestern, aufgrund Regens, abgebrochene Stadtrundführung. Dabei haben wir zwar zahlreiche Kleinode entdeckt, allerdings war es aufgrund der fehlenden Barrierefreiheit auch sehr anstrengend. Nach einer Stärkung am lokalen Maxima Markt ging es weiter in Richtung Peipus See, immer der Zwiebelroute entlang. Dabei konnten wir schöne alte Häuser in allen erdenklichen Farben sowie die eine oder andere russische Babuschka beim Verkauf von Zwiebeln und Lauch bewundern. In dieser Gegend wohnen viele der sogenannten Alt-Gläubigen, Anhänger der Alt-Russischen Liturgie. Hier haben wir auch ein Museum besucht. Allerdings war es eher eine lose Ansammlung von Altagsgegenständen als museal aufbereitete Geschichte. Aber ich verbuche die 3 € Eintritt pro Person als Aufbauhilfe :-)
Danach ging es nach Alatskivi zu einem Schloss ähnlich dem Balmoral Castle in Schottland (@Jan und @Susi: Ihr erinnert euch daran?). Hier hat sich dann der Eintritt von 5,50 € wirklich gelohnt. Das Schloss ist seit den 70ern kontinuierlich verfallen und wurde erst im neuen Jahrtausend aufwändig rekonstruiert. So wurde ein faszinierender Einblick in längst vergangenen Tagen gewährt.
Die Nacht verbringen wir auf einem idylischen Zeltplatz direkt am Peipus See, einer der größten Binnengewässer Europas. Zum Vergleich, der Bodensee passt flächenmäßig locker fünfmal rein. Marla und Ulli hatten bereits ein Fußbad darin. Dabei sind wir alle Regen gekommen. Marlon hat sich nicht davon beeindrucken lassen.
Kilometerstand: 11089 km
Tagesetappe: 70 km
24.07.2015 Mustvee, Kauksi, Parkplatz beim Kloster Kurremäe
Obwohl der Zeltplatz gut und günstig war und einen fantastischen Blick direkt aus dem Wohnmobil heraus auf den Peipus See bot, wollten wir heute weiter fahren. Ziel war ein 60 Kilometer entfernt gelegener RMK Platz. Dort wollten wir grillen und nächtigen. Aber es kam anders...
Gegen Mittag waren wir im Örtchen Mustvee. Wir haben uns den Hafen angeschaut und sind etwas im Strand entlang geschlendert. Unser Mittagessen haben wir am warmen Buffet im Konsum gefunden. So hieß der Laden wirklich. Nachdem auch Marlon seine Milch bekommen hat ging es weiter in Richtung Kauksi. Leider war der RMK Platz nicht unbedingt für Wohnmobile geeignet und dann auch noch hoffnungslos überfüllt. Ein paar Kilometer weiter fanden wir einen Bezahlparkplatz, direkt an einem traumhaften Strand. Obwohl es sich dabei "nur" um ein Seeufer handelt, wäre jedes Ostseebad neidisch. Marla konnte dort besonders gut im Wasser toben, weil es sehr viele Sandbänke gab. Auf dem kurzen Hin- und Rückweg durch den Kiefernwald sammelte sie wieder emsig Walderdbeeren und Blaubeeren. Diese haben unsere Obst- und Gemüseteller zum Abendbrot schön aufgepeppt.
Auch nach unserer Rückkehr zum Parkplatz fand sich niemand, dem wir unsere Parkgebühren hätten geben können. Allgemein wirkte alles sehr ruhig, teilweise verlassen. Auch hier zeigte sich wieder, dass das aktuelle Embargo gegen Russland katastrophale Auswirkungen auf den Tourismus im Baltikum hat.
Obwohl der Parkplatz sich auch als Stellplatz für die Nacht anbot, beschlossen wir noch 30 Kilometer weiter Richtung Norden zum Kloster Kurremäe zu fahren und die Nacht dort zu verbringen. So können wir morgen zu Fuß starten.
Kilometerstand: 11200 km
Tagesetappe: 111 km
25.07.2015 Kloster Kurremäe und heilige Quelle, Narva, Sillamäe
Der erste Blick aus dem Wohnmobil offenbarte, dass auf dem Parkplatz schon ordentlich was los war. Jede Menge Autos, Busse und Standbetreiber bevölkerten den Platz, so dass Ulli Bedenken hatte, ob wir noch ausparken konnten. Aber vorher stand noch das Kloster und die heilige Quelle auf dem Programm. Die gesamte Klosteranlage, übrigens das einzig orthodoxe in Estland, war überaus gepflegt. Es leben noch ca. 150 Nonnen dort. Unweit davon befindet sich eine heilige Quelle. Wir haben uns im Vergleich zu anderen sehr zurückgehalten und nur 2 Flaschen Wasser abgefüllt und hoffen nun auf die heilende Wirkung.
Zum Glück war das Ausparken kein Problem und wir konnten bei einer neuen Geschichte von TKKG auf einer perfekt ausgebauten Straße nach Narva fahren. Unterwegs konnten wir noch für unglaublich günstige 1,02 € unseren Dieseltank füllen und unser Durchschnittsverbauch pendelt sich knapp unter 10 Liter ein. Kaum angekommen fuhren wir auch schon zielstrebig auf den Grenzübergang nach Russland zu. Zum Glück war direkt davor ein großer Parkplatz und wir konnten zur Stadtbesichtigung aufbrechen. Allerdings wurde Narva ausgiebig im zweiten Weltkrieg bombardiert. So ist von der Innenstadt faktisch nichts mehr übriggeblieben und selbst die Festung wurde nach starker Beschädigung erst 1987 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Hermannfeste stammt aus dem 13. Jahrhundert und bildet mit der Burg Ivangorod auf der gegenüberliegenden russischen Seite eine beeindruckende Befestigungsanlage. Im Anschluss besichtigten wir die achteckige Alexanderkirche.
Schließlich statteten wir dem Ort Silamäe einen kurzen Besuch ab. Er lag ehemals im Sperrgebiet und ein Standort für Nukleartechnik. Sehenswert ist dort die "Prachtstraße" zum Meer, ein Beispiel feinster am Reisbrett entworfener sozialistischer bzw. stalinistischer Baukunst. Man wollte den Arbeitern und Bewohnern der Stadt mit Boulevards, Alleen und neoklassizistischen Elementen eine angenehme Atmosphäre bieten. Allerdings war der Verfall der gesamten Stadt schon weit fortgeschritten.
Nun hieß es, langsam mal einen Stellplatz zu finden. Unser erster Anlaufpunkt war Valaste. Doch dort hätte man für jeden Toilettengang und fürs Duschen extra bezahlen müssen, das haben wir abgewählt. Genau dort befand sich auch mal ein Wasserfall. Eine interessante Treppenkonstruktion hätte uns einen guten Blick darauf verschafft, aber diese war gesperrt und zum Teil weggebrochen. Aber es gab ja auch keinen Wasserfall mehr.
Einen schönen Stellplatz haben wir ein klein wenig weiter in Toila gefunden, auf dem Gelände eines Spa-Hotels. Hier fühlen wir uns wohl, das Preis-Leistungsverhältnis stimmt, und wir konnten gleich noch einen Aussichtsturm erklimmen.
Kilometerstand: 11349 km
Tagesetappe: 149 km
26.07.2015 Burg Rakvere
Aufgrund des Hinweises vom Schwiegervater sind wir heute nach Rakvere gefahren. Dort soll sich eine Deutsch-Ordensburg befinden, die besonders für Kinder interessant ist und zum Mitmachen einlädt. Und er hat nicht zuviel versprochen. Direkt am Eingang konnte man sich mit den passenden Umhängen ausstatten und stilecht die Burg betreten. Wir alle durchliefen einen Hindernislauf mit schwingenden Säcken. Ulli versuchte sich an einem Lanzen-Trainingsgerät und wurde glücklicherweise nicht vom Gegenpendel getroffen. Zusammen mit Marla habe ich beim Bogenschiesen den Gegner direkt mit dem ersten Schuss erlegt. Die anwesende Garde wollte dann noch ihren ganzen Stolz präsentieren und hat die Kanone mit Grasbüschel! geladen. Dann wurde mehrfach darauf hingewiesen, sich jetzt die Ohren zuzuhalten. Was wir verantwortungsbewussten Eltern natürlich auch getan haben. Für unsere eigenen Ohren waren leider keine Hände übrig und was dann kam, hat einen fast umgehauen. Es gab einen Rumms, dass man Sorge um die Burgmauern haben konnte. Aber zum Glück ist nichts passiert.
Im Thronsaal waren diverse Schwerter unterschiedlichster Bauart und aus verschiedensten Epochen zum Anschauen, Anfassen und Ausprobieren ausgestellt. Die damaligen Ritter müssen über unglaubliche Kräfte verfügt haben. Ein zweihändisches Schwert zu heben ist schon schwer, es über den Kopf zu schwingen ist eine echte Herausforderung. Daher habe ich mich eher für einen schicken Degen entschieden, und hoffe mit Schnelligkeit und Wendigkeit zu punkten. Marla hatte schließlich noch mit einem Pferd zu kämpfen. Dieses hatte sich ihren Umhang geschnappt und eine ganze Weile nicht mehr losgelassen. Aber Marlas hartnäckiges Entgegenhalten half schließlich, sich aus dieser Klemme zu befreien.
Mein persönlicher Favorit war die Führung in den Kerker. Dort wurde eine illustre Mischung aus Folterinstrumenten, Geschichten und Geisterbahn geboten.
Gegen Abend sind wir dann noch etwas in der Stadt gebummelt. Dabei haben wir auf einem Parkplatz mehrere Wohnmobile gesehen. Nach kurzem Gespräch mit einer finnischen Familie haben wir beschlossen, auch die Nacht auf diesem Platz zu verbringen.
Kilometerstand: 11409 km
Tagesetappe: 60 km
27.07.2015 Paide, Pärnu
Heute morgen gab es ein Hellau: Marla fand Geld unter ihrem Kopfkissen. Sie hatte gestern ihren zweiten Zahn verloren und diesen für die Zahnfee unterm Kopfkissen platziert.
Heute morgen fuhren wir direkt vor dir Tore der Stadt in ein Gewerbegebiet. Zum einen wollten wir im Supermarkt unser Frühstück einkaufen, zum anderen an einer "AS Propaan" Station unsere Gasflasche auffüllen. Das mit dem Frühstück hat gut geklappt. Das mit dem Gas leider nicht. So langsam werde ich nervös und hoffe, dass es uns nicht ausgeht. Immerhin haben wir eine Adresse in Tallinn. Die sollen unsere Flasche auffüllen können.
Um unsere Fähre am 05.08.2015 ohne Stress erreichen zu können, haben wir beschlossen einen Fahrtag einzulegen und zielstrebig Pärnu anzusteuern. Unterwegs haben wir einen Stopp in Paide gemacht und bei einem Stadtbummel erkundet. Dabei fiel uns die akute Bauaktivität auf. Überall wurde Pflaster gelegt, Straßen gebaut und Grünanlagen gepflegt. Bereits unterwegs mussten wir zahlreiche Baustellen passieren. Scheinbar wird in Estland gerade sehr viel investiert. Besonders erwähnenswert war unser nette Café und die sehr hilfsbereite Dame aus der Touristinformation. Sie hat heute für uns quer durch Estland telefoniert, um uns bei unserem Gasproblem zu helfen. Nun haben wir noch eine Anlaufstelle in Pärnu und spätestens in Tallinn. Generell ist im Baltikum die Dichte an Touristeninformationen sehr hoch und sie bieten sehr viel hochwertiges Material kostenfrei an.
Weiter ging es nach Pärnu auf einen Stellplatz tauglichen Parkplatz direkt am Meer. Beim Strandspaziergang konnten wir uns von der fantastischen Sand- und Wasserqualtität überzeugen. Wir konnten problemlos 50 Meter ins Meer gehen, ohne auch nur nasse Knie zu bekommen.
Abends haben wir dann Marlon noch ein Fußbad verpasst. Seit einiger Zeit mussten wir feststellen, dass seine Füßchen stark schwitzen. Er hat das Fußbad im Waschbecken sehr genossen und fast ein bisschen geplanscht.
Kilometerstand: 11607 km
Tagesetappe: 198 km
28.07.2015 Pärnu
Die größte Schwierigkeit heute morgen bestand darin, den Parkplatz, auf dem wir die Nacht verbracht hatten, bis 10:00 Uhr zu verlassen. Ansonsten wären 3€/h Parkgebühren fällig geworden. Ohne Frühstück haben wir es gerade mal so geschafft. Ulli hofft darauf, dass wir nach Finnland endlich wieder nach deutscher Zeit leben und eine Stunde eher morgens und abends fertig werden.
Erster Anlaufpunkt war heute eine weitere Filliale von "AS Propaan". Leider ohne Erfolg. Zwar hätten wir unsere Gasflasche gegen eine orange oder eine silberne tauschen können, aber die sahen unserer nur entfernt ähnlich. Wir müssen jetzt also auf Tallinn, und dass unser Gas bis dahin reicht, hoffen.
Danach haben wir in der Nähe des Hafens auf einem Parkplatz gefrühstückt. Gegen 11:00 Uhr sind wir dann auf einen Zeltplatz gefahren. Wir mussten dringend Wäsche waschen und Ver-/Entsorgen, bevor wir auf die Inseln fahren.
Nachdem die Wäsche fertig war und zum Trocknen auf der Leine hing, sind wir in die Stadt gelaufen. Zwar war die ganz nett, aber der Strand, den wir ja gestern schon erlebt haben, ist wohl wirklich das High-Light. Wir sind also ein bisschen umhergeschlendert, haben spätes Mittagessen gemacht und ein Eis geschleckt. Sehr schön war unser Rückweg zum Campingplatz entlang des Pärnu Flusses. Dieser war übersät von Seerosen und der Weg gespickt von Riemen-Laternen.
Kilometerstand: 11615 km
Tagesetappe: 8 km
29.07.2015 Inseln Muhu und Saaremaa
Geweckt wurde ich heute sehr zeitig vom trommelden Dauerregen auf den Alkoven. Der Wetterfrosch hatte also Recht behalten und wir müssen die nächsten Tage mit gelegentlichen Schauern rechnen. Nach dem Frühstück galt es Wasser zu bunkern und Abwasser zu entsorgen. Scheinbar haben wir beim letzten Zeltplatz trotz Filter nicht kristallklares Wasser gebunkert. Zumindest hat Ulli eine leichte gelbliche Verfärbung festgestellt. Daher habe ich vorsichtshalber den kompletten Tank entleert.
Danach starteten wir bei einer neuen Geschichte von TTKG in Richtung der Inseln Muhu bzw. Saaremaa. Nach einer knappen dreiviertel Stunde, die Geschichte von TTKG ging gerade gut aus, erreichten wir die Fähre. Für unglaublich günstige 12,90 € für zwei Erwachsene (Marla und Marlon sind kostenfrei) und das Wohnmobil haben wir mit der Fähre in gut 30 Minuten nach Muhu übergesetzt.
Nach einer kurzen Stärkung am ersten Konsum, haben wir uns die Kirche in Liiva von ca. 1300 und das alte Fischerdorf Konguva angeschaut. Allerdings mussten wir etwas warten, bis der Himmel seine Schleusen wieder geschlossen hatte.
Danach fuhren wir über einen schmalen Damm auf die Insel Saaremaa und schauten uns die Reste der Burg Maasilinn an. Da der Parkplatz sehr idyllisch war, haben wir beschlossen hier die Nacht zu verbringen. Bis zu Marlas Geburtstag sind es noch 10 Tage. Jan und Jagna haben uns vor der Reise einen Geburtstags-Countdown-Kalender mitgegeben. Heute konnte Marla das erste Türchen öffnen.
Kilometerstand: 11733 km
Tagesetappe: 118 km
30.07.2015 Pöide, Valjala, Meteoritenkrater bei Kaali, Kuressaare
Heute morgen bin ich wieder vom Regen aufgewacht und auch das Thermometer verhieß nichts gutes. Bei außen 13° und innen 17° Grad war es nicht wirklich verlockend aufzustehen. Aber Ulli opferte sich und hat im Ofen Weissbrot angetoastet. Damit war es ruck-zuck kuschelig warm.
Heute hatten wir ein umfangreiches Programm und los ging es mit der größten Wehrkirche in Estland. Zum Glück finden gerade intensive Bauarbeiten statt, denn im Moment macht sie eher einen traurigen Eindruck und ein Riß im Mauerwerk über die gesamte Höhe lässt an der Statik zweifeln. Dafür hat sie aber eine sehr interessante Geschichte. Beispielsweise wurde sie einmal mehrere Tage belagert. Den darin schutzsuchenden Deutschen wurde versprochen, dass keiner sein Schwert gegen sie erheben wird, wenn sie rauskommen. Als sie darauf eingingen, wurden sie mit Steinen erschlagen. Ein paar Jahrhunderte später haben russische Soldaten die gesamte Inneneinrichtung für Heizzwecke missbraucht.
Weiter ging es zu einer sehr alten Kirche in Valjala. Zwar ganz nett, aber der folgende Meteoritenkrater war, nebst dem zugehörigen Museum, dann doch interessanter. Hier schlug wahrscheinlich 700 v.C. ein Eisenmeteorit ein und hinterließ einen 16 m tiefen und 110 m breiten nahezu kreisrunden Krater. Scheinbar ist er noch in der Luft in mehrere Teile zerbrochen, da es noch mindestens 8 kleinere Krater gibt.
Dann fuhren wir an einer Tankstelle vorbei, wo der Diesel weniger als einen Euro kostete. Obwohl der Tank noch knapp zur Hälfte gefüllt war, konnte ich mir das nicht entgehen lassen.
Weiter ging es nach Kuressaare. Hier haben wir direkt an der Burg einen großen, kaum benutzten übernachtungstauglichen Parkplatz gefunden. Danach haben wir uns die Burg und die Stadt angeschaut. Auf dem Rückweg haben wir alle noch auf dem Spielplatz getobt. Marla und Ulli hatten mit einer Art Schaukelkarrusell ihren Spaß. Marlon lag das erste Mal in einer Nestschaukel und hat das sehr genossen.
Abends hat es dann an der Wohnmobiltür geklopft. Eine nette Frau vom Nachbargrundstück hat uns für 3 € eine Schale mit schwarzen Johannisberren verkauft.
Kilometerstand: 11806 km
Tagesetappe: 73 km
31.07.2015 Kihelkonna, Quelle, Tagaranna, Leisi, Triigi
Der Tag startete wieder mit Regen. Aber wir sollten Glück haben und gegen 10:00 Uhr hörte er auf.
Zuerst ging es nach Kihelkonna um uns eine Kirche aus dem 12. Jahrhundert anzuschauen. Da morgen eine Hochzeit stattfinden soll, waren heute schon mehrere fleißige Helfer mit dem schmücken beschäftigt. Dann sind wir noch über abenteuerliche Treppen auf den Kirchturm geklettert. Weiter ging es in den Wald zu einer Quelle. Zwar haben wir den Parkplatz gut gefunden, aber nicht die Quelle. Nachdem wir bereits mehrfach daran vorbeiliefen, haben wir sie doch noch gefunden. Dann kamen noch ein paar Einheimische und haben das Wasser in Plastikflaschen abgefüllt. Wir scheinen also wirklich DIE Quelle gefunden zu haben.
Von der Tourist-Information haben wir den Tipp bekommen, dass man in Tagaranna am Strand Fossilien finden kann. Und wirklich, praktisch jeder zweite Stein enthielt einen Abdruck oder Muschelreste. Marla hat einen ganzen Beutel voll gesammelt. Ich habe zwar schon auf unser Gewicht hingewiesen, muss morgen aber noch einmal dringend auf das Aussortieren von weniger schönen Steinen bestehen :-)
In Leisi haben wir uns ein Mittagessen in einem sehr schönen Restaurant gegönnt. Es hat super lecker geschmeckt und war mit Getränken für 20 € auch günstig. Nachdem wir uns gestärkt hatten, sind wir zur Fähre nach Triigi gefahren. Da wir bereits eine Stunde vor Abfahrt da und relativ weit vorne in der Schlange waren, habe ich mir gute Chancen ausgerechnet. Als dann die Fähre kam wusste ich, dass könnte knapp werden. Und so kam es dann auch. Wir konnten nicht drauf und bis 20:00 Uhr wollten wir nicht warten. Zumal die Überfahrt nach Hilumaa noch 1,5 h gedauert hätte. Also haben wir diese Insel gestrichen und beschlossen auf Saaremaa zu bleiben.
Die Nacht verbringen wir auf einem super idylischen Park-/Campingplatz in der Nähe von Joiste. Sogar mit Strom (2 €) und Wlan. Was will man mehr und das für 2 €.
Kilometerstand: 11947 km
Tagesetappe: 141 km
01.08.2015 Haapsalu
Nachdem ich den Landstrom im Regen eingeholt und 4 € in den Briefkasten (eine Art Kasse des Vertrauens) geworfen hatte, sind wir aufgebrochen die Insel zu verlassen und nach Haapsalu zu fahren. Es regnete dauerhaft, nur die Intensität schwankte. Zwischen langsamstes Interval am Scheibenwischer und die schnellste Stellung schafft es nicht mehr, war alles dabei.
Leider kamen wir zirka fünf Minuten zu spät am Fährhafen an und konnten der Fähre nur hinterherwinken. Aber zum Glück stand die nächste schon bereit. Eine halbe Stunde später waren wir wieder auf dem Festland. Bei einem Hörspiel verging die Fahrt wie im Fluge und wir erreichten Haapsalu. Zum Glück ist unterwegs die Wolkendecke aufgerissen und nun herschte wunderbarster Sonnenschein.
Unser erster Anlaufpunkt war die Burg. Wir hatten unglaubliches Glück da einfach so reingelatscht zu sein, denn eigentlich fand in der Burg ein Festival statt. Durch das Festival war die Stadt auch sehr lebhaft. Wir schlenderten durch die hübschen Straßen bis zur Strandpromenade und zurück. Dann sind wir in einer bunten Bar eingekehrt und haben für alle etwas schönes zu Essen gefunden. Marlon machte es sich auf den farbigen Kissen gemütlich und kam mahlzeittechnisch auch nicht zu kurz. Danach war es auch schon Zeit, sich auf den Weg zum Stellplatz zu begeben. Auch heute stehen wir wieder am Strand und werden bei Meeresrauschen einschlafen und durch Möwen wohl morgen wieder geweckt werden.
Kilometerstand: 12074 km
Tagesetappe: 127 km
02.08.2015 Klosterruine in Padise, Steilküste und Leuchtturm bei Paldiski, Tallinn
Die Nacht war sehr ruhig und wir schliefen wunderbar bis nach 09:00 Uhr. Nach dem Frühstücken bin ich mit Marla an den Strand, um Drachen steigen zu lassen. Leider hatten wir nur den kleinen Taschendrachen dabei, aber es hat trotzdem viel Spaß gemacht.
Danach fuhren wir nach Padise und haben uns eine Klosterruine aus dem 13. Jahrhundert angeschaut. Die Anlage wurde in den Fünfzigern zum Teil wieder aufgebaut und bietet heute nicht nur einen Einblick in gothische Handwerkskunst sondern auch in das Klosterleben vergangener Jahrhunderte. Nach einer ausführlichen Besichtigung mit zahlreichen Klettereinlagen, haben wir noch ein kleines Picknick gemacht und sind dann in Richtung Paldiski aufgebrochen. An Neubaublocks aus Sowjetzeiten vorbei kamen wir zu einer schönen Steilküste und einem Leuchtturm. Dort fand der zweite Teil unseres Picknicks statt.
Danach wollten wir eigentlich einen Stellplatz im Kiefernwald aufsuchen. Jedoch war die Zufahrt für unser Mobil nicht geeignet und so beschlossen wir, die verbleibenden 30 km nach Tallinn noch zu fahren. So stehen wir nun im Yachthafen und hören vertraute Geräusche - das Schlagen der Fallen an den Segelmasten. Es war sehr schön, heute am späten Nachmittag noch an den Yachten entlang zu schlendern. Dabei haben wir festgestellt, dass wir faktisch auf dem Gelände der Olympischen Spiele von 1980 stehen. Zwar waren die Spiele an Moskau vergeben, aber die Ruder- und Segelwettbewerbe wurden in Tallinn ausgetragen. Das waren übrigens die Spiele, die vom Westblock wegen dem Einmarsch der Sowjetunion nach Afghanistan boykottiert wurden.
Morgen werden wir hoffentlich jemanden finden, der unsere Gasflaschen füllen kann.
Kilometerstand: 12228 km
Tagesetappe: 154 km
03.08.2015 Tallinn
Wichtigster Tagespunkt heute war, unsere Gasflasche zu füllen. Unser erster Anlaufpunkt konnte uns zwar nicht direkt weiterhelfen, aber immerhin bekamen wir eine neue Adresse und es war die Rede von "Refill". Dort angekommen traf mich fast der Schlag. Die zertifizierte Auffüllstation entpuppte sich als LPG Tankstelle mit einer Reihe Adapter (z.b www.ebay.de/itm/LPG-Autogas-Tankadapter-Gasflasche-Campingflasche-ACME-/300664389646) die in Deutschland verpönnt bis verboten sind. Auch wurde da nicht lange mit einer Waage rumgemacht, sondern der Restfüllstand wurde mittels Schwenken der Flasche ermittelt. Anschließend wurden 17 Liter Gas aufgefüllt für 12,75 €. In diversen Internetforen werden diese Adapter sehr kontrovers diskutiert. Von Überfüllen bis Explosionsgefahr ist die Rede. Aber ganz ehrlich, sobald ich wieder in Deutschland bin kaufe ich mir auch diesen Adapter. Die Sicherheit, im Notfall die Flasche an jeder LPG Tankstelle füllen zu können, und sei es auch nur zur Hälfte, ist unbezahlbar.
Danach fuhren wir zu einem Supermarkt und haben unsere Vorräte aufgefüllt. Damit sind wir gut ausgestattet für die großen Weiten in Skandinavien. Dann fuhren wir nach Kadriorg. Dort besichtigten wir zumindest äußerlich Schloss Katharinental und fanden einen herrlichen Spielplatz für Marla zum Toben. Marlon guckt dabei gern zu. Am späten Nachmittag hatten wir dann noch genügend Zeit um zu waschen und am Strand zu spazieren. Nun sind bis auf Tanken alles Sachen erledigt, so dass wir morgen in Ruhe die Altstadt besichtigen können.
Kilometerstand: 12259 km
Tagesetappe: 31 km
04.08.2015 Tallinn
Heute stand die Besichtigung von Tallinn auf dem Programm. Aber als ich mir gerade auf der Männertoilette die Hände wusch, stand Ulli in der Tür. Die finstere Miene ließ nichts gutes vermuten. Aber es kam noch schlimmer. Wir hatten uns aus dem Wohnmobil ausgeschlossen. Eigentlich hatten wir für genau diesen Fall eine Zwei-Schlüsselstrategie. Nur leider waren beide im Rucksack und der stand im abgeschlossenen Wohnmobil. Nun war guter Rat teuer.
Zwar haben mir nette Italiener etwas Werkzeug zur Verfügung gestellt, aber schnell zeigte sich, dass ich damit das Schloss nur mit purer Gewalt öffnen konnte und es dann nicht mehr schließen würde. Auch ein Fenster einschlagen wollte ich vorerst nicht. Der passende Kommentar der Italiener war schließlich nur noch "Mama Mia". Nach reichlicher Überlegung bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass es am erfolgsversprechendsten ist, dass Alkovenseitenfenster aufzubrechen. Zwar ist dieses nur sehr schmal, aber Marla würde sich durchquetschen können. Außerdem ist das Fenster nur mit zwei kleinen Plastikhebelchen gesichert. Auf einer Picknickbank stehend konnte ich das Fenster gut erreichen und vorsichtig begann ich daran zu ziehen. Mit einmal gab es einen Hieb und ich hatte das ganze Fenster in der Hand. Leider war es direkt am Metallhalter abgebrochen. Dabei habe ich mir auch noch den Daumen aufgeschnitten. Auch hierbei hat die italienische Mutter geholfen und mir irgendeiner braunen Tinktur hat es erstaunlich schnell aufgehört zu bluten. Dann haben wir Marla durch den Schlitz geschoben und das Wohnmobil war wieder offen. Nur leider hatte ich jetzt ein kaputtes Fenster. Mit jeder Menge Klebeband, Schnur, einem Kochlöffel und einem Saugnapf habe ich es hoffentlich so weit gesichert, dass es uns nicht bei der Fahrt weg fliegt und hoffentlich auch noch dicht ist.
Danach ging es dann doch noch mit dem Bus in die Stadt. Wir haben einen schönen Rundgang gemacht. Tallinn ist sehr sehr sehenswert und einen der besten mittelalterlichen Städte hier im Norden. Es gab viele Enge Gassen, schöne Häuser und Kirchen, und sogar viele Souvenirverkäufer standen hinter "mittelalterlichen" Warenständen waren mittelalterlich gekleidet. Allerdings war die Stadt auch unglaublich voll: mindestens 2 Kreuzfahrtschiffe waren heute wieder hier und damit gut 4000 Touristen auf einmal.
Wir alle hatte schließlich noch unsere Freude mit einem Gaukler der Seifenblasenkunst. Marla konnte schließlich mit ihm zusammen tolle Seifenblasen formen. Marlon hat heute den ganzen Tag geschlafen. Er ist heute 4 Monate alt geworden. Er hat es mittlerweile sogar schon geschafft, sich vom Bauch auf den Rücken zu rollen wenn der Neigungswinkel ihm ein bisschen hilft. Morgen geht es nun auf nach Finnland.
Kilometerstand: 12259 km
Tagesetappe: 0 km
05.08.2015 Helsinki
Heute wollten wir mit der Fähre nach Helsinki übersetzen. Ich war etwas angespannt, da ich ja beim Onlinekauf des Tickets etwas in der Länge geschummelt habe. Auch war mir das Procedere nicht ganz klar. In unserer Email stand spätestens 2h vorher einchecken, ansonsten würden die Tickets neu vergeben. Viking Line dagegen will erst 2h vorher die Schalter öffnen. Wir standen jedenfalls 2,5 h vorher in der Reihe. Als einzigste. Pünktlich haben dann die Schalter geöffnet und keiner hat sich für unsere tatsächliche Länge interessiert. Zum Glück habe ich unter 7 m angegeben und somit über 100 € gespart. Also die Hälfte vom neuen Fenster!
Die drei Stunden Fährfahrt vergingen wie im Fluge. Zum einen war es das größte Schiff, auf dem wir je waren. Zum anderen war es eher Kreuzfahrtschiff als eine einfache Fähre. Man konnte sich also prima verlaufen und unterhalten. Für Marla gab es ein Hüpfburg, Disko und vieles andere. Ich habe mich im Playstation Zimmer amüsiert und Ulli war mit Marlon im Baby-/Stillzimmer. Noch etwas Suchen, ein Picknick und einem Besuch im schiffseigenen Duty-Free Shop und wir waren in Helsinki. Apropos Picknick: Marlon machte mir beinah mein Brötchen streitig, zog es zielstrebig zu seinem Mund und leckte vergnügt daran.
Im Internet habe ich Koordinaten von einem Stellplatz direkt am Hafen gefunden. Leider entpuppte er sich aber als normaler Parkplatz direkt hinter einem Markt, wo zwischen 18:00 Uhr und 09:00 Uhr keine Parkgebühren anfallen. Ansonsten fallen hier pro Stunden 4 € Parkgebühren an - willkommen in Skandinavien. Leider nicht so verlockend. Der einzige offizielle Zeltplatz nimmt 29 € die Nacht. Auch nicht toll. Daher haben wir den erstbesten Park+Ride Parkplatz im Navi gewählt und sind dahin gefahren.
Kilometerstand: 12279 km
Tagesetappe: 20 km
06.08.2015 Helsinki
Nach einer Schüssel Müsli bin ich zur Metrostation gegangen. Ein Ticket kostet 2,50 €, ein Tagesticket 8 €. Für 10 € (2 Erwachsene hin und zurück, Kinder sind frei) kann ich aber auch schon ganz schön lange parken. Daher beschlossen wir mit dem Wohnmobil nach Helsinki reinzufahren und uns einen Parkplatz zu suchen. Im Navi habe ich direkt an der Südspitze einen geeigeneten gefunden. Vor Ort stellte sich heraus, dass diese sogar umsonst waren, allerdings passte unser Wohnmobil nicht in die Lücken. Allerdings konnte man auch am Straßenrand für günstige 1€/h parken. Keine 20 Minuten später waren wir in der Innenstadt und haben uns den Marktplatz, die größte orthodoxe Kirche Westeuropas, den Dom, den Senatsplatz, Parlament und viele weitere Sachen angeschaut. Besonders hat mich der Hauptbahnhof mit seiner Monumentalarchitektur beeindruckt.
Dann war es aber auch schon höchste Zeit zum Flughafen aufzubrechen. Die Großeltern haben sich angeküdigt, um Marlas Geburtstag mit zu feiern. Damit die Überraschung auch gelingt, haben wir Marla eine Geschichte von großartiger Architektur des Flughafens und Sir Norman Foster aufgetischt.
Zwar war Marla erst verdutzt, aber nachdem sie verstanden hat, wer da gerade aus dem Security Bereich kam, war die Freude groß. Danach sind wir alle zum Hilton Hotel gefahren und haben die Großeltern abgeliefert. Sehr erfreut war ich über den kostenfreien Hotel-Parkplatz. So können wir in unmittelbarer Nähe stehen und sogar etwas die Hotelinfrastruktur, z.B. WLan, nutzen.
Kilometerstand: 12330 km
Tagesetappe: 51 km
07.08.2015 Marlas Geburtstag, Vergnügungspark Linnanmäki
Wir haben auf dem Hotelparkplatz erstaunlich gut und störungsfrei geschlafen. Nachdem Marla aufgeweckt war, startete wir mit dem Happy Birthday Song in den Tag. Dann stieg sie aus dem Alkoven und freute sich, dass wir das Womi ein bisschen geschmückt hatten. Schließlich sah sie den ersten Teil ihrer Geschenke und durfte ihre Kerze auspusten. Es wurden dann schließlich erstaunlich viel Geschenke: von den Großeltern, Jan und Jagna hatten was mitgegeben, und unsere Geschenke. Marla erhielt heute endlich ihren lang ersehnten Roller und drehte sofort einige Runden auf dem Parkplatz. Eigentlich hatten wir gehofft, im Baltikum in irgendeinen Sportladen einen anständigen Roller zu finden, aber wir haben es nach mehreren Versuchen aufgegeben. So kam es uns gerade recht, dass die Großeltern in Helsinki zu uns gestoßen sind.
Den Tag verbrachten wir schließlich im Vergnügungspark Linnanmäki, mitten im Herzen von Helsinki. Das erstaunliche, der Park kostet keinen Eintritt. Man kann sich zwar für 39 € ein Armband kaufen und dann alle Attraktionen beliebig oft fahren, aber man kann auch pro Fahrt 8 € bezahlen. Richtig familienfreundlich wird es, da zahlreiche Attraktionen, besonders für kleinere Kinder, ebenfalls kostenfrei sind.
Besonders gefallen hat mir ein Parcour mit Wasserhindernissen. In nichtvorhersagbaren Abständen wurde aus Düsen Wasser gespritzt. Wenn man nicht höllisch aufpasste und viel Glück hatte, konnte man ausgesprochen nass werden. Ich dachte schon ich habe es ganz gut geschafft, da erwischte mich dann doch noch ein Strahl. Zum Glück schien die Sonne und trocknete wieder alles. Marla hat es sehr gut gefallen, uns allen auch. Marlon wäre sicherlich das ein oder andere Fahrgeschäft auch mitgefahren, aber er hat genüßlich im Kinderwagen geschlafen.
Am Abend haben wir noch einen Lidl aufgesucht. Ich habe mich sehr gefreut wieder Leberwurst und echte Wurst einkaufen zu können. Im Baltikum haben wir faktisch nur noch Käse auf das Brot geschmiert. Die Wurst war unglaublich fettig. Gefühlt bestand die Wurst nur aus Fett und etwas Farbstoff. Die zweite Überraschung erlebte ich bei den Preisen. Abgesehen von Alkohol liegen die nicht weit über denen in Estland oder Deutschland.
Als wir wieder zurück waren, gab es noch etwas "Party" im Womi. Marla konnte die Choreografien aus dem Kindergarten für das Fliegerlied und ähnlich wieder üben.
Kilometerstand: 12380 km
Tagesetappe: 50 km
08.08.2015 Stadtbesichtigung Helsinki und Insel Suomenlinna
Als erstes noch ein Nachtrag. Als wir vor zwei Tagen auf dem Flughafenparkplatz standen, hat der Kühschrank Alarm geschlagen. Eine kurze Überprüfung am Herd zeigte, unser Gas war alle. Also habe ich unsere wiederbefüllte 11 Kg Flasche angeschlossen. Heute musste ich beim Recherchieren feststellen, dass es wohl in Finnland keine Möglichkeit gibt, graue deutsche Flaschen wiederzubefüllen (es sei denn, man hat einen "illegalen" Adapter und findet eine der seltenen Gastankstellen). Aber ich habe eine Karte für Gasfüllstationen in Schweden gefunden. Ich bin gespannt.
Heute wollten wir uns zusammen mit den Großeltern Helsinki anschauen. Nahe des Hilton fährt die Straßenbahn und wir konnten direkt beim Fahrer Tagestickets für 8 € erwerben. Bei der Stadtinformation haben wir den Tipp erhalten, dass Linie 2 bzw. 3 einer Stadtrundfahrt gleich kämen. Sie durchfahren nahezu alle wichtigen Punkte der Stadt in Form einer Acht. Achtung, einfach an der Endstation sitzen bleiben. Nicht wie wir aussteigen und, nachdem der Fahrer die Zahl an der Bahn gewechselt hat, wieder einsteigen.
Beim Tagesticket ist sogar eine Fährfahrt zur Insel Suomenlinna, einer gigantischen Festungsanlage, enthalten. Ein sehr lohnenswerter Ausflug. Das sehen offensichtlich die Einwohner von Helsinki ebenso. Ganze Herrscharren besiedelten die Insel und sonnten sich auf den Felsen oder machten Picknick auf der Wiese. Die Festung, gebaut im 18. Jahrhundert und Weltkulturerbe, hat gigantische Ausmaße. Man könnte auch heute noch stundenlang in den Katakomben umherstreifen. Gigantisch waren auch die altertümlichen Kanonen. Die von uns inspizierte war von 1879 und russischer Bauart. Die gesamte Festungsanlage diente der Verteidigung von Helsinki vor Angreifern auf dem Seeweg. Dafür war die Lage ideal. Jeder der Helsinki ansteuert muss faktisch an dieser Insel vorbei. Interessant war auch die Kirche, speziell der Kirchturm. Dieser dient nicht nur als Glockenturm, sondern der Kirchturm dient auch noch als Leuchtturm. Marla hatte sich gewünscht, dass wir noch ein bisschen ihren Geburtstag weiterfeiern. Heute hatten wir ihre Geburtstagskerze auf einem Muffin nochmal angezündet.
Zurück auf dem Festland suchten wir einen Spielplatz für Marla und eine Bank für Ulli, um Marlon zu stillen. Gar nicht so einfach und der gefundene war nicht gerade super, aber dafür konnten wir einer Hochzeit beiwohnen.
Kilometerstand: 12380 km
Tagesetappe: 0 km
09.08.2015 Porvoo, Lappeenranta
Heidi und Jürgen sind heute gegen 06:00 Uhr zum Flughafen aufgebrochen um die Heimreise anzutreten. Höchste Zeit auch für uns, Helsinki zu verlassen.
Nach reichlicher Überlegung und einem Ratschlag eines zufällig getroffenen Wohnmobilisten, haben wir uns gegen die küstennahe Route entschieden und werden östlich quer durchs Land fahren. Als erstes stand Porvoo auf unserem Plan. Bewaffnet mit einem Plan aus der Tourist-Information starteten wir zu einem Rundgang durch die Altstadt. Diese besteht fast vollständig aus alten Holzhäusern. Wobei alt durchaus relativ zu sehen ist. Aufgrund eines Brandes im Jahr 1760 waren 200 von 293 Häuser vollständig abgebrannt. Ursache war eine bereits am Morgen angesetzte Fischsuppe. Die Köchin ließ den Herd nur einen Moment aus den Augen und das Unheil nahm seinen Lauf. Aber die fleißigen Einwohner bauten die Stadt auf den verbliebenen Fundamenten wieder auf. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Kleine Gassen, bunte Holzhäuser und viel Geschichte. Zum Glück hatte ich mich gegen den Kinderwagen und für das Tragegestell entschieden. Denn die Straßen und Wege sind ähnlich alt und bestehen aus grobschlächtigen Pflaster. Leider wurde das auch Marla zum Verhängnis und sie stürzte. Zum Glück ist aber außer einem aufgeschlagenen Knie nichts weiter passiert und sie hat es erstaunlich tapfer weggesteckt.
Weiter ging es nach Lappeenranta, das Tor zum Saimaa Seenland und Nationalpark. Wir parkten am Hafen und haben uns zuerst für den beschwerlichen Aufstieg zur Festung entschieden. Belohnt wurde die Mühe mit zahlreichen Old- und Youngtimern. Scheinbar war heute ein Oldtimertreffen. Beispielsweise konnte ich einem Chevrolet Impala bewundern, jedem bekannt als Olsenbandenauto. Aber auch ein Alfa 164, Triumph Spitfire und ein Mercedes SL 280 (Auto von Jennifer Hart) konnten bewundert werden.
Am Hafen konnten wir noch zahlreiche Sandskulpturen bewundern und uns bei der Touristinformation mit gutem Material für die nächsten Tage ausstatten. Schließlich sind mir die Hafenpromenade noch entlang geschlendert. Heute Nacht stehen wir auf dem ehemaligen Festungsgelände.
Kilometerstand: 12630 km
Tagesetappe: 250 km
10.08.2015 Lappeenranta, Imatra
Unser Stellplatz für die Nacht erwies sich leider als nicht unbedingt optimal. Zum einen war spät in der Nacht merkwürdige Laute zu vernehmen. Zum anderen war ab 07:00 Uhr ein unglaublicher Verkehr. Als ich gegen 10:00 Uhr durchs Fenster schaute, war der Parkplatz komplett gefüllt und an einigen Stellen im Park wurden Kreativ Meetings im Stuhlkreis abgehalten.
Nach dem Frühstück fuhren wir zurück in den Hafen und statteten dem Spielplatz einen Besuch ab. Es ist immer wieder erstaunlich, welchen Spaß Kinder am Karusell haben, während die Erwachsenen zu kämpfen haben, um das Müsli im Magen zu behalten. Um 12:00 Uhr starteten wir zu einer Rundfahrt über die Finnische Seenplatte. Höhepunkt war eine Schleuse, in der wir 13 Meter Höhenunterschied überwunden haben. Beeindruckend, welche technischen Leistungen erbracht wurden, um die Schifffahrt zur Ostsee zu ermöglichen.
Danach haben wir einen Verkehrserziehungsgarten für Kinder aufgesucht. Marla konnte sich ein Fahrzeug aussuchen (es standen verschiedene Kettcars und Trettautos zur Auswahl) und versuchte dann, möglichst fehlerfrei, sich im Straßenverkehr zu bewegen. Das klappte erstaunlicherweise ziemlich gut. Scheinbar ist bei den 5000 km als Beifahrer und zahlreichen Fragen ziemlich viel hängengeblieben. Ich war fasziniert von der kindlichen Verkehrserziehung, zumal diese komplett kostenfrei zur Verfügung steht, inklusive einer Kettcar Polizei, die hin und wieder ihre Runden dreht.
Weiter ging es nach Imatra und bei der Ankunft sahen wir von der Autobahn aus einen Lidl. Eine günstige Gelegenheit unsere Vorräte aufzufüllen.
Pünklich 18:00 Uhr konnten wir dann das Schauspiel am Imatrafall beiwohnen. Seitdem der Fluss zur Stromerzeugung umgeleitet wurde, wird in den Sommermonaten für die Touristen das alte Flussbett "gewässert". Sprich 20 Minuten lang wird die Schleuse geöffnet und es ergießen sich 500 m³ Wasser pro Sekunde. Dazu wird traditionell über Lautsprecher das Stück "Es kocht der Strom" von Jean Sibelius gespielt.
Nach fünf Tagen Freistehen haben wir uns heute einen idylischen Campingplatz auf einer winzigen Halbinsel aufgesucht. Dank schnellem WLan konnte ich auch unsere Rückreise grob planen und habe für den 14.09.2015 eine Fährfahrt von Trelleborg nach Rostock gebucht. Ohne Schummeln in der Länge des Wohnmobils soll es 81 € kosten. Für 6,5 Stunden Fährfahrt. Praktisch geschenkt. Ich erinnere nur an die Fährfahrt zur kurische Nehrung, 30 € für sieben Minuten Fährfahrt.
Heute Abend musste ich noch ein Stückchen Fitz aus Marlons "Loden" rausschneiden. Wir müssen ihn in Zukunft scheinbar besser kämmen.
Kilometerstand: 12681 km
Tagesetappe: 51 km
11.08.2015 Festung Olavinlinna, Holzkirche in Kerimäki, Joensuu
Heute morgen haben wir verschlafen. Ulli weckte uns dann kurz nach 10:00 Uhr. Und das obwohl uns heute eine sehr große Etappe bevorstand. Leider wurden wir auf dem Campingplatz nicht unser Brauchwasser los. Allerdings haben wir den Tipp erhalten, bei einer ABC Tankstelle vorbeizuschauen. Und wirklich. Hier konnten wir nicht nur unser Grauwasser loswerden, sondern hätten sogar die Chemie-Toilette entsorgen, Wasser bunkern, speisen und übernachten können. Gut zu wissen.
So langsam erkenne ich, was dünn besiedelt bedeutet. Endlose Birkenwälder und hin und wieder ein Seeufer prägten unsere Reise nach Savonlinna. Hier haben wir uns entweder die größte Festungsanlage der Welt oder aber nur von Nordeuropa angeschaut. Je nachdem ob man dem Reiseführer oder der Museumsführerin Glauben schenken darf. Groß war sie, ohne Frage, aber ich denke ich habe auch schon größere gesehen. Auf jeden Fall war es eine der besterhaltenen und beeindruckensten. Gebaut wurde sie 1475 zur Verteidigung gegen Russland. Allerdings war die Grenze wohl nicht gut definiert. Jedenfalls war Russland der Meinung, dass die Festung auf ihrem Gebiet stand. Somit war sie ständiger Quell von Querelen und Kriegen. Irgendwann wurde dann Frieden geschlossen und die Festung fiel an Russland. Die bauten sie noch einmal massiv aus, allerdings hatte sie jetzt auch keinerlei strategische Bedeutung mehr. Beeindruckend war auch der Zugang zur Festungsinsel: über eine Brücke, die mit einem Außenbordmotor bewegt werden konnte, um Platz für die Berufsschifffahrt zu machen.
Danach ging es weiter zur größten Holzkirche der Welt. Sie hat 3400 Sitzplätze und bis zu 5000 Menschen können gleichzeitig darin Platz finden. Nicht schlecht für einen Ort, der nur 2500 Einwohner hat. Angeblich hat der Bauherr sich bei den Bauplänen vertan. Diese waren in Fuß bemaßt, er hat aber mit Metern gearbeitet. Leider war diese geschlossen (entgegen den Angaben im Reiseführer, aber vielleicht wird gerade über eine Erweiterung nachgedacht :-) und wir konnten sie nur von außen bewundern.
Danach suchten wir eigentlich schon nach einem Stellplatz für die Nacht. Aber irgendwie fanden wir nichts passendes. So fuhren wir dann doch noch bis Joensuu und stehen jetzt direkt vor einer Tennishalle auf dem Parkplatz.
Kilometerstand: 12959 km
Tagesetappe: 278 km
12.08.2015 Koli, Steinmuseum, Nurmes
Obwohl es die Nacht geregnet hat, haben wir alle sehr gut geschlafen. So gut, dass eigentlich keiner aufstehen wollte.
Nach dem Frühstück ging es zur Tourist-Information. Eigentlich wollten wir uns das Carelicum anschauen, in dem Llut Reiseführer eine Dorfstraße der karelischen Kultur gewidnet ist. Allerdings war das bei näherer Betrachtung nichts für uns und selbst wurde im Reiseführer besser angepriesen als von den Museumsmitarbeitern. Wir beschlossen direkt nach Koli zu fahren, dem Ausgangspunkt des Koli-Nationalparks mit einer Bergkette mit fantastischem Ausblick und Wandermöglichkeiten. Und diesmal hat der Reiseführer nicht übertrieben. Zwar musste man auf dem glatt polierten Granitfelsen sehr aufpassen um nicht zu stürzen, aber die Aussicht vom Ukkokoli (347 m hoch) auf die Seenplatte bis nach Russland war es wert. Im Winter, wenn es zugeschneit ist, muss das traumhaft aussehen, zumal dann eine Eisstraße auf die andere Seite des Sees führt. Marla konnte bei der Wanderung endlich wieder Blaubeeren pflücken.
Weiter ging es nach Norden in Richtung Nurmes, unserem Tagesziel für heute. Unterwegs haben wir noch am Steinzentrum Tulikivi halt gemacht. Für 7 € Eintritt konnten wir in die faszinierende Welt der Steine und Mineralien eintauchen. Was ich besonders interessant fand, es waren einige Repliken von Goldnuggets ausgestellt, die im Goldgürtel von Finnland gefunden wurden. Der größte Goldnugget wog knapp 400 g. Bei dem aktuellen Goldpreis wäre die Reise definitiv refinanziert. Schauen wir mal, wir kommen ja noch in den Goldgürtel :-). Als Sonderausstellung waren einige Fotografien von Ismo Hölttö ausgestellt. Er lichtete in den 60ern bevorzugt Menschen des alltäglichen Lebens mit einer unglaublichen Ausdrucksstärke ab. Die Bilder waren einfach stark.
Angekommen in Nurmes haben wir uns auf einen Parkplatz der Diakonie gestellt. Mitten während des Abendbrots fuhr ein Reisebus auf den Platz. Mit einmal waren wir umringt von jeder Menge Neugieriger, die alle hungrig zu uns reinsahen. Nunja, wie sagte Kirk immer so schön "Schilde hoch". In unserem Fall, Rollos hoch.
Nun ist es amltich: Marlon bekommt seine ersten Zähne. Man kann schon deutlich die erste Zahnecken schimmern sehen und spüren. Passend dazu entwickelt er eine Vorliebe für alles, was wir essen. So kann es passieren, dass er deutlich am Pistenbrötchen zieht und daran rumkatscht. Noch lieber hat er aber Nektarinenscheiben, die er genüsslich entsaftet.
Kilometerstand: 13126 km
Tagesetappe: 167 km
13.08.2015 Nurmes, Kajaani, Oulu
Als erstes schauten wir uns heute das Museum in Nurmes an. Das Heimatmuseum war nicht nur kostenfrei!, sondern auch noch mit unglaublich viel Liebe zum Detail hergerichtet. Die Geschichte des Ortes in verschiedenen Zeitepochen wurde sehr lebendig dargestellt. So fehlten auch nicht eine Kopie eines alten Klassenzimmers oder eine ehemalige Wohnungseinrichtung um die vorletzte Jahrhundertwende. Bei einem uralten flipperähnlichen Kugelspiel konnten wir dann noch unsere Geschicklichkeit unter Beweis stellen.
Danach sind wir nach Kajaani aufgebrochen. Das richtig leckere Mittagessen besorgten wir uns an der warmen Theke im Supermarkt und verzehrten es auf einem Spielplatz. Dann haben wir uns noch die Highlights der Stadt, eine Kirche und Ruinen einer Burg, angeschaut. Danach zog es uns weiter. Wir wollten so weit wie möglich Richtung Oulu kommen, um morgen mehr Zeit für die Besichtigung zu haben. Die Fahrt haben wir uns mit Hörspielen, Autobingo und einer Fitnesspause am See ganz gut gestaltet. Auch müssen wir dringend einen Zeltplatz zum Wäschewaschen ansteuern. So kam es, dass wir abends auf einen Parkplatz, direkt am Strand von Oulu unser Fahrzeug abstellten. Da blieb es natürlich nicht aus, dass wir nochmal zum Strand spazierten und die Mädels die Füße in der Ostsee badeten.
Kilometerstand: 13437 km
Tagesetappe: 311 km
14.08.2015 Oulu, Freilichtmuseum Turkansaari, Ii
Dank Google Translater habe ich gestern abend noch die Bedeutung der Finnischen Wörter unter dem Parkplatzschild herausgefunden. "Camping verboten"! Da ich aber keine Lust mehr hatte was neues zu suchen, wir in der Nachsaison sind und streng genommen nur parken, blieben wir einfach stehen. Es kam auch keiner und hat uns belästigt. Wir haben wie gewohnt gut und lang geschlafen.
Nachdem wir einen kostenfreien Parkplatz direkt hinter dem Marktplatz gefunden hatten, haben wir uns die Stadt Oulu angeschaut. (In der Innenstadt gab es Parkplätze, die 2 € für 48 Minuten kosteten.) Besonders gefallen hat mir der Marktplatz mit der Jugendstilmarkthalle und den restaurierten Speicher- und Lagerhallen. Der Marktplatz wurde vom "Marktpolizisten" bewacht. Aber auch der im Neoklassizistischen Stil 1832 nach einem Brand wiederaufgebaute Dom weiß zu beeindrucken. Aber viel mehr gab es nicht zu entdecken.
Nach einem leckeren Mittag bei einer internationalen Burgerkette, die ihr Fleisch grillt, fuhren wir weiter zum Freilichtmuseum Turkansaari. Jeden Sommer wird in 40 Gebäuden die alte Bauern-, Holzfäller-, Flößer- und Teerarbeiterkultur wieder lebendig. Leider scheint die Saison vorbei zu sein. Es gab keinerlei Vorführungen. Aber auch so war es beeindruckend, wie beispielsweise noch in den 60er Jahren die Holzfäller im Wald gelebt haben. Auch war mir nicht bewußt, dass durch eine geschickte Anordnung von Holz beim Köhlern Teer gewonnen werden kann. Das Gelände war sehr weitläufig, bewaldet und Wasser drumherum. Es wimmelte nur so an Pilzen, aber auch die Mücken waren steckfreudig.
Anschließend fuhren wir in die Nähe von Ii auf einen Zeltplatz, um endlich Wäsche zu waschen. Gegen 17:00 Uhr waren wir noch die einzigen Gäste. Die Saison in Finnland ist fast vorbei, zumindest was die Finnen betrifft, denn seit dieser Woche ist wieder Schule. Marla hat hier alle Hollywoodschaukeln ausprobiert. Auch Marlon fand daran gefallen, zumindest lachte er im Tragegestell, als die Mädels zusammen schaukelten.
Kilometerstand: 13509 km
Tagesetappe: 72 km
15.08.2015 Rovaniemi
Heute morgen wachten wir bei 13° im Wohnmobil auf. Ulli hat sich geopfert und die Webasto angeworfen. Leider war das nur kurzfristig von Erfolg gekrönt. Nach kurzer Zeit ging sie aus, nachdem das Gebläse auf höchster Stufe lief und es wurde durch Blinken ein Fehlercode signalisiert. 10x lang und 6x kurz. Ich bin gespannt, was das nun wieder zu bedeuten hat. Jedenfalls hat es dann im zweiten Versuch besser geklappt und innerhalb kürzester Zeit hatten wir es erträglich warm.
Heute war Ullis Geburtstag. Marla und ich stimmten deshalb ein "Happy Birthday to you" an, wünschten alles Gute und entzündeten zwei Kerzen. Kurz darauf fing auch das Handy an zu klingeln und die ersten Geburtstagsgrüße trafen ein.
Nachdem obligatorischen Ver- und Entsorgen auf dem Campingplatz, sind wir nach Rovaniemi aufgebrochen. Immerhin lagen 190 km vor uns. Aber dank TKKG vergingen auch diese wie im Fluge. Angekommen parken wir nahe beim Polarkreis und wurden schon mit weihnachtlichen Klängen empfangen. Und wir hatten Glück, ein Schild wies darauf hin, dass der Weihnachtsmann zugegen war. Über einen langen, dunklen Gang, über Eis und Lava haben wir uns der Höhle vom Weihnachtsmann genähert. Was mir bis dahin nicht bekannt war, offensichtlich steuert er auch die Erdrotation, zumindest gab es einige Schilder ("earth rotation speed regulation") und technische Geräte, die darauf hinwiesen.
Dann hatten wir noch einmal Glück und wurden praktisch sofort zum Weihnachtsmann vorgelassen. Nach einer höflichen Begrüßung kamen wir ins Plaudern, in dessem weiteren Verlauf er Ulli zum Geburtstag gratulierte und nach unseren Wunschzetteln fragte. Daran hatten wir natürlich nicht gedacht. Kein Problem, wir könnten die noch per Post nachreichen. Na dann kann ja dieses Jahr nichts mehr schief gehen. Übrigens haben wir uns in Deutsch mit dem Weihnachtsmann unterhalten. Marla war schwer beeindruckt. Marlon dagegen lachte, wahrscheinlich aber nicht über oder mit dem Weihnachtsmann. Mit ganz viel Toben auf dem Spielplatz haben wir den Tag ausklingen lassen. Nun treten wir unsere Heimreise an, dann weiter nördlich geht es für uns auf dieser Reise nicht mehr. Generell werden wir nun auch größere Etappen fahren müssen. Aber wir freuen uns auf Schweden und Norwegen.
Kilometerstand: 13707 km
Tagesetappe: 198 km
16.08.2015 Arktikmuseum Rovaniemi
Sowohl Ulli als auch ich hatten Schwierigkeiten mit dem Einschlafen, da uns Wolfsähnliches Geheule wachgehalten hat. Keine Ahnung, ob da wirklich Wölfe draußen waren, aber das anhaltene Geheule war schon unheimlich.
Zum Glück hatte ich gestern Abend noch die Thermomatten auf das Fahrerhaus montiert. Die Nacht fielen die Temperaturen auf 5-6°. Im Wohnmobil hatten wir immerhin noch 13°. Die Webasto Heizung und die aufgehende Sonne haben unser Mobil dann in Rekordzeit wieder auf kuschelige Temperaturen gebracht.
Als erstes lief ich heute mit Marla zum offiziellen Weihnachtsmannpostamt, um unsere geschriebene Karten in den Briefkasten zu werfen und einen Sonderstempel vom Polarkreis zu erhalten. Danach fuhren wir nach Rovaniemi zurück und besuchten das Arktikmuseum.
Mit 12 € für die Erwachsenen (Kinder unter 7 frei) nicht gerade billig, aber es wird auch wirklich was geboten. Angefangen von der Sonderausstellung "Wir waren Freunde", die sich kritisch mit der Zusammenarbeit von Finnland und Nazideutschland auseinandersetzt, über Umwelt- und Naturschutzthemen und Polarlichter wurde alles praxisorientiert und unterhaltsam präsentiert. Auch Marla hatte ihren Spaß, das vieles auch speziell für Kinder angeboten wurde. Beispielsweise "Baue eine Pipeline", "Klettere in einen Fuchsbau" oder die Simulation einer Hütte, bei der ein Eisbär rein will. Mir haben besonders der Schneeflockensimulator (die schönsten wachsen bei hoher Luftfeuchtigkeit und ca. -20° ) und das Polarlichtkino gefallen.
Danach ging es noch einmal zu Lidl, um unsere Vorräte aufzustocken. Erstaunlich in Finnland ist, dass Alkohol faktisch verteufelt und entsprechend bepreist wird, Glücksspielautomaten aber gesellschaftlich akzeptiert sind und in jeder Kaufhalle stehen. Was mich sehr gefreut hat, ist die alltägliche Nutzung von Oldtimer Fahrzeugen. Angefangen von schrottigen Chevy Vans bis zu perfelt restaurierten Cadillacs findet man alles. Gern auch auf dem Kaufhallenparkplatz.
Weiter ging es in Richtung Schweden. Kurz vor der Grenze haben wir noch einmal für 1,229 €/l getankt und kurz nach der Grenze haben wir direkt an der Ostsee einen schönen stellplatztauglichen Parkplatz gefunden. Amüsant fand ich, dass ca. 200 m nach der Grenze der erste IKEA Markt auf seine Kunden wartete. Den Nachmittag verbrachten wir ganz chillig mit Kaffeetrinken und in der Sonne auf der Picknickdecke. Das fand Marlon besonderns schön. Marla hat wieder mal unsere Obstvorräte aufgestockt und ganz viele rote Johannisbeeren gepflückt. Nun hatte uns die "deutsche" Zeit wieder und wir schauen mal, wann wir morgen aufwachen und die Weiterfahrt starten.
Kilometerstand: 13848 km
Tagesetappe: 141 km
17.08.2015 Gammelstads
Der Morgen begann eigentlich super. Ich hatte sehr gut geschlafen. Die Sonne lachte uns wach. Und beim Frühstück wurden wir durch Baseball auf dem angrenzenden Sportplatz unterhalten. Nur irgendwie schmeckt das Nutella Brötchen komisch. Die Erklärung fand sich dann in Form von gesalzener Butter. Irgendwie haben wir uns beim Einkauf vertan. Und das Beste, nach 125g, 150g oder 175g Butterstückchen haben wir diesmal eine 500g Packung. Super.
In Helsinki wurde unsere kleine Gasflasche leer. Im Internet fanden wir eine Karte mit Auffüllstationen in Schweden. Die erste nach der Grenze sollte in Kalix sein. Nach 60 km fanden wir sie auf Anhieb, nur leider füllen sie keine Flaschen mehr. Nun war guter Rat teuer. Weiter ging es nach Luleä zur Tourist-Information. Hier bekamen wir eine Adresse zum Gasflaschen auffüllen mit dem Hinweis, dass sie viele Deutsche schon dorthin geschickt haben und noch nie negatives Feedback erhalten haben.
Vorher haben wir uns aber noch Gammelstad angeschaut. Diese kleine Örtchen ist ursprünglich eine Kirchstadt und deshalb auf der Unesco-Welterbeliste. Wir wussten bis dato nicht, was eine Kirchstadt ist. Die Häuser des Ortes werden von den Gemeindemitglieder genutzt, wenn kirchliche Anlässe sind. Ansonsten sind die Häuser nicht bewohnt. Das schon fast kulissenhaft Örtchen hat über 400 kleine dunkelrote Häuschen. Die Kirche war ebenso schwer beeindruckend.
Weiter ging es zur Gasfüllstation. Aber auch diese wollte unsere Flasche nicht füllen. Aber sie waren so nett, für uns herum zu telefonieren. Und tatsächlich konnten sie uns helfen. In Öjebyn, Bjälkvägen 4, würden sie unsere Flasche füllen, wenn wir vor 16 Uhr kommen. Zwar lag das nicht auf unserer Strecke, aber was solls. 30 Kilometer weiter, es war inzwischen 15:30 Uhr, füllten sie tatsächlich unsere Flasche. Mit Wiegen und allem was dazu gehört. Nur der Preis war exorbitant. 260 SKR, knapp 30 €, für 5 Liter Gas. Das Gas muss mit Goldstaub angereichert sein. Aber immerhin haben wir jetzt wieder eine Reserve, falls unsere große Flasche noch leer werden sollte.
Eigentlich war das Tagesziel Arvidsjaur. Aber durch unseren Gasspaß hat sich das Navi für einen anderen Weg nach Trondheim entschieden und wir nahmen die landschaftlich reizvolle Route quer durch die Pampa. Zwar waren die Straßen immer noch erstaunlich gut, aber stellenweise konnte man nur durch die hin und wieder am Straßenrand auftauchenden Briefkästen auf Zivilisation schließen. Dann ging unsere Reise noch durch ein Gebiet, was mich unweigerlich an Terraforming erinnerte. Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen, welche gigantischen Großprojekte man hier ins Nichts bauen wollte. Marla hatte sich heute einen Teil der Fahrt mit zu Ulli nach hinten an den Tisch gesetzt, so konnte sie viel malen und rätseln. Marlon hatte heute beschlossen, relativ viel auf der Fahrt zu schlafen.
Auf Empfehlung der Tourist-Information steuerten wir am Abend einen Rastplatz in der Nähe von Ruskträsk an und waren vollkommen perplex. Total idyllisch standen wir mit einigen anderen Wohnmobilisten im Wald. Jeder hat seine eigene Picknickbank, es gibt Grillstellen, einen kleinen Spielplatz, sehr saubere Toiletten und sogar die Entsorgung war gesichert. Wir hatten schon viele Campingplätze, die schlechter waren. Und das auch noch kostenfrei. Unglaublich.
Auf Informationstafeln fand sich auch die Erklärung für die Mondlandschaften. Wir sind durch ein Goldschürfgebiet gefahren. Offensichtlich werden da gigantische Gesteinsmassen bewegt, um an das glänzende Gold zu gelangen. Heute Abend haben wir uns dann noch die roten Johannisbeeren gegönnt, die Marla gestern für uns gepflückt hatte - lecker.
Kilometerstand: 14242 km
Tagesetappe: 394 km
18.08.2015 Östersund
Wir haben gestern beschlossen, heute wieder einen Fahrtag einzulegen. Noch vor 10 Uhr starteten wir von unserem schönen Rastplatz - übrigens waren da schon alle anderen Wohnmobilisten weg. Heute mussten wir auch wieder tanken: für 12,64 SKR, also ca. 1,40 €. Unser Durchschnittsverbrauch liegt jetzt bei 11,13 l, da es hier schon etwas bergiger ist.
Nach der Hälfte der Strecke, in Dorotea, haben wir eine schöne Fitness- und Picknickpause eingelegt. Es gab belegtes Brot, Knackwurst und Obst. Dann haben wir die Fahrt fortgesetzt durch Wälder, Wälder, Wälder. Mit Hörspiel, Vorlesen, Malen nd Musik ging die Fahrt ganz gut vorüber. Gegen 16 Uhr waren wir endlich am Zielort, in Östersund. Wir parkten auf Wohnmobilparkplätzen im Yachthafen und brachen unmittelt auf zum Stadtspaziergang. Dabei war unser erster Anlaufpunkt die Touristinformation, und wir wurden wieder einmal sehr gut beraten und informiert. Auch gab man uns Auskunft über die beste Stellplatzmöglichkeit vor Ort.
Die Innenstadt ist ganz gemütlich und überschaubar. Hier gab es eine Art Dino-Parade, und Marla rollte oder lief von Dino zu Dino. Schließlich haben wir unser Womi noch direkt ans Wasser umgesetzt und genießen nun einen herrlichen Ausblick mit ca. 5 weiteren Wohnmobilisten. Im Sommer ist dieser Platz wohl richtig voll, aber die Hochsaison ist auch hier vorbei.
Für unsere Wegstrecke morgen nach Trondheim haben wir in der Touristinfo noch ein paar Tipps erhalten, auf die wir uns freuen. Schweden werden wir am Ende unserer Reise wiedersehen.
Kilometerstand: 14592 km
Tagesetappe: 350 km
19.08.2015 Trondheim
Heute war einer dieser Tage, die man möglichst schnell vergessen will. Zum Glück hatten wir bisher nur zwei davon. Der erste war in Tallin und endete mit einem kaputten Fenster. Und der heutige.
Eigentlich begann der Tag super. Wir hatten einen hervorragenden Stellplatz und konnten lange und in Ruhe schlafen. Auf dem Programm stand heute die Fahrt nach Trondheim, unterwegs zwei Wasserfälle und wenn alles gut ging eine erste Stadtbesichtigung.
Der erste Wasserfall war nach einem kurzen Fußmarsch erreicht und war bereits beeindruckend. Leider verpassten wir unterwegs den zweiten Wasserfall, angeblich mit 14 m der höchste in Schweden. Wie wir das geschafft haben ist mir ein Rätsel. Zurückfahren wollten wir aber auch nicht. Und wir haben heute einen Elch vor uns gemütlich über die Straße trotten sehen - für Marla und mich der zweite Elch der Reise, für Ulli der erste.
Der erste Eindruck von Norwegen war überwältigend. Irgendwie erinnerte es mich an Österreich oder die Schweiz. Alles wirkte sehr idyllisch, sauber und gediegen.
Auf dem Weg nach Trondheim führte uns das Navi über einige mautpflichtige Straßen. Zumindest deuteten einige Schilder darauf hin. Nur leider tauchten keine Mauthäuschen auf oder irgendwelche andere Bezahlstellen. Jetzt beschlich mich ein ganz schlechtes Gefühl. Ich erinnerte mich noch zu gut an eine Fahrt mit einer Freundin nach Österreich zum Skifahren, als wir irgendwie auf die Autobahn gerieten und natürlich keine Plakette hatten. Nur mit viel Glück, die Polizei hatten gerade einen anderen Mautpreller rausgezogen, waren wir damals davon gekommen. Allerdings meinte ich mich zu erinnern, dass Mautpreller mit drakonischen Strafen belegt werden. Jedenfalls informierte ab und zu ein Straßenschild darüber, dass Maut zu entrichten sei und auch ein Betrag wurde hin und wieder aufgeführt. Mal 32kr, dann 75Kr usw. Irgendwann war ich dann so verunsichert, dass ich ernsthaft darüber nachgedacht habe, auf dem nächsten Parkplatz anzuhalten und jemanden zu fragen.
Nach vielen weiteren Staus, Baustellen usw. standen wir irgendwann in der Nähe der Tourist-Information. Ich schickte Ulli mal hin und parkte faktisch auf dem größten Platz der Stadt am Rande einer Baustelle. Nach gefühlter Ewigkeit, ich saß faktisch wie auf Kohlen, kam Ulli zurück. Die gute Nachricht war, dass wir bei der Maut nichts verkehrt gemacht haben. Da wir nicht registriert sind, wurden an allen mautpflichtigen Stellen Fotos angefertigt und wir bekommen, angeblich ohne Mehrkosten, eine Rechnung nach Hause gesandt. Na da bin ich ja mal gespannt. Die schlechte Nachricht war, dass unser angedachter Stellplatz in der Stadt wegen einer Messeveranstaltung nicht nutzbar sei. Damit begann eine endlose Suche nach einem Stellplatz. Leider hatte ich auch eine schlechte Nachricht. Ich hatte auf meinem Baustellenparkplatz WLan und konnte meine Mails abrufen. Die neue Scheibe für unser kaputtes Fenster soll 320 € + 55 € Versand kosten :-(
Nach nochmal einer gefühlten Ewigkeit und endlosem Stop-and-Go Verkehr in brütender Großstadthitze sind wir auf einem Parkplatz direkt vor dem Castell gelandet. Ab 18:00 Uhr darf man sogar umsonst stehen. Leider nur bis 06:00 Uhr. Da wir aber nichts besseres gefunden haben, hat Ulli sich geopfert und wird morgen früh ein Ticket ziehen.
Marlon schaute eigentlich die ganze Zeit quietschvergnügt. Das tut sehr gut in solchen nervigen Momenten. Wir hatten schließlich auch noch einen sehr schönen Spaziergang über das Festungsgelände. Von hier oben ist der Blick auf die Stadt beeindruckend. Auch einen schönen Spielplatz haben wir gefunden, so konnte sich Marla den norwegischen Mädels beim Schaukeln anschließen.
Kilometerstand: 14877 km
Tagesetappe: 285 km
20.08.2015 Trondheim, Valsoya Fjordcamping
Pünktlich um 06:00 Uhr klingelte der Wecker und Ulli hat ein neues Parkticket gezogen. So konnten wir noch etwas schlummern und in Ruhe frühstücken.
Zeitig wie noch nie, gegen 08:00 Uhr, starteten wir zu einem Parkplatz direkt in der Innenstadt von Trondheim. Der Vorteil war, dass noch genügend Lücken zur Auswahl standen. So auch eine extra lange. Da waren auch die Parkgebühren von 90 Kr für 3 Stunden zu verschmerzen. Auch die Stadtbesichtigung war sehr entspannt. Zum einen waren außer uns praktisch noch keine Touristen unterwegs und zum anderen war es spannend, die Stadt erwachen zu sehen. Beim Bummel durch enge Gassen mit Holzhäusern könnte man glatt vergessen, in einer der größten Städte in Norwegen zu sein. Besonders interessant, aber auch teuer, war der Dom. Er ist die wichtigste Kirche des Landes, denn hier werden die norwegischen Könige gekrönt.
Weiter ging es in Richtung Westen. Die Landschaft wurde abwechslungsreicher und wir erreichten unsere ersten Fjord. Nach etwa 100 km suchten wir einen Campingplatz. Den restlichen Nachmittag haben wir beim Faulenzen am Fjord, wandern oder einfach mit Nichtstun zugebracht und haben uns von den Strapazen der letzten Tage erholt. Heute Abend wurde es noch einmal spannend: Wenn möglich, schaue ich gern die Tagesschau. Doch heute wollte sich die Satellitenantenne nicht ausfahren. Dem Campingplatz sei dank konnten wir mit einer Leiter das Problem vor Ort, also am Dach lösen.
Kilometerstand: 15001 km
Tagesetappe: 124 km
21.08.2015 Molde
Leider sind, im Gegensatz zum Baltikum, die freien Internetzugänge sehr dünn gesäht. Aber gestern Abend auf dem Campingplatz hatten wir einen schnellen Internetzugang. Damit konnte ich nicht nur die Berichte der letzten Tage hochladen, sondern auch den weiteren Streckenverlauf abstecken. Wir müssen noch (bzw. dürfen) 1500 km in den nächsten 25 Tagen zurücklegen, um pünktlich unsere Fähre in Trelleborg zu erreichen. Nach den stressigen langen Etappen der letzten Zeit können wir es also entspannter angehen.
Bevor wir nach Molde starteten, haben wir noch Wasser gebunkert und entsorgt. Ersteres sollte noch für Spaß sorgen. Nach 40 Kilometern kurviger Gebirgsfahrt meldete Ulli Wassereinbruch und nasse Füße. Zum Glück waren wir gerade an der Fähre angekommen und konnten sofort drauffahren. Eine erste Analyse zeigte, dass der Wassertank selber intakt und trocken war. Wo kommt nur das Wasser her? Dann sah ich Wasserspuren an der Außenwand in der Nähe des Einfüllschlauches. Der war aber fest und trocken. Nicht aber der Druckausgleichsschlauch, um die Luft beim Befüllen entweichen zu lassen. Nicht nur, dass er viel zu dick ist um richtig draufzupassen, ie Schelle war auch nicht festgezogen. Nun ja. Italienische Bauwerkskunst vom Feinsten. Ich hoffe das Problem mit etwas Klebeband bzw. biegen und festziehen der Schelle erstmal gelöst zu haben.
Angekommen in Molde steuerten wir einen von Campercontact empfohlenen Parkplatz direkt am Meer an und sind erstmal in die Stadt gelaufen. Es ist erstaunlich wie sauber, geplegt und bieder alles ist. Bäume auf den Verkehrsinseln werden nachts beleuchtet. Überall hängen Blumenampel, sind Blumenbeete angelegt und selbst auf dem Rasen könnte man sofort Golf spielen. In Molde selber gab es zahlreiche Springbrunnen und jede Menge Kunstwerke zu bewundern. Und auf dem Dach des Rathauses wurden ein Rosengarten angelegt. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Gemeinden finanziell gut aufgestellt sind. Das einzige was man schmerzlich vermisst sind Spielplätze. Aber man sieht auch kaum Schwangere bzw. Kinderwagen. Vielleicht gibt es einfach keinen Bedarf. Auf jeden Fall kein Vergleich zum Baltikum, wo an jeder Ecke super ausgestattete Spielplätze, gerne auch mit Sportgeräten für Erwachsene, warteten.
Auf dem Rückweg sind wir noch an einem Supermarkt vorbeigekommen. Ich weiß zwar nicht was der durchschnittliche Norweger verdient, aber es muss üppig sein. Das preiswerteste Wasser im günstigen 5 l Kanister kostete ungefähr 1 €. Pro Liter wohlgemerkt. Abgepackte Äpfel ca. 12 € pro Kilo. Zwar gibt es auch Sachen, die nicht signifikant teurer sind im Vergleich zu Deutschland. Aber ich bin froh, dass wir im Wohnmobil so viele Vorräte haben.
Am späten Nachmittag haben wir dann doch noch einen Spielplatz gefunden und die Füße ins Wasser gehalten - für weitere Körperteile ist das Wasser einfach zu kalt.
Noch eine Anmerkung zum Wetter. Die Schlagzeile einer Norwegischen Tageszeitung war heute auch für mich gut zu lesen, "Super August". Eine Nachfrage an der Tourist-Information bestätigte das. Noch nie war es im August so sonnig und warm. Nunja, die Kochs waren ja auch noch nie zu Besuch ;-)
Kilometerstand: 15095 km
Tagesetappe: 94 km
22.08.2015 Alesund
Leider war der Himmel heute morgen bedeckt. Nicht gerade ideale Voraussetzungen für unseren ersten Punkt auf der Tagesordnung. Trotzdem fuhren wir direkt nach dem Frühstück auf einen nahegelegenen Aussichtspunkt. Trotz der beschränkten Fernsicht war der Anblick von bis zu 222 Bergen und dem Fjord beeindruckend.
Danach ging es zielstrebig zu Fähre, die wir vom Berg aus haben kommen sehen. Wir hatten Glück und wenige Minuten später waren wir auch schon auf dem Schiff. Diesmal mussten wir 450 Kr für eine halbe Stunde Fahrt bezahlen. Selbst Marla hat bereits einen Fahrschein lösen müssen.
Dann noch eine Stunde Fahrt und wir erreichten Alesund und steuerten zielstrebig einen von Campercontact empfohlenen Parkplatz an. Zuerst haben uns die hohen Kosten von 250 Kr für 24 h abgeschreckt. Aber zum einen war er alternativlos günstig in der Innenstadt gelegen und zum anderen mit Strom, Toiletten und kostenfreien Duschen ausgestattet. Da relativiert sich der Preis und wir waren froh noch einen freien Platz ergattert zu haben. Auch ein Wohnmobil aus Chemnitz und Stollberg standen hier.
Nach einem verspäteten Mittagessen sind wir zur Stadtbesichtigung aufgebrochen und haben zielstrebig die Tourist-Information angesteuert. Die schickte uns auf einen Rundwanderweg zum Aksla Aussichtspunkt. Eine beeindruckende Aussicht entschädigte für die Strapazen des Aufstiegs. Auf dem Rückweg haben sich die Mädels in einem Brunnen erfrischt. Weiter gings es über malerische Gassen am Hafen vorbei zur Kirche. Leider war diese verschlossen, aber eine Bank am Hafen und das Schaulaufen der Reichen und Schönen mit ihren "Spielzeugen" entschädigte dafür. Ich muss lange zurückdenken, um mich an eine ähnliche Ansammlung von schönen und teuren Schiffen zu erinnern.
Kilometerstand: 15179 km
Tagesetappe: 84 km
23.08.2015 Geiranger Fjord, Skeringsdal Gletscher
Während Marla und ich heute Morgen ent- und versorgt haben, war Ulli mit Marlon bei der Tourist-Information. In vier Tagen könnten wir in Flam sein. Dort beginnt eine der schönsten Bahnstrecken Europas, wenn nicht der ganzen Welt. Und da wahrscheinlich auch andere auf die Idee kommen, wollte ich schon mal Tickets buchen.
Danach haben wir noch für 12,25 Kr/l vollgetankt. Unser Durchschnittsverbrauch ist auf 10,5 l/100km gestiegen. Kein Wunder bei den vielen Bergen.
Danach ging es durch malerische Landschaften in Richtung Geiranger Fjord. Das erstaunliche war, dass es hinter jeder Ecke noch beeindruckender wurde. Ein erster Höhepunkt war der Aussichtspunkt auf den Fjord, nebst hautnahen kleinem Wasserfall.
Weiter ging es über Serpentinen Straßen in Rekordzeit von 350 m auf nahe Null. Nach mehreren Stopps, einer Kühlpause unserer Bremsen und der Ortsbesichtigung in Geiranger ging es wieder hoch. Dabei konnten wir das erste Mal auf unserer Reise Schnee bzw. Eis anfassen. Innerhalb kürzester Zeit ging es von 0 auf 1100 m. Leider hatte ich wieder Schwierigkeiten mit dem Druckausgleich und mir klingelten die Ohren. Leider hatte nicht nur ich Probleme. Als Marla auf Toilette wollte, konnte sie den Hebel nicht bedienen um die Kassette zu öffnen. Die Fehlersuche erwies sich als schwierig und eine große Sauerei. Aber es zeigte sich, dass in der Kassette ein so großer Überdruck herschte, dass sie nur mit großer Anstrengung geöffnet werden konnte. Wieder was neues gelernt. Bei großen Höhenänderungen in kurzer Zeit öfters mal die Toilette öffnen.
Heute haben wir einen super Stellplatz gefunden. Direkt im Schatten eines gigantischen schneebedeckten Berges am malerischen Ufer des Gletschersees Djupvatn. Besser kann man nicht stehen. Marla und Ulli haben ihr obligatorisches Fußbad abgehalten und Marla die Bergluft genossen. Mal sehen, wie kalt es diese Nacht wird. Um 22:00 waren es noch 13°C.
Kilometerstand: 15304 km
Tagesetappe: 125 km
24.08.2015 Jostedalsbreen, Briksdalbreen
Die Nacht verlief ausgesprochen ruhig und erholsam. Zum Glück habe ich gestern noch meine neu erworbene Thermomatte am Fahrerhaus angebracht. So blieb es trotz einstelliger Temperaturen angenehm warm im Wohnmobil.
Zum Frühstück hat Ulli Gletscherwasser geholt und Kaffee bzw. Tee gekocht. Ich habe zwar keinen Unterschied festgestellt, aber Ulli hat sich gefreut. Nachdem wir noch kurz die Umgebung erkundet und Steinpyramiden gebaut haben, starteten wir in Richtung Gletscherlandschaft Jostedalsbreen.
Leider war die Fahrt zwar landschaftlich extrem reizvoll, allerdings auch sehr anstrengend. Besonders die zahlreichen Tunnel haben ihre Tücken und sind bei weitem nicht mit denen in Deutschland zu vergleichen. Kaum Ventilation und Beleuchtung, sehr niedrige Deckenhöhe und die Breite der Straße zwang mich mehrmals zum Anhalten, wenn ein Bus oder LKW entgegenkam. Aber die zahlreichen Wasserfälle und Aussichtspunkte entschädigten für vieles.
Nach einer kurzen Stärkung auf dem Gletscherparkplatz, der in Wirklichkeit eine Art Campingplatz war, starteten wir zum Gletscher Briksdalbreen. Die Wanderung sollte ca. 45 Minuten betragen. Dank zahlreicher Fotostops und der globalen Klimaerwährmung haben wir eher das Doppelte gebraucht. Auf sehr informativen Infotafeln konnte man sich zur Geschichte belesen. Beispielsweise war der Gletscher schon mindestens einmal, vor ca. 6000 Jahren, komplett abgeschmolzen. Leider schmilzt er seit dem Ende der jüngsten kleinen Eiszeit, also seit Ende des 18.Jh. So konnten wir leider aus Sicherheitsgründen nicht mehr den Geltscher direkt anfassen, aber auch so war es sehr beeindruckend. Interessant war auch, dass die Gletscherzunge mit ca. 10000 l/s einen türkisgrünen Gletschersee speist. Wir alle, also besonders Marla und auch Marlon, fanden die Erfrischung in Form eines schäumenden Wasserfalls unterwegs sehr schön. Die Gicht hatte durch den Wind schon fast Duschfunktion. Die Wanderung und die Zeit am Gletschersee waren richtig schön.
Als Platz für die Nacht haben wir uns einen Parkplatz mit direkten Blick auf den Gletscher gewählt.
Kilometerstand: 15414 km
Tagesetappe: 110 km
25.08.2015 Nationaltouristische Route Aurlandsfjellet
Die Nacht verlief ausgesprochen merkwürdig. Immer mal wieder gab es heftige Sturmböen. In der nächsten Sekunde war es windstill. Dafür ist die Temperatur von 17° am Abend auf 20° in der Nacht gestiegen. Heute Morgen kurz nach 8 Uhr waren es 22°C. Und das obwohl wir direkt an einem riesigen Gletschersee mit nahezu Eiswasser standen.
Direkt nach dem Aufstehen, ohne Frühstück, sind wir gestartet und ich war heilfroh aus dem engen Tal raus zu sein, bevor mir die zahlreichen Touristen-Busse entgegen kommen. Gefrühstückt haben wir dann eine Stunde später auf einem Rastplatz in einem Skigebiet auf gut 600 m Höhe. Zwar wirkte alles etwas verlassen und trostlos außerhalb der Saison, aber dafür hatten wir unsere Ruhe. Eine kurze Wanderung auf einem Hügel belohnte mit einer unglaublichen Aussicht.
Leider war es seit dem Morgen sehr bedeckt und jetzt hatte es auch noch angefangen zu regnen. Nicht viel, aber wandern wollten wir bei dem Wetter auch nicht. Daher haben wir bei der Eisenbahngesellschaft angerufen und angefragt, ob wir unser Ticket für den Donnerstag nicht auf Mittwoch umbuchen können. Ich war vollkommen perplex als die freundliche Dame am Telefon das bestätigte und dafür noch nicht einmal zusätzliche Kosten fällig wurden. Damit war unser heutiges Tagesziel, möglichst nahe an Flam ranzukommen. Nach einem Blick in die Karte zeigte, dass das Navi uns durch einen 24 Kilometer langen Tunnel schicken würde, parallel dazu aber die Nationaltouristische Route Aurlandsfjellet verläuft. Und die Entscheidung für die touristische Route war goldrichtig gewesen. Zwar war der Aufstieg auf über 1300 m über zahlreiche einspurigen Serpentinen anstrengend, aber die Landschaft und Aussicht einmalig. Vorbei an Bergseen mit Eisschollen und übrig gebliebenen Schneefeldern ging es von einem schönen Aussichtspunkt zum nächsten. Und die tiefhängenden Wolken trugen ihr übriges zur Dramatik bei.
Bei der Abfahrt mussten nahezu 1300 Höhenmeter auf kürzester Strecke überwunden werden. Schwerstarbeit für die Bremsen. Und obwohl ich sehr langsam und im zweiten Gang runtergefahren bin, haben die Bremsen im Tal unglaublich gequalmt und gestunken. Hoffen wir das Beste, dass das normal war und sie keinen Schaden genommen haben.
Heute stehen wir genau am Aurlandsfjord. 2 Kreuzfahrtschiffe sind vorhin ausgelaufen, das letzte davon mit beindruckenden Abschiedssignal. Nun hängen die Wolken direkt über dem Wasser.
Auf langen Etappen habe ich immer mal wieder mit Marla das Alphabet geübt. Heute waren die restlichen Buchstaben, also "u v w x y z" dran. Damit hat sie es jetzt komplett gelernt und ist stolz wie Bolle, wenn sie es komplett aufsagen kann.
Kilometerstand: 15632 km
Tagesetappe: 218 km
26.08.2015 Flam, Stabskirche Borgund
Da wir gestern auf einem Rastplatz direkt vor den Toren von Flam geparkt hatten, waren wir heute nach wenigen Minuten in Flam und es wurde sofort klar, dass dies die richtige Entscheidung war. Überall bei den mehr wie reichlichen Parkplätzen prankten Verbotsschilder, dass Wohnmobile von 20:00-08:00 Uhr, also ausserhalb der Ladenöffnungszeiten, nicht erwünscht sind.
An der Tourist-Information bekam ich dann einen Riesenschreck. Wir hatten kurz Internet und ich konnte meine Mails abrufen. Dabei zeigte sich, dass unsere Tickets zwar umgebucht wurden, aber auf den 25. August. Heute war aber der 26. Zum Glück konnte Ulli das klären und wir bekamen sogar einen Zug früher. Um die Zeit bis 13:30 Uhr zu überbrücken, sind wir am Hafen entlang geschlendert, haben das Kreuzfahrtschiff "Queen Elizabeth" bewundert und sind schließlich im Museum zur Flambahn gelandet. Dabei lernte ich, dass es nirgendwo auf der Welt eine so steile, normalspurige Reibungsbahn gibt. Fast 80% der Strecke hat eine Neigung von 55 Promille. Weiterhin hat die Bahn intern den Spitznamen 20er (20 Kilometer lang, 20 Tunnel, 20 Jahre Bauzeit). Für die Bahn wurden 18 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 6 km manuell in den Felsen getrieben. Jeden Meter bedeutete bis zu einen Monat Arbeit für die Wanderarbeiter. Und die wurden nach Meter bezahlt. Von dem nicht gerade üppigen Lohn wurden auch noch die Kosten für verbrauchtes Dynamit und für das Schärfen der Bohrer abgezogen.
Dann war es endlich so weit und wir konnten unseren Zug besteigen und kurz danach startete der Zug durch die beeindruckende Fahrt vorbei an unglaublich hohen Felsen, Wasserfällen und steilen Abhängen. Nach einer knappen Stunde hatten wir das Ziel erreicht und einen kurzen Aufenthalt am Zielbahnhof Myrdal. Gerne hätte ich jetzt mit jemanden das Abteil getauscht, um auch in den Genuss der anderen Seite zu kommen. Leider fand ich keinen Tauschpartner. Aber ich hatte Glück und das geschulte Bahnerauge erspäte ein Abteil mit Reservierung von Flam nach Myrdal. Jetzt stand es leer und ich nahm darin Platz. Nachdem der Zug losfuhr und keiner mehr kam, holte ich meine Familie nach. So hatten wir nicht nur das Glück auch die andere Seite zu sehen, sondern diesmal auch ein Fenster, dass sich öffnen ließ. Ein Segen für die Fotos und Videos.
Nach der sehr beeindruckenden Fahrt haben wir noch das Ablegen des Kreuzfahrtschiff "Queen Elizabeth" beobachtet und uns dann in Richtung Borgund aufgemacht. Auf dem Weg durchfuhren wir den mit 24 Kilometer längsten Straßentunnel der Welt. Aller 6 Kilometer sind große "Hallen" in den Berg getrieben wurden und laden jetzt bei blauem Licht zu einer Pause ein. Nachdem ich das in Halle 2 bei einer Busgesellschaft gesehen hatte - ich wäre nie im Leben auf die Idee gekommen in einem Tunnel anzuhalten - habe ich in Halle 3 auch gestoppt. Es war zwar beeindruckend, aber auch irgendwie beängstigend. Es war unglaublich laut und die Vorstellung von 1000 m Gestein über einen war auch nicht sehr beruhigend.
Angekommen an der Stabskirche in Borgund erlebten wir leider eine Enttäuschung. Seit dem 21.08. macht die schon um 17:00 Uhr zu. So konnten wir sie nur von außen besichtigen. Erschwerend kam hinzu, dass der Parkplatz mit den Verbotsschildern für Wohnmobile, von 20:00-08:00 Uhr, geplastert war. Na dann eben nicht. Ich habe schon Stabskirchen in Polen und im Harz gesehen und behalte mein Geld.
Wir sind dann weiter in Richtung Oslo gefahren und haben einen Rastplatz mit Spielplatz für die Nacht gefunden.
Kilometerstand: 15698 km
Tagesetappe: 66 km
27.08.2015 Oslo
Heute wollten wir nach Oslo fahren. Insgesamt knapp 300 Kilometer standen auf dem Programm. In aller Herrgottsfrühe, die Kinder haben faktisch noch geschlafen, sind wir aufgebrochen. Leider kamen wir aufgrund von zahlreichen Baustellen, Tunneln und Gebirgsstraßen nur sehr langsam voran. Nach knapp 2 Stunden haben wir gefrühstückt und es waren immer noch 200 Kilometer bis Oslo. Aber danach fuhr es sich besser. Die Straßen wurden breiter und vorallem geradliniger.
Leider setzte massiver Regen ein und wir beschlossen, direkt in Oslos Fram Museum zu gehen. Laut Trip Advisor das beste Museum in Norwegen. Und ich kann dem nur zustimmen. Gezeigt wurden die original Boote Fram und Gjoa. Beide wurden mehrfach bei Arktis und Antarktis Expeditionen eingesetzt. Die Geschichten um die Expeditionen und deren Teilnehmer wurden sehr anschaulich und bildlich dargestellt. Bereits der Einführungsfilm im extremen Breitbildformat und deutscher Tonspur war sehr beeindruckend. Unglaublich, welche Strapazen die Expeditionsteilnehmer auf sich genommen haben, um zahlreiche wissenschaftliche Experimente durchzuführen und Fakten zu sammeln.
Wir konnten das Schiff Fram von außen und innen besichtigen und einen simulierten Schlitten ziehen. Besonders beeindruckend war aber die Simulation einer Arktis Expedition. Es war unglaublich kalt, das Schiff bäumte sich auf und überall lauerten Gefahren. Marla hatte auch ein wenig Angst und fragte besorgt, was ich denn nun schon wieder angestellt habe :-)
Heute stehen wir direkt am Yachthafen in Oslo und können den ein- und auslaufenden Yachten zuschauen. Der Stellplatz ist mit 200 NOK geradezu ein Schnäppchen. Zumindest für norwegische Verhältnisse.
Kilometerstand: 16002 km
Tagesetappe: 304 km
28.08.2015 Oslo
Heute wollten wir uns die Innenstadt von Oslo anschauen. Nach kurzem Fußmarsch von der Marina waren wir am Bahnhof und konnten für 75 NOK zwei Stationen zum Hauptbahnhof fahren. Die Innenstadt ist nicht so schön wie die anderen Hauptstädte, die wir gesehen haben. Natürlich hat Oslo den Flair einer Groß-, Haupt- und Hafenstadt, aber viele Gebäude sind eher neueren Datums.
Auf der Hauptmagistrale ging es zum Schloss. Leider wehte die Fahne nicht auf dem Gebäude. Ergo war auch niemand Königlichies zu Hause. Aber auch so war der Wachwechsel um 13:30 Uhr sehens- und hörenswert. Letzteres deswegen, da ein Fanfarenzug die Zeremonie begleitet hat.
Architektonisch interessant war das Rathaus, ein Ziegelmonumentalbau von 1950 mit reichlich unnütz umbauten Raum. Innen haben sich zahlreiche Künstler mit gigantischen Bildern verewigt. Hier wird auch jedes Jahr der Friedensnobelpreis vergeben. Weiter ging es durch den Hafen und Park zur Festung. Dabei ist mir die fehlende Barrierefreiheit aufgefallen. Gefühlt mussten wir den Kinderwagen in keiner Stadt so oft über Treppen und Stufen tragen wie hier.
Leider schlossen alle Ausstellung und Museen um 16:00 Uhr. So konnte ich gerade noch das Schließen des Haupttores beobachten. Aber auch so war die Aussicht von der Festung auf die Stadt beeindruckend. Danach sind wir noch einmal zum Dom zurückgebummelt, da der erst um 16:00 Uhr öffnetet. Leider war ab 16:30 Uhr Gottesdienst und wir konnten nur einen kurzen Blick erhaschen. Irgendwie hatten wir heute nicht das perfekte Timing.
Zurück am Bahnhof haben wir noch einem Beachvolleyballturnier beigewohnt und sind dann wieder mit dem Zug zur Marina gefahren. Im nahegelegenen Supermarkt haben wir unsere letzten NOK auf den Kopf gehauen. Dabei kam es noch zu einer netten Begebenheit: Wir hatten noch genau 16 Kronen. Ein Überraschungsei kostete 16,50. Dieser Betrag wird bei der Barzahlung auf 17 Kronen aufgerundet. An der Kasse hatte ein Ehepaar hinter Marla und Ulli die Situation bemerkt und den Differenzbetrag bezahlt. Somit haben wir jetzt ein umgerechnet über 2 Euro teueres Überraschungsei an Bord. Das war wirklich nett.
Zwar kann Norwegen landschaftlich absolut überzeugen, aber wegen der Gastfreundschaft gegenüber Wohnmobilisten und vor allem dem Preisniveau freue ich mich darauf, morgen wieder nach Schweden zu fahren.
Kilometerstand: 16002 km
Tagesetappe: 0 km
29.08.2015 Fredrikstad, Grebbestad
Bei bestem Sonnenschein sind wir heute morgen aufgewacht und haben erstmal in Ruhe gefrühstückt. Leider gab es dann aber zwei Schreckmomente. Der erste wurde ausgelöst durch eine rote Warnlampe an der Truma. Schnell zeigte sich, dass unsere große Gasflasche leer war. Zum Glück hatten wir unsere kleine Gasflasche wieder befüllen können. Hoffen wir das Beste, dass das Gas bis Deutschland reicht.
Nachdem ich geduscht hatte fand ich eine riesige Wasserpfütze unter unserem Wohnmobil. Ist da schon wieder irgendwas undicht? Nein. Der Nachbar war nur der Meinung, sein Brauchwasser direkt auf dem Stellplatz entsorgen zu müssen und das Gefälle tat sein übriges. Darauf angesprochen war es ihm sichtlich peinlich. Ich habe dann vorsichtshalber noch das Gespräch mit dem anderen Nachbarn gesucht und darauf hingewiesen, dass das Wasser nicht von uns sei.
Nachdem wir komplett ver- und entsorgt hatten, starteten wir nach Süden. Unser erster Stop war in Fredrikstad. Besser gesagt, in der Altstadt "Gamlebyen", Nordeuropas besterhaltenste Festungsstadt von 1567. 200 Kanonen bestückten früher den Wallgraben. Wir schlenderten gemütlich durch die Gassen und konnten auch noch einige Flohmarktstände begutachten. Für Marla haben wir endlich mal wieder einen schönen Spielplatz gefunden.
Weiter gings. Kurz vor der Grenze nach Schweden mussten wir noch Maut bezahlen, diesmal aber von Hand an einem Automaten. Das wurde nur gekennzeichnet durch den Schriftzug "Manuel". Wenn ich nicht die FAQ der Betreibergesellschaft im Internet gelesen hätte, wäre ich wie viele einfach weitergefahren und hätte später ein entsprechend höheres Entgeld zu entrichten gehabt. Warum es im ganzen Land vollkommen automatisch funktioniert nur an zwei Stellen nicht, ist mit ein Rätsel. Da drängt sich fast der Gedanke auf, da könnte Kalkül dahinter stecken. Egal wie, ein schaler Beigeschmack bleibt.
Eigentlich wollten wir uns die bronzezeitlichen Felszeichnungen anschauen. Aber wir haben sie im ersten Anlauf nicht gefunden. Das muss man erst einmal hinbekommen, da es über 10.000 Stück sein sollen. Aber dafür haben wir einen phantastischen Parkplatz direkt am Hafen in Grebbestad gefunden. Wir haben uns dann das süße Städtchen angeschaut bei herrlichen spätnachmittaglichen Sonnenschein und erstmal Feierabend gemacht. Hoffen wir auf mehr Glück morgen.
Bei Marlon fällt uns mehr und mehr auf, dass er nicht mehr sofort im Tragegestell einschläft. Wir können also auch durchaus ein bis zwei Stunden spazieren gehen, und er guckt dabei ganz interessiert. Für ihn ist es wichtig, dass er etwas von der Umgebung sehen kann. Das ist liegend im Kinderwagen nicht immer der Fall, da schimpft er dann auch.
Kilometerstand: 16190 km
Tagesetappe: 188 km
30.08.2015 Felszeichnungen bei Tanumshede, Schloss Läckö
Nachdem die Dorfjugend ihre sehenswerten Oldtimer und Sportwagen nebst lautstarken Audioanlagen demonstriert hatte, wurde es still und wir haben fantastisch geschlafen. Da direkt neben dem Parkplatz ein Supermarkt lag, konnten wir sogar mit frischen Brötchen in den Tag starten. Besser geht es nicht. Wahrscheinlich wären in Norwegen 20-30 Camper Verbotsschilder aufgestellt worden...
Heute haben wir noch einmal einen Versuch unternommen, die Felszeichnungen zu finden und diesmal hatten wir mehr Erfolg. Allerdings muss man zu unserer Verteidung sagen, dass diese Attraktion, dafür dass es in der Unesco-Liste steht, nicht allzu gut ausgeschildert war. Das Museum war sehr gut gestaltet und hat familiengerecht auf die Felszeichnungen eingestimmt. Marla und ich konnten wunderbar kneten und malen, natürlich mit den Steinzeichnungen als Vorlage. Danach haben wir auf einer Wanderung die verschiedenen Felsen erkundet und auch die Grabhügel besichtigt. Es war sehr kurzweilig, die 3000-4000 Jahre alten Zeichnungen zu bewundern und Vermutungen über deren Bedeutung anzustellen. Es gibt nicht viele Dinge auf der Welt, die so alt und für uns sichtbar geblieben sind. Wir haben schließlich versucht, ein Familienfoto mit den Zeichnungen im Hintergrund hinzukriegen. Leider schaut Marlon noch nicht auf Kommando in die Linse ;-), ist aber sonst leicht zu begeistern.
Danach wollten wir noch möglichst weit nach Osten fahren und sind bei einer weiteren Geschichte von TKKG bis zum Schloss Läckö gekommen. Zwar konnten wir es uns noch von außen anschauen, aber die Besichtigung müssen wir morgen mit einer Führung nachholen. Wir dürfen ganz offiziell auf dem Parkplatz zum Schloss mit einem Nacht-Parktticket bleiben.
Kilometerstand: 16374 km
Tagesetappe: 184 km
31.08.2015 Schloss Läckö, Karlsborg, Örebro, Arboga
Mit Ach und Krach haben wir es geschafft, pünktlich dreiviertel Zehn im Schlosshof zu stehen und auf die erste Führung zu warten. Aber dafür wurden wir mit einer Privatführung belohnt. Obwohl schon weitere Besucher im Schlosshof waren, wollte keiner, außer uns, die 80 SKR Eintritt pro Erwachsener bezahlen. Umso mehr hatten wir von der Führung. Die junge Dame hat sich sehr viel Zeit genommen und uns auf Englisch alles erklärt. Marla hat sich besonders für das Konfektzimmer interessiert, ein kleines Zimmer neben dem Schlafzimmer, indem nur Bonbons, Konfekt und viele weitere Naschwaren aufbewahrt wurden. Einige davon auch mit Goldüberzug. Ich fand dagegen den großen Saal mit zahlreichen Gemälden der siegreichen Schweden interessant. Dabei waren auch mehrere mit der Schlacht zu Leizig. Dann durften wir noch einen Blick in die Küche und den Kerker werfen. Interessanterweise war der Kerker ausschließlich über die Küche zu erreichen!
Aufgrund der Empfehlung der ADAC Karte ging es weiter nach Karlsborg. Dort befindet sich eine gigantische Festungsanlage aus dem 19. Jahrhundert. Ihre Mauern sollten im Falle eines Krieges den Rückzug der Königsfamilie und Regierung mit den Goldreserven der Reichsbank und den Kronjuwelen sichern. Ein 678 m langes Bollwerk begrenzt die Festungsanlage zur einer Seite. Klingt erst einmal spannend, war aber für uns eine Enttäuschung. Die Festung bzw. Festungsstadt wird noch aktiv betrieben und überall sieht man Militär und Kriegsgerät. Die zahlreichen Gebäude und Baracken sind reinste Zweckbauten und das ganze versprüht feinsten Kasernenscharm. Eigentlich wollten wir hier nächtigen. Aber auch die Stadt bot nichts Sehenswertes. Wir konnten jedoch feststellen, dass noch etliche weitere Deutsche Karlsborg aufsuchten - ob sie wohl auch die ADAC Karte nutzen?
Also fuhren wir weiter und bei einer Geschichte TKKG waren wir auch ruckzuck in Örebro. Die Innenstadt und besonders das Schloss mit den umliegenden Straßen ist sehr sehenswert. Auch haben zahlreiche Künstler Exponate geschaffen, um die Innenstadt zu bereichern, beispielsweise eine gigantische Baumelbank, eine Bücherkugel oder über das Rathaus ein Strumpfhosennetz gespannt. Es war gerade "Street Art" in der Stadt.
Leider haben wir nichts passendes für die Nacht gefunden und sind deshalb weiter gefahren. Letztendlich sind wir in Arboga fündig geworden. Hier haben die Stadtoberen direkt am Park einige kostenfreie Wohnmobilstellplätze (ställplats) geschaffen. Gleich im Park konnte ich mit Marla noch den sehr schönen Spielplatz ausprobieren. Marlon lag derweil im Womi auf seiner Spielematte.
Bei unserem Marlon heißt es jetzt Daumendrücken, dass wir bis zum Ende der Reise ohne Beikost bei ihm auskommen. Seine Blicke auf unser Essen werden immer gieriger, seine Griffe nach Teller, Brot, Apfel usw. immer zielsicherer. Wir sind schon gespannt, wie er auf Beikost reagieren wird.
Kilometerstand: 16655 km
Tagesetappe: 281 km
01.09.2015 Arboga, Västeras, Sigtuna
Heute vor drei Monaten sind wir in Erfurt zu unserer großen Reise aufgebrochen. Kaum zu glauben, dass wir schon drei Monate unterwegs sind und nur noch drei Wochen bis Erfurt übrig sind. Aber wir freuen uns inzwischen auch sehr auf zu Hause und das Heimweh zieht uns immer stärker zurück.
Leider trommelte heute morgen der Regen lautstark auf unser GFK-Dach und weckte mich unsanft. Aber davon abgesehen haben wir fantastisch gestanden. Als erstes sind wir zu einem nahegelegenen Lidl gefahren und haben frische Baguettestangen gekauft (Brötchen scheint es in Schweden nur selten zu geben) und direkt auf dem Lidl Parkplatz gefrühstückt. Danach ging es zur Stadtbesichtigung. Im 13. Jhd. war Arboga ein wichtiger Handels- und Tagungsort. Beim Gang über die Västerlanggatan konnten wir uns ein eigenes Bild von der mittelalterlichen Holzbebauung machen. Auch zur Kirche und der Innenstadt haben wir noch einen Abstecher gemacht. Leider war aber das Arboga Museum ausgerechnet heute geschlossen. Aber da kann man nichts machen. Marla ist aber eine tolle Kleinigkeit aufgefallen: in Arboga gab es das Verkehrszeichen "Fußgängerüberweg" in männlicher und weiblicher Form.
Weiter ging es in Richtung Sigtuna. Auf halben Weg haben wir einen Stop in Västeras eingelegt. Eigentlich wollten wir uns die Stadt anschauen, aber es war einfach kein Wohnmobil tauglicher Parkplatz zu finden. Aber wir konnten uns immerhin den Backsteindom anschauen. Skurril ist der unglaublich kurze Marmorsarkophag für König Karl XIV. Er wurde erst einige Jahre von seinem Bruder gefangen gehalten, dann mit Erbsensuppe vergiftet und damit er in den Sarkophag passte, wurden ihm auch noch die Füße abgeschlagen.
Marla hat sich besonders für die Spieleecke interessiert. Hier konnte sie nicht nur begeistert Krichenbilder ausmalen, sondern sich auch noch in das Gewand eines Bischofs kleiden und mit einem Kinderaltar spielen. Diese Spielecken in Kirchen sind eine Einrichtung, die wir erst in Skandinavien hin und wieder bemerkt haben. Warum ist die Einrichtung einer Kinderecke eigentlich nicht weiter verbreitet?
In Sigtuna haben wir uns auf Empfehlung von Campercontact direkt auf einem kostenfreien Parkplatz am Hafen gestellt und sind zu einer Stadtbesichtigung aufgebrochen. Das Örtchen war unglaublich niedlich und auf unserem Rundgang haben wir etliche alte Steine mit Runen entdeckt. Außerdem steht hier das kleinste Rathaus Schwedens. Bei unserem Stadtrundgang hatten wir auch wettertechnisch etwas Glück, denn wir konnten unsere Regenschirme bald wieder zumachen.
Nach unser Rückkehr plauderten wir mit einem anderen Wohnmobilfahrer und erfuhren, dass der Platz wohl 200 SKR die Nacht kosten soll. Zu erkennen war das in keinster Weise. Aber da die anderen fuhren, haben wir es ihnen gleichgetan und sind zu einem anderen Stellplatz gefahren.
Kilometerstand: 16822 km
Tagesetappe: 167 km
02.09.2015 Schloss Drottningholm, Stellplatz Stockholm
Die Nacht hatte es angefangen zu regnen und es wurde merklich kühler. Leider hat unsere Webasto heute morgen rumgezickt. Zuerst kam der bekannte Fehlercode 10, Überhitzung. Das kannten wir ja bereits von früher, aber bisher hatte es im zweiten Versuch immer geklappt. Heute aber erhielten wir im zweiten Versuch Fehlercode 1 und im dritten Versuch Fehlercode 2. Leider konnte ich ohne Internetzugriff nicht die Fehlercodes recherchieren. Es blieb jedenfalls bei 12° Außentemperatur und 17° Innentemperatur. Hoffen wir das beste, dass es sich die Webasto noch einmal überlegt...
Heute stand Schloss Drottningholm, ganz in der Nähe von Stockholm, auf dem Programm. Bei unserer Ankunft stellten wir erfreut fest, dass die Fahne gehiesst war. Sprich mindestens ein Mitglied der Königlichen Familie war zu Hause. Dazu später mehr. Das Schloss, der Garten und die gesamte Schlossanlage sind in der Unesco-Welterbeliste, u.a. weil es repräsentativ für die gesamte europäische königliche Architektur des 18. Jahrhundets ist. Wir haben das Schloss und den Chinesischen Pavillon besichtigt und es hat uns sehr gefallen.
Marla hat jeweils am Eintritt einen Bogen mit Suchbildern erhalten und begeistert die einzelnen Räume danach abgesucht. Für die erfolgreiche Bewältigung hat sie sich dafür jeweils was aussuchen dürfen. Das Beste war, sie hat sich gegen die Süßigkeit (riesiger Goldtaler) und für eine Karte vom Königlichen Paar und Schloss entschieden.
Als wir das Schloss verlassen haben und in den Park gingen, führen zwei schwarze Autos an uns vorbei. Im ersten schwarzen Volvo saß Königin Silvia! Leider hatte nur Ulli den Blick auf sie rechtzeitig erhascht, Marla und ich sahen nur die Autos. Und Marla hatte sich so gewünscht, mal eine echte Königin zu sehen. Allerdings hätte ich sie auch nicht erkannt, wenn sie neben mir stehen würde. Jedenfalls war noch keiner von uns so nah an einer königlichen Persönlichkeit. Was ich erstaunlich fand, sie fuhren in ganz normalen Volvos. Nicht einmal gestretcht oder verdunkelte Scheiben. Selbst wenn sie neben einem an der Ampel steht, würde man diese normalen Autos nicht bemerken.
Zwar war erst zeitiger Nachmittag, aber da es wieder angefangen hatte zu regnen und wir dringend waschen mussten, haben wir beschlossen direkt zum Stellplatz zu fahren. Während die Waschmaschine und der Trockner liefen, haben wir Kaffee getrunken, Spiele gespielt und zum Schluss sogar noch eines der zahlreichen Bastelprojekte vom Prittstift in Angriff genommen. Bisher waren wir vom Wetter ja so verwöhnt gewesen, dass wir es mit der Ausnahme in Weimar bisher nicht gebraucht hatten. Leider kann man bei Regen auch keine Wäsche aufhängen und obwohl sie im Trockner war, war sie noch etwas feucht. Daher hat Ulli kurzerhand überall im Wohnmobil Wäsche aufgehangen. Ein weiteres "leider" gibt es bei unserem Zeltplatz zu vermerken: aus technischen Gründen ist kein W-Lan verfügbar. Das ist echt blöd, Berichte wollen hochgeladen und der Webasto-Fehlercode recherchiert werden, aber so richtige Alternativen zu unserem Stellplatz sind rar.
Marlon hatte heute wohl einen eher schwierigen Tag. Wir vermuten, dass die nächsten Zähne drücken. Jedenfalls hat er begeistert auf Kühlpads rumgekaut.
Morgen soll es aber wieder schön und vorallem trocken sein. Das würde mich richtig freuen, denn wir wollen uns Stockholm anschauen.
Kilometerstand: 16879 km
Tagesetappe: 57 km
03.09.2015 Stadtbesichtigung Stockholm
Heute morgen sind wir vom Stellplatz ganz in Ruhe am Ufer in Richtung Altstadt gelaufen. Durch einen Park und vorbei an alten Tradionsschiffen, die inzwischen zu Hausbooten umgebaut wurden, waren wir nach einer halben Stunde in der Altstadt und haben uns in den engen Touristengassen treiben lassen. Als Marlon nachdrücklich auf seinen Hunger hingewiesen hat, sind wir auf einer Bank vor dem Nobel Museum gelandet.
Gerade noch rechtzeitig haben wir den Stadtpalast erreicht, um an der Wachablösung teilnehmen zu können. Im Vergleich zu Oslo war das eine riesige Veranstaltung. Alles in allem hat der Wachwechsel fast eine dreiviertel Stunde gedauert. Besonders unterhaltsam war das berittene Musikkorps. Es gab mehrere Musikstücke zum besten, darunter auch moderne Musik. Danach haben wir uns im Palast noch die königliche Kapelle und den Thronsaal angeschaut.
Weiter ging es über die Einkaufsmeile, dem ältesten Park der Stadt und der sehr sehenswerten Markthalle zur Halbinsel Djurgarden.
Zurück haben wir uns ein Ticket des öffentlichen Nahverkehrs für 36 SKR pro Erwachsener gekauft. Damit konnten wir nicht nur eine Minikreuzfahrt um die Inseln machen, sondern auch noch bequem mit dem Bus zum Stellplatz zurück fahren. Dennoch sind wir heute weit über 10 km gelaufen - Marlon im Kinderwagen, Marla mit ihrem Roller.
Noch ein Wort zum Wetter. Heute zeigte sich das Wetter wieder von der besten Seite und wir hatten strahlenden Sonnenschein. Im Smalltalk mit der Receptionistin zeigte sich, dass zwar auch in Schweden ein "Super August" herschte, aber dafür der Mai, Juni und Juli eine echte Katastrophe gewesen sein müssen. Ich habe mich jedenfalls gefreut, die Route um die Ostsee gegen den Uhrzeigersinn gewählt zu haben. So hatten wir nicht nur im Baltikum unglaubliches Glück mit dem Wetter, sondern auch in Skandinavien.
Kilometerstand: 16879 km
Tagesetappe: 0 km
04.09.2015 Norrköping, Söderköping
Heute Vormittag sind wir ganz in Ruhe aufgestanden, haben gefrühstückt und das Womi auf Vordermann gebracht. Dann sind wir Richtung Süden aufgebrochen. Erstes Ziel dabei sollte Norrköping sein. Beinah hätten wir die Stadt nur gestreift, denn wir hatten Schwierigkeiten mit dem Parken und der 1. Eindruck beim Durchfahren war nicht so einladend. Dann haben wir die Touristinformation gefunden. Ulli wurde dort sehr freudlich und umfassend informiert, sogar eine deutschsprechende Mitarbeiterin wurde für unsere Fragen gerufen.
Schließlich haben wir uns die Industrielandschaft und zwei darin ansässige Museen angeschaut. Das erste Museum war das Visualisierungscenter, in dem Kinder visuell experimentieren konnten. Leider hatten wir dort nur noch eine halbe Stunde Zeit, aber diese war sehr schön. Das zweite Museum war das Museum der Arbeit. Hier gab es eine zwar nur auf schwedisch aber doch recht aussagekräftige Ausstellung über die Arbeitswelt und deren Zukunft. Wir stiegen u.a. auf ein Fahrrad, um damit Lampen zum Leuchten zu bringen. Das historische Industriegebiet war sehr gut restauriert und revitalisiert. Vor allem Spinnereien und Webereien entstanden hier ab dem 17. Jhd. und wurden bis zu den 70ern geschlossen. Einige Architekten haben sich hier bei der Sanierung austoben können. Schlussendlich waren wir froh, uns diesen Bereich der Stadt angeschaut zu haben. Danach fuhren wir noch gute 20 Minuten nach Söderköping und stehen hier sehr idyllisch an einem Kanal. Marla konnte noch ein bisschen Seilspringen üben, Marlon genoss derweil die Bauchlage. Das hübsche Städtchen werden wir uns morgen noch ein wenig anschauen.
Kilometerstand: 17060 km
Tagesetappe: 181 km
05.09.2015 Söderköping, Västervik
Der heutige Morgen war sehr durchwachsen. Ich hatte schlecht geschlafen und meine Halsschmerzen sind schlimmer geworden. Der Regen setzte alsbald auch ziemlich stark ein. Allerdings lief unsere Webasto-Heizung heute ohne Probleme, und das ist bei 13 °C auch gut so.
Ulli war so lieb und kochte mir ein Hühnersüppchen zum Frühstück. Dann legte ich mich wieder hin, und der Rest der Familie machte sich auf zum Stadtspaziergang. Mit Regenschirm. In den knapp zwei Stunden hatten die drei einen guten Eindruck von Söderköping bekommen und der Regen hatte auch aufgehört. Besonders beeindruckend war wohl der Glockenturm aus Stabholz.
Wir entschieden uns dann, endlich mal die Berichte der letzten Tage hochzuladen. Die Bibliothek der Stadt bot sehr schnelles W-Lan an, und so konnten wir das ganz unkompliziert machen.
Dann hieß es, ein Stückchen weiter Richtung Süden zu kommen. Unser Tagesziel war Västervik. Hier kamen wir im Regen an und machten erstmal ein schönes Kaffeetrinken. Anschließend habe ich mit Marla die Burg fertig gebastelt, die wir vor ein paar Tagen angefangen hatten. Marla, Marlon und Ulli nutzten dann die schöne Spätnachmittagssonne, ohne Regen, und erkundeten das Hafenviertel. Sie kamen gut gelaunt und mit ein paar schönen Fotos wieder zurück.
Zum Abendbrot gab es noch einmal Hühnersuppe, diesmal für alle.
Nun hoffen wir auf unser Wetterglück morgen. Allerdings sehen die Vorhersagen eher schlecht aus. Ab Montag ist Besserung in Sicht.
Kilometerstand: 17165
Tagesetappe: 105 km
06.09.2015 Oskarshamn, Kalmar
Die Nacht hatte es praktisch durchgeregnet. Die Aussichten für den heutigen Tag waren auch nicht gerade rosig. Nach einem ganz gemütlichen Frühstück entschieden wir uns deshalb, nicht zum Wandern zu fahren, sondern in die nächste Stadt. Wir erreichten alsbald Oskarshamn. Dort machten wir unser Mittagspicknick. Der Stellplatz im Hafen war eher nüchtern und die Stadt bot nicht so viel. Der starke Regen tat sein übriges und wir entschieden uns, weiterzufahren. Nach einer TKKG-Geschichte erreichten wir unser nächstes Ziel: Kalmar. Hier gab es erstmal ein schönes Kaffeetrinken. Dann sind wir bei Wind und Regen mit unseren Regenjacken aufgebrochen und haben uns ein wenig die Stadt angeschaut. Sehr sehenswert war auf jeden Fall die Domkirche - natürlich wieder mit einer Kinderspielecke. Einen sehr schönen Spielplatz nahe dem alten Wasserturm haben wir noch gefunden, aber der Regen wurde dann doch zu stark. Und so verbrachten wir noch den späten Nachmittag im Wohnmobil und machten uns ein schönes Sonntags-Abendbrot. Einen schönen Nachtisch gab es auch für jeden - also haben wir es uns richtig gut gehen lassen. Es war halt Sonntag.
Kilometerstand: 17320 km
Tagesetappe: 155 km
07.09.2015 Schloss Kalmar, Insel Öland
Heute morgen sind wir bei strahlendem Sonnenschein aufgewacht und direkt zu einem Supermarkt gefahren. Mit den frischen Brötchen haben wir auf dem Parkplatz in aller Ruhe gefrühstückt.
Danach ging es zum Schloss in Kalmar. Eigentlich wollten wir nicht reingehen, aber es sah dann so einladend aus, dass wir gern den horrenden Eintritt von 270 SKR bezahlten. Und es hat sich sehr gelohnt: einige Räume des Schlosses waren interaktiv, andere sehr anschaulich aufbereitet, z.B. mit Kostümen und Geräuschen. Besonders beeindruckend fand ich den original restaurierten und gedeckten Speisesaal. Zum Glück war es vor 300 Jahren üblich, sich Zuschauer zum Essen einzuladen. Eines Tages war auch ein Deutscher anwesend und hat akribisch alle Details in seinen Memoiren aufgeschrieben. Ihm ist es zu verdanken, dass wir uns heute die Tafel in allen Details mit allen drum und dran anschauen konnten. Angefangen bei verschiedenen Pasteten bis zu einem Schwan und Pfau als Tischdekoration.
Darüber hinaus gab es eine Pipi Langstrumpf Ausstellung und dazu ein herrliches Spielzimmer. Und schließlich konnten wir uns eine Auswahl der besten Bilder des National Geographic anschauen. Wir waren über 2 Stunden im Schloss!!! Danach tobten alle Kinder noch auf dem Spielplatz.
Die Insel Öland wollten wir dann endlich erreichen. Unzählige Bockwindmühlen prägen das Bild. Bei dem herrlichen Wetter wollten wir das Welterbe Agrarlandschlaft Süd-Öland bei einer kleinen Wanderung erkunden. Die karge Landschaft hat schon was für sich. Schließlich hieß es noch, einen Stellplatz für die Nacht zu finden. Wir hätten gern einen Platz mit W-Lan zum sehr fairen Preis in Anspruch genommen, aber wir haben nur noch 12 SKR Bargeld dabei. So landeten wir am südlichsten Punkt der Insel, in Ottenby, beim Langen Jan. Das ist ein Leuchtturm, unter dessen Lichtkegel wir nun stehen. Hier konnten wir einen herrlichen Sonnenuntergang und unzählige Vögel beobachten.
Kilometerstand: 17411 km
Tagesetappe: 91 km
08.09.2015 Öland, Kalmar
Heute morgen sind wir zu einer Wanderung durchs Naturschutzgebiet aufgebrochen. Zwar war es sehr schwierig sich einen Weg durch die ganzen Kuhfladen und Schafskösel zu bahnen, aber es hat sich gelohnt. Vorbei an grasenden Schafen durchwanderten wir ein uraltes Grabhügelfeld aus der Bronzezeit und genossen die wunderschöne Landschaft.
Weiter ging es nach Norden zu den Überresten der größten Festungsanlage der Insel. Von dieser Bauart gab es ursprünglich mindestens zwölf. Zwar sind nur noch Fragmente vorhanden, aber auch diese waren schon sehr beeindruckend. Dort konnte Marla ihrem Hobby Obstpflücken, fröhnen, diesmal gab es leckere Brombeeren.
Eigentlich wollten wir heute noch zu einem Elchpark fahren. Aber wegen dem guten Wetter und der fortgeschrittenen Zeit haben wir beschlossen, heute nur bis nach Kalmar zurückzufahren und unseren alten Stellplatz am Hafen aufzusuchen. So blieb noch genügend Zeit für einen Stadtbummel und viel Spaß auf dem Spielplatz, übrigens der Spielplatz, den wir vorgestern im Regen nicht nutzen konnten. Marlon genoss wieder einmal die Körbchenschaukel.
Kilometerstand: 17495 km
Tagesetappe: 84 km
09.09.2015 Elchpark bei Nybro, Karlskrona
In Sachen Wohnmobil stand heute einiges auf dem Programm, denn wir hatten gleich 3 Warnmeldungen abzuarbeiten: wenig Wasser, zu viel Abwasser und schwache Batterie. Heute brauchten wir also, nach 5 Nächten freistehen, dringend einen Stellplatz mit allen Versorgungsmöglichkeiten.
Erster Erlebnis-Programmpunkt heute war der Besuch eines Elchparks in der Nähe von Nybro. Zwar war er gar nicht einfach zu finden, aber irgendwann ist es uns dann doch gelungen. Um es vorwegzunehmen. Der Abstecher hat sich wirklich gelohnt. Nach einer kurzen Wartezeit konnten wir einen Traktoranhänger besteigen, es wurden noch jede Menge Birkenzweige aufgeladen und los ging die Fahrt. Kurz hinter dem Tor warteten auch schon die ersten beiden, Mutter mit Sohn, und fraßen genüsslich unsere Birkenzweige. Wir waren dabei den Elchen so nah, dass wir die Elche auch anfassen und streicheln konnten. Dabei hat uns unser Führer mit vielen Informationen versorgt. Beispielsweise kann ein Elch bis zu 25 Jahre alt werden und bis maximal 800 Kilogramm auf die Waage bringen. Der junge Elch war ein Jahr alt und hatte sein erstes Geweih. Es bestand nur aus jeweils einem Horn, war mit Fell überzogen und aufgrund der starken Durchblutung sehr warm.
Etwas später haben wir auch den Boss gesehen. Ein knapp siebenjähriger Elch mit 700 Kilogramm Gewicht, fast 2,5 m Höhe und einer Geweihspanne von 1,20 m. Leider hatte es sein Geweih nicht mehr auf dem Kopf, sondern wir hatten es bereits im Empfangsgebäude bewundert. Während der Brunftzeit vor zwei Jahren kam es zu einer tödlichen Auseinandersetzung mit einem anderen Elch. Seitdem wird dem Boss unter Narkose das Geweih abgesägt. Dieser Elche mit ist wohl derzeit der größte Elch in Schweden. Wie sagte der Tierarzt zum unserem Guide: "Mike, you have the biggest."
Weiter ging es nach Karlskrona. Wir fuhren direkt zum Yachthafen zum Stellplatz. Für unschlagbare 180 SKR konnten wir nicht nur Wasser bunkern, sondern auch alles andere wie Strom, Duschen usw. ist im Preis enthalten. Und wir standen unglaublich idylisch direkt an der Waterkant.
Nachdem alles eingerichtet war, haben wir schön Kaffee getrunken und sind wir zu einer Stadtbesichtigung aufgebrochen. Wir haben uns den großen Platz, die Fredrikskyrkan, die Altstadt und die Schäre Stakholmen angeschaut. Auf dem Heimweg sind wir wieder auf einen schönen Spielplatz gestoßen, so dass Marla toben und Marlon schaukeln konnte.
Kilometerstand: 17626 km
Tagesetappe: 131 km
10.09.2015 Aspö, Maritim Museum Karlskrona, Karlshamn
Der Tag begann wie es nicht besser sein konnte. Die Sonne lachte, es gab ein wirklich leckeres Frühstück und die sanitären Einrichtungen waren von einer selten gesehenen Qualität und Sauberkeit.
Eigentlich wollten wir heute in die Stadt und uns noch eine Kirche anschauen. Aber auf dem Weg liefen wir an der Fähre nach Aspö vorbei. Überraschenderweise kostet die Überfahrt kein Geld und die Fähre legte gerade an. Also nichts wie an Bord. Die Fahrt führte am Maritim Museum vorbei und wir konnten einen Blick auf die aktuellen Militärboote im Speergebiet werfen. Weiter ging es an idyllischen Schären vorbei und nach gut 20 Minuten erreichten wir Aspö. Auf einem sehr schönen Wander-/Radweg, vorbei an zahlreichen Brombeersträuchern und Villen, erreichten wir das Verteidigungs-Kastell in einer knappen halben Stunde. Leider war es geschlossen und wir beschlossen, sofort zurückzulaufen und die 13:00 Uhr Fähre zu nehmen.
Zurück in Karlskrona liefen wir zum nahe gelegenen Maritim Museum. Für 10 € pro Erwachsener haben wir uns am Büfett bedienen und zahlreiche lokale Köstlichkeiten probieren können. Wir hätten gern noch länger geschlemmt, aber wir wollten uns ja noch das Museum anschauen. Dafür hatten wir schließlich noch 1,5 Stunden Zeit. Das war fast zu knapp für das tolle Museum mit Kinderfragen, Interaktion und vielen nachgestellten Szenen. Besonders beeindruckend war die Gallionshalle - eine feine Sammlung mächtiger Gallionsfiguren und ihren Geschichten. An einem Simulator wurde mir die Funktionsweise des Jakobsstab, einer alten Methode zur Bestimmung der Position auf dem offenen Meer, näher gebracht und ich habe mit Bravour bestanden und das Schiff sicher nach Hause navigiert. Weiterhin waren zwei U-Boote ausgestellt und das jüngere konnte betreten werden. Man hat gleich die Enge und Zweckmäßigkeit gespürt und es war sofort beklemmend. Leider wird der Schiffssimulator nur am Wochenende angeboten. Ich hätte zu gern einmal einen "großen Pott" gesteuert.
Danach schlenderten wir gemütlich zum Womi zurück und fuhren noch ca. 50 km weiter in Richtung Trelleborg, nach Karlshamn. Hier haben wir direkt am Hafen einen schönen Stellplatz gefunden. Es ist sehr auffallend, wie freundlich und offen die Schweden gegenüber Wohnmobilisten eingestellt sind. Überall gibt es sehr schöne Stellplätze. Häufig sogar kostenfrei oder für kleines Geld. Überhaupt kein Vergleich zu Norwegen.
Kilometerstand: 17692 km
Tagesetappe: 66 km
11.09.2015 Kristianstad, Ahus
Heute ging es nach Kristianstad und auf Empfehlung der netten Dame von der Tourist-Information parkten wir ganz in der Nähe des Naturum, einem Biosphärenreservat mitten in der Stadt und unser erster Anlaufpunkt. In einem Flug-/Schwimm- und Tauchsimulator wurden wir auf Kristianstad und die schöne Umgebung eingestimmt. Durch zahlreiche Effekte und Rumgerüttel des Apparates war es ein durchaus intensives und beeindruckendes Erlebnis. Weiterhin konnten wir uns auf zahlreichen Infotafeln und Schaukästen mit der Natur beschäftigen. Es waren auch mehrere extrem gute Ferngläser montiert, um die Natur in direkter Umgebung des Pavillon zu beobachten. Unsere Kinder hatte hier mehrere Spielwiesen zur Verfügung. Marlon nutzte diese, um sich allein vom Bauch auf den Rücken fallen zu lassen, über beide Seiten.
Weiter ging es bei bestem Wetter zu einem nahegelegene Wasserspielplatz. Während Marla ihren Spaß hatte, haben wir es uns bei einem Kaffee und Stückchen Gebäck (Marla bekam auch eins) gut gehen lassen. Danach ging es weiter in die Stadt. Sowohl die Fußgängerzone als auch die nahegelegene Kirche waren sehr sehenswert. Auf dem Rückweg waren wir nochmal eine ganze Weile auf dem Spielplatz und haben Kastanien gesammelt.
Nach einer kurzen Fahrt kamen wir nach Ahus. Wir suchten uns noch einen Stellplatz für die Nacht. Eigentlich wollten wir direkt am Strand stehen, allerdings herrschte ein so eisiger, starker Wind, dass wir dann doch den empfohlenen Stellplatz von Campercontact im Hinterland bevorzugten. Aber wir nutzten unserem Stopp am Strand, um nochmal die Füße in die Ostsee zu halten. Wir waren heute so zeitig fertig, dass ich mit Marla noch eine gute halbe Stunde Mau Mau spielen konnte. Und ich muss sagen, sie spielt das richtig gut.
Kilometerstand: 17787 km
Tagesetappe: 95 km
12.09.2015 Ahus, Simrishamn, Käseberga
Ahus entpuppte sich als unglaublich hübsche, kleine Hafenstadt. Als erstes begegnete uns ein großer Industriebau und ein Uhrenturm aus roten Backsteinen. Der Reiseführer lieferte die Erklärung. Es handelt sich um den Firmensitz und die weltweit einzige Destillerie der Absolut Company. Ihr bekanntestes Produkt, der Absolut Wodka, hat seit den 80er Jahren eine unglaubliche Beliebtheit weltweit erreicht und den Erfolg der Firma begründet.
Leider entpuppte sich der von der Tourist-Information in Kristianstad beworbene Bauernmarkt in Ahus als ziemlicher Reinfall. Eine handvoll Buden und wir brauchten keine fünf Minuten um alles gesehen zu haben. Dafür war aber die Kirche sehr sehenswert. Bevor die gesamte Bevölkerung aufgefordet wurde nach Kristianstad umzuziehen, war Ahus ein sehr reiches Städtchen. Die Kirche wurde permanent um- und ausgebaut, erweitert und verändert. Im Kirchenschiff hängt ein großer Schlüssel von der Decke. Im Begleitheft wurde dazu folgende Erklärung geliefert. Beim Übergang zum Protestantentum sollten alle Heiligen Bilder aus der Kirche geschafft werden. Einer Frau gefiel diese Vorstellung gar nicht, weswegen sie sich einen Schlüssel zur Kirche besorgte und alle Bilder mit Tierblut bespritzte, als ob diese Blut weinen würden. Allerdings hat man sie gefasst, den Kirchenschlüssel abgenommen und aufgehangen. Und da hängt er immer noch.
Vorbei an den Apfelplantagen von Kivik ging es weiter nach Simrishamn. Neben der kleinen aber sehr sehenswerten Innenstadt haben wir einen Trödelmarkt besucht. Leider war der schon im Abbau begriffen, aber dennoch gab es viele interessante Dinge zu sehen.
Da es noch zu zeitig war, um sich einen Stellplatz zu suchen, sind wir weiter nach Süden in Richtung Käseberga gefahren. Am feinsten Sandstrand Schwedens, Sandhammaren, haben wir einen Stopp eingelegt und zum letzten Mal in diesem Jahr den Strand genossen. Es wehte zwar ziemlicher Wind, aber sowohl die Luft als auch das Wasser waren noch angenehm warm. Marlon hatten wir auf seiner Spielmatte an den Strand gelegt. Nach wenigen Minuten war er bereits mit einer Sandschicht gepudert. Aber ihn hat es nichts ausgemacht und er hat gelacht. Marla und Ulli haben noch einmal ihre Füße von den Wellen umspülen lassen und ich habe unseren Taschendrachen herausgeholt. Der Parkplatz zum Strand ist im Sommer übrigens tabu für Womis.
In Käseberga haben wir uns dann für 100 SKR inkl. Dusche und Toilette auf einen Stellplatz gestellt und haben den Tag ruhig ausklingen lassen.
Heute Abend haben wir zum letzten Mal auf dieser Reise Spaghetti gekocht. Wir sind froh, dass unsere kleine Gasflasche das noch mitgemacht hat, rechnen aber jeden Moment damit, dass sie leer ist.
Kilometerstand: 17883 km
Tagesetappe: 96 km
13.09.2015 Käseberga, Ystad, Trelleborg
Heute Morgen meldete sich unser Kühlschrank mit Warntönen. Unser Gas war alle. Erwartet haben wir es schon lange, und für den letzten Tag werden wir schon ohne auskommen, zumal wir in zwei Tagen wieder in Deutschland sind und Gas an jedem Baumarkt zum Schnäppchenpreis, zumindest im Vergleich zu Schweden, erhalten werden.
Wir starteten heute zu einer Wanderung zu einer Art Stonehenge (Ales Stenar). Vor zirka 1500 Jahren wurden hier über 50 Steine herangeschafft und in Bootsform so ausgerichtet, dass sie verschiedene wichtige Kalenderdaten visualisieren. Beispielsweise die Winter- bzw. Sommersonnenwende und die Tag-/Nachtgleiche. Schon der Transport der gigantischen "Steine" muss eine enorme Kraftanstrengung gewesen sein. Von den Berechnungen für die mathematisch korrekte Ausrichtung ganz zu schweigen. Auf jeden Fall war es sehr beeindruckend und irgendwie haftete dem Ort auch etwas Mystisches an. Das trübe und wolkenverhangene Wetter hat dann noch sein übriges getan.
Weiter ging es nach Ystad, einem verträumten kleinen Hafenstädtchen mit zahlreichen Fachwerkhäusern und engen Gassen. Kommisar Wallander Fans werden die Stadt "kennen". In der wunderschönen St. Marien Kirche konnten wir den Proben eines stimmgewaltigen jungen Mannes beiwohnen und die Akustik der Kirche genießen. Auch das Kloster und der Klostergarten konnten uns begeistern. Leider war ersteres geschlossen.
Dann wollten wir uns noch einen letzten Stellplatz in Schweden suchen. Leider machte der auserkorene keinen guten Eindruck und war schon im Winterschlaf. Es ist hier keine Saison mehr. Aber wieder einmal hat uns Campercontact geholfen und kurz vor Trelleborg fanden wir einen schönen. Nach einem gemütlichen Kaffeetrinken sind wir zum Strand gelaufen, waren auf der Seebrücke und haben Hühnergötter gesucht und gefunden. Das war nochmal richtig schön. Das Kochen für unser Abendbrot fand wegen Gasmangel heute in der Küche des Campingplatzes statt. Dabei hatten Marla und Ulli noch mit 2 Schweizern eine nette Unterhaltung, die übrigens genauso lang wie wir unterwegs sind. Sie erzählten, dass der Juni in Schweden bitterkalt war und sie morgens bei ca. 8°C aufwachten. So kalt hatten wir es morgens nie, und nachts nur ganz selten.
Kilometerstand: 17954 km
Tagesetappe: 71 km
14.09.2915 Trelleborg, Fähre, Perleberg
Heute war nun unser letzter Tag in Schweden angebrochen. Ich hatte bewusst die Fähre nachmittags gewählt, so dass wir ganz stressfrei in den Tag starten konnten. Nach Duschen, Frühstück und Entsorgung brachen wir auf, kauften uns noch Proviant für die Fährfahrt ein und parkten unser Womi zentrumsnah. Wir hatten knapp 2 Stunden Zeit für eine kleine Stadtbesichtigung und unser Mittagessen. Die Stadt war nett, aber man hat nichts verpasst, wenn man die Stadt auslässt. Unseren Mittagsimbiss nahmen wir bei einem Inder ein. Dort hätten wir für nur 50 SKR ein tolles Büffet haben können, aber dafür fehlte uns der Appetit.
Dann checkten wir im Fährhafen ein und waren gegen 14:15 bereits auf unserer Fähre. Neu war für uns, dass man 3 (!) Etagen hoch fährt um zu parken. Wir standen also mit unserem Wohnmobil im Freien und deutlich über dem Wasserspiegel. Unsere Fähre namens Huckleberry Finn war nicht zu vergleichen mit der Fähre von Tallinn nach Helsinki. Wesentlich kleiner und deutlich schlechter ausgestattet. Gott sei dank war die Fähre nicht ausgelastet und es konnten sich die Fahrgäste auf dem wenigen Platz gut verteilen. Marla hat im Bällebad mit einem asiatischen Mädchen schön gespielt. Marlon erhielt auf seiner Spielmatte Besuch von einem 11-monatigem Mädchen und war sehr skeptisch darüber. Ulli musste sich zwischendurch mal sehr konzentrieren, denn ein bisschen Seegang hatten wir zu verzeichnen. Doch alles in allem gingen die 6 Stunden ziemlich gut vorüber und wir verließen 21:45 Uhr über eine ganz andere Rampe die Fähre in Rostock. Einen prima Stellplatz haben wir in Perleberg gefunden. In dieser Stadt gab es an mehreren Stellen die Möglichkeit, mit dem Wohnmobil kostenfrei zu stehen.
Kilometerstand: 18138 km
Tagesetappe: 184 km
15.09.2015 Trippigleben, Chemnitz
Das Heimweh hatte inzwischen eine so große Anziehungskraft entwickelt, dass wir heute unbedingt noch bis nach Chemnitz fahren wollten. Außerdem wollten die Großeltern am 17. nach Amerika fliegen und ihre Enkel vorher noch einmal sehen. Vorher wollten wir aber noch nach Trippigleben, einem kleinen Dorf in der Altmark, fahren. Meine Oma lebt dort und wollte auch Marlon kennenlernen.
Nach dem Frühstück haben wir noch das Wohnmobil vollgetankt und beim örtlichen Blumenhändler einen wunderschönen Blumenstrauß erstanden. Danach fuhren wir nach Trippigleben. Leider gestaltete sich die 100 Kilometer Fahrt recht langwierig und die Straßen ließen hin und wieder zu wünschen übrig. Aber kurz nach 12 Uhr erreichten wir es und wurden herzlich begrüßt. Zur Feier des Tages gab es Festtagssuppe und Entenbraten mit Spargel und Kartoffeln. Es war ein Gedicht. Da ärgert man sich doch glatt so spät gefrühstückt zu haben. Leider verging die Zeit viel zu schnell und wir wollten ja heute noch nach Chemnitz. Zum Glück wurden die Straßen in Richtung Chemnitz bald besser und breiter und wir erreichten schnell die Autobahn. Bei zwei weiteren TKKG Geschichten sind wir gut vorangekommen. Aber kurz vor Leipzig hatten wir Pech. Vor uns war ein Kleinbus umgekippt und die Autobahn war komplett gesperrt. Aber immerhin hatten wir schnelles Internet und konnten mit den Großeltern eine Videokonferenz per Skype abhalten.
Nach einer knappen Stunde hatte die Polizei und Feuerwehr die Lage unter Kontrolle und der Verkehr wurde einspurig an der Unfallstelle vorbei geführt. Der Rest der Fahrt verlief zum Glück ohne weitere Probleme und die Großeltern freuten sich riesig bei unserer Ankunft.
Kilometerstand: 18527 km
Tagesetappe: 389 km
16.09.2015 Ausräumen, Reparieren, Putzen
Die nächsten Tage haben wir nur einen festen Programmpunkt. Das Wohnmobil für das Winterquartier vorzubereiten.
Insgesamt waren wir dieses Jahr vier Monate mit dem Wohnmobil unterwegs. Das bleibt leider nicht ohne Folgen und diese galt es jetzt zu beseitigen.
An Reparaturen stand zum Glück noch nicht all zuviel an. Die Dusche musste neu verfugt werden, da einige Fugen sich bereits abgelöst hatten oder eingerissen waren. Um die Duschwanne oder die Seitenteile nicht zu beschädigen, konnte ich nur ganz vorsichtig mit einem kleinen, aber sehr scharfen Messer die alten Fugen rausschneiden und stehengebliebene Reste abkratzen. Eine sehr langwierige und anstrengende Fummelei. Aber irgendwann war es dann auch geschafft. Das Verfugen ging erstaunlich gut von der Hand und ich war sehr zufrieden. Obwohl ich das zum ersten Mal gemacht hatte, sahen die Fugen hinterher besser aus als vom Werk. Als nächstes wollten einige Türen justiert, ausgerissene Schrauben verstärkt, Schubkästen repariert werden usw. Da merkt man den italienischen Leichtbau schon sehr deutlich.
Währenddessen haben die Frauen alle Schränke leer geräumt und den Inhalt in Kisten verpackt. Dabei wurde stets kritisch hinterfragt, haben wir das benötigt? Nehmen wir das nächstes Jahr wieder mit? Was hat sich bewährt? Wovon brauchen wir mehr? Oder weniger? Man muss dabei auch immer im Hinterkopf behalten, dass es mehr oder weniger unsere erste große Fahrt war und uns einfach die Erfahrung fehlte.
Der größte Posten stand aber leider noch auf dem Programm und sollte uns auch die nächsten drei Tage beschäftigen. Es galt den Dreck von 11000 Kilometern zu beseitigen. Zum Glück haben uns die Großeltern dabei geholfen. Ohne ihre Hilfe wäre es nicht machbar gewesen. Vielen Dank an dieser Stelle.
Man glaubt gar nicht, wie groß so ein Wohnmobil ist und wie viel Dreck sich ansammeln kann. Alleine das Dach hat uns über einen Tag gekostet. Zumal die Werbung für die Wohnmobil spezifischen Reinigungswundermittel nicht ganz hält, was sie verspricht. Zwar wurde der Dreck schon besser gelöst im Vergleich zu normalen Haushaltsmitteln, aber ohne viel Schrubben und wiederholte Anwendung ging es auch damit nicht. Besonders Regenstreifen und irgendwelche schwarzen Flecken haben uns zur Verzweiflung gebracht. Aber immerhin hatten wir sonniges, warmes Wetter. Denn nass wird man dabei unweigerlich. Auch wurde uns empfohlen, dass Wohnmobil nach der Reinigung mit einem Hartwachs aus dem maritimen Bereich zu versiegeln. Das soll dem Verdrecken und besonders Vergilben vorbeugen. Es war jedenfalls eine unglaubliche Arbeit. Ulli bemerkte ein paar Mal, dass das Dach mit jedem Reinigungsvorgang rutschiger wurde.
Das Highlight der nächsten Tage war dann, als wir endlich ein paar Länder auf unsere Europakarte aufkleben konnten. Damit outen wir uns nun nicht mehr als blutige Anfänger, sondern haben schon einiges gesehen und erlebt.
Kilometerstand: 18527 km
Tagesetappe: 0 km
20.09.2015 Erfurt
Heute sollte es endgültig nach Hause, nach Erfurt gehen. Zwar wurde es schon ein wenig sentimental auf unseren letzten Kilometern, aber die Vorfreude auf unser Heim und eine letzte Geschichte von TKKG halfen schnell darüber hinweg.
Nach exakt 111 Tagen und 11468 Kilometern waren wir wieder zurück. Unsere Wohnung war wohl behütet durch unsere Steph und die Großeltern. Als Begrüßung gab es eine selbstgebastelte Willkommens-Girlande und selbstgebackenen Apfelkuchen. Vielen, vielen Dank!!! Nun heißt es, Post durcharbeiten und so langsam zurück in den "Alltag".
Kilometerstand: 18681 km
Tagesetappe: 154 km